Frankenthal. Für den Handel, ob stationär oder online, hat die wichtigste Zeit des Jahres begonnen. In dieser Woche, der sogenannten Black Week, geht es besonders hoch her. Das ist am Freitag - dem Black Friday - auch im Amazon Logistikzentrum im pfälzischen Frankenthal deutlich zu spüren. Schon in der Frühschicht herrscht Hochbetrieb in allen Abteilungen des 88 000 Quadratmeter großen Umschlagplatzes, jedoch keine Hektik.
Die Formel ist einfach: Weil mehr Bestellungen eingehen, werden auch mehr Artikel aus dem Logistikzentrum ausgeliefert. Laut eines Amazon-Sprechers verlassen an normalen Tagen etwa 200 000 Pakete das Zentrum neben der Autobahn 61. „An Tagen wie dem Black Friday kann es gut die doppelte Menge sein“, also bis zu 400 000.
15,7 Millionen Artikel
Trotz hoher Energiepreise und Inflation scheinen die Onlinekunden nicht sehr zurückhaltend bei ihren Einkäufen zu sein. „Die Woche seit Sonntag läuft gut“, sagt Standortleiter Thomas Decke, der selbst überrascht davon ist: „Wir liegen über den Erwartungen, sowohl beim Wareneingang als auch beim -ausgang.“ Die Spätschicht werde noch einmal viel zu tun bekommen: „Zwischen 18 und 20 Uhr geht’s bei den Bestellungen noch mal richtig los.“
In der dreistöckigen Halle werden nur Waren bis zur Größe eines Schuhkartons eingelagert und umgeschlagen, jedoch in großer Stückzahl: Rund 15,7 Millionen Artikel umfasst der Bestand. Das Lager ist robotergesteuert. Dies sowie eine 18 Kilometer lange Förderanlage vermeidet Laufwege für die Beschäftigten, die so ihren Arbeitsplatz kaum verlassen müssen. Wenn sie Artikel aus dem Wareneingang einsortieren oder für Bestellungen entnehmen, heben Roboter die Regale an und bringen sie zu ihnen. Für den äußeren Betrachter wirkt es wie ein Chaos, wenn Dinge dort abgelegt werden, wo gerade Platz ist.
So liegen in einem Regal Bücher neben Handyhülllen, Duschgel, Erdnussflips oder Kuscheltieren. Weil die Ware bei der Entnahme und Ablage gescannt wird, weiß das System aber, wo was lagert. In Frankenthal wird in drei Schichten gearbeitet, an Sonntagen ruht der Betrieb. Mehr als 1900 Menschen sind dort tätig, jetzt, zur Weihnachtszeit, kommen noch einige hundert Saisonkräfte hinzu.
Der US-Versandhändler ist umstritten. Eine Monopolstellung mit harten Preisvorgaben gegen Händler, die ihre Produkte im Online-Marktplatz anbieten, schlechte Arbeitsbedingungen oder Steuerflucht - die europäische Zentrale ist in Luxemburg - lauten nur einige der Vorwürfe von Kritikern.
Nach Amazon-Angaben verdienen Beschäftigte im Logistikzentrum Frankenthal einen Einstiegslohn von rechnerisch 13,33 Euro pro Stunde plus Extras. Nach zwölf und 24 Monaten steige der Lohn automatisch. Rechnerisch könne man nach zwei Jahren Betriebszugehörigkeit mehr als 36 000 Euro brutto verdienen. Extras und Vergünstigungen, etwa in Fitnessstudios, kämen noch hinzu.
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Standortleiter Thomas Decke leugnet nicht, dass es auch Fluktuation unter den Mitarbeitern gibt. Und nicht immer rücken direkt welche nach: „Wir hatten dieses Jahr schon Schwierigkeiten, offene Stellen nachzubesetzen“, sagt er. Mit ein Grund dafür sei, dass im Sommer ein neues Logistikzentrum in Kaiserslautern eröffnet habe. Dorthin seien einige Mitarbeiter gewechselt.
Es gibt aber auch die Angestellten, die von der ersten Stunde an, seit August 2018, dort arbeiten. So wie Edith Zeiter, die am Freitag in der Abteilung „Single Pack“ eingeteilt ist. Dort steht sie an einem von Dutzenden Packtischen und verpackt die Bestellungen, die nur einen Artikel umfassen.
Adressaufkleber erst am Schluss
„Wir bearbeiten etwa 100 bis 120 Bestellungen pro Stunde“, sagt Zeiter. In diesen Tagen heißt das also zwei in der Minute. Sie arbeite 37 Stunden pro Woche und sei von Anfang an unbefristet angestellt gewesen. „Es gibt Tage, da ist man nach der Arbeit mehr kaputt, an anderen weniger. Die Arbeit macht mir aber immer noch Spaß.“
Die vorsortierten Produkte liegen in Boxen und kommen über ein Förderband an ihrem Arbeitsplatz an. Welche Verpackungsgröße die Mitarbeiterin verwenden soll, sagt ihr ein Computer. Nach wenigen Handgriffen ist der Karton gefaltet, gefüllt und zugeklebt. Noch ein Aufkleber mit einem Strichcode drauf, und über ein Förderband geht das Paket weiter zum Versand.
Der Adressaufkleber wird erst am Ende der Förderanlage aufgebracht. Zum einen aus Datenschutzgründen - die Verpacker sehen also nicht, von wem die Bestellung stammt - und um die Logistikkette so effizient wie möglich zu nutzen. Denn die Etikettieranlage ist die letzte Station, bevor die Sendungen in Transportboxen und direkt in Lastwagen verschwinden.
Bestellungen mit mehr als einem Artikel werden in einer anderen Abteilung bearbeitet. Sind alle Produkte des Auftrags in Frankenthal vorrätig, wird das Paket fertig für den Versand zum Kunden verpackt. Fehlt noch etwas, das in einem anderen Logistikzentrum gelagert wird, kommen die Produkte in eine Box und werden in eines der Verteilzentren gebracht, wo die einzelnen Artikel zu einer Sendung zusammengefasst werden. Von dort aus werden alle Pakete für die sogenannte letzte Meile vorbereitet. Denn erst von den Verteilzentren aus werden die Pakete an die Kunden ausgeliefert - auch die, die bereits im Logistikzentrum vollständig verpackt wurden.
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