Altersvorsorge

So bleiben die Renten bezahlbar

Eine generationengerechte Reform der Alterssicherung ist unumgänglich. An diesen zehn Stellschrauben können die Politiker drehen, um das System zu stabilisieren.

Von 
Wolfgang Mulke
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Die Finanzierung der staatlichen Rente wird zu einer immer größeren Herausforderung - und ist zudem eine Frage der Generationengerechtigkeit. © picture alliance/dpa/dpa-Zentralbild

Berlin. Deutschlands Rentnerinnen und Rentner freuen sich auf den 1. Juli: Zu diesem Datum steigen ihre gesetzlichen Altersbezüge um 3,74 Prozent. Ob die Ruheständler auch künftig in diesem oder ähnlichem Umfang an der allgemeinen Lohnentwicklung teilhaben werden, ist aber ungewiss. Experten sind sich einig, dass angesichts der demografischen Entwicklung Reformen bei der Rente dringend nötig sind. Diese Maßnahmen kommen in Frage:

Beitragssatz

Wenn die Ausgaben für die Renten steigen, muss auch der Beitragssatz angehoben werden. Er könnte nach aktuellen Schätzungen von derzeit 18,6 Prozent des Lohnes auf 22,3 Prozent steigen und damit so hoch sein wie noch nie. Das ist eine der wichtigsten Stellschrauben für die Rentenfinanzen. An der Belastung von Arbeitgebern und Arbeitnehmern wird sich auch die Akzeptanz der Rentenversicherung entscheiden. Steigende Ausgaben werden allein den Beitragszahlern aufgebürdet.

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Rentenniveau

Die Bundesregierung will das Rentenniveau für die nächsten Jahre bei 48 Prozent festschreiben. Das geht zu Lasten der Jüngeren, verhindert aber auch sinkende Rentenansprüche bei Neurentnern. Finanziert wird dies durch die Beitragszahler, also die jüngeren Jahrgänge.

Rentenanpassung

Eine Kürzung der Renten ist derzeit gesetzlich ausgeschlossen. Diskutiert wird jedoch die jährliche Anpassungsformel. Bisher orientiert sich die Rentenerhöhung an der Lohnentwicklung. So wird die Teilhabe der Rentner am wachsende Wohlstand sichergestellt. Denkbar wäre aber auch eine Koppelung der Renten an die Inflation. So bliebe lediglich die Kaufkraft der Renten dauerhaft erhalten. In den meisten Jahren würden die Renten dann weniger stark steigen als die Löhne. Eine deutliche Entlastung der Rentenkasse wäre die Folge.

Lebensarbeitszeit

Umstritten ist das künftige Renteneintrittsalter. Es steigt in diesem Jahrzehnt noch auf 67 Jahre an. Einige Ökonomen fordern einen weiteren Anstieg, zum Beispiel in dem Umfang, in dem die Lebenserwartung zunimmt. Dafür spricht die immer längere Zeit, die Menschen zum Glück beim Renteneintritt noch vor sich haben. Doch Arbeitnehmer in körperlich schweren Berufen halten gar nicht bis zum Rentenalter durch. Die wären die großen Verlierer eines späteren Renteneintritts. Die finanzielle Entlastungswirkung wäre jedoch beträchtlich.

Bundeszuschuss

Der größte Posten im Bundeshaushalt sind die Zuschüsse zur Rente. Damit sollen Steuerzahlende für die Rentenausgaben aufkommen, die politisch erwünscht sind und für die keine Rentenbeiträge von den Versicherten bezahlt werden. Eine exakte Definition, wofür der Bund Geld zuschießen muss, gibt es nicht. Das würde vermutlich Geld sparen, aber auch den politischen Gestaltungsspielraum einengen. Jüngstes Beispiel für Ausgabenfreude der Politik ist die von der Koalition geplante Ausweitung der Mütterrente. Allein dieses Vorhaben kostet rund fünf Milliarden Euro im Jahr. Ohne weitere Reformen erwarten Experten einen Anstieg des Bundeszuschusses, der heute schon rund 100 Milliarden Euro im Jahr verschlingt.

Zuwanderung /Löhne/Erwerbstätigkeit

Im öffentlichen Bewusstsein spielt der Zusammenhang zwischen Erwerbstätigkeit und Rente kaum eine Rolle. Dabei ist ein hoher Beschäftigungsstand der Garant hoher Einnahmen der Rentenkasse. Ebenso sorgen hohe Löhne für stabile Rentenfinanzen. Bei der Erwerbstätigkeit gibt es noch Potenzial nach oben. Investitionen in eine gute Vereinbarkeit von Beruf und Familie ermöglicht es zum Beispiel vor allem Frauen, mehr zu arbeiten. Qualifizierte Zuwanderung verhilft der Rentenversicherung ebenfalls zu höheren Einnahmen.

Beamte

Immer wieder wird die Einbeziehung der Beamten in die gesetzliche Rente gefordert. Die zusätzlichen Einnahmen würden die finanzielle Situation der Rentenversicherung zwar sofort verbessern. Doch der Effekt würde nicht sehr hoch sein, weil nur neue Beamte einbezogen werden könnten. Erst nach und nach würden die Einnahmen daraus nachhaltig steigen. Es gibt zudem eine Kehrseite der Medaille. Bund, Länder und Kommunen müssten dann Rentenbeiträge für ihre Beamten abführen. Das würde die angespannten öffentlichen Haushalte stark belasten. Außerdem entstehen für die Beamten auch Rentenansprüche, die später die Ausgaben der Rentenversicherung erhöhen.

Abschlagsfreier Vorruhestand

Die sogenannte „Rente mit 63“ für besonders langjährige Versicherte wird für die Beitragszahler teuer. Eine Prognos-Studie sagt bis Mitte des kommenden Jahrzehnts zusätzliche Ausgaben von 140 Milliarden Euro voraus. Nicht nur deshalb gibt es Kritik daran. Eigentlich sollte damit Versicherten mit körperlich schweren Tätigkeiten die Frührente ohne den Verlust an Rentenansprüchen ermöglicht werden. In der Praxis nutzen aber vor allem gut verdienende und vergleichsweise gesunde Arbeitnehmer den lukrativen vorzeitigen Ruhestand. Doch von einer Abschaffung will die neue Koalition nichts wissen.

Zusätzliche Altersvorsorge

Die Riester-Rente kann durch eine ertragreichere private Altersvorsorge, etwa durch Aktiensparen, ersetzt werden. Das sieht die neue Koalition auch vor, ebenso wie eine Förderung der Vermögensbildung schon im Kindesalter.

Selbstständige

Seit vielen Jahren wird die Einbeziehung der Selbstständigen in die gesetzliche Rentenversicherung versprochen. Geschehen ist bisher nichts. Auch die neue Regierung hat sich dies vorgenommen. Ein Knackpunkt ist die Frage, ob Selbstständige ein Wahlrecht haben oder Pflichtmitglied der Rentenversicherung werden sollen. Die Einbeziehung würde zumindest die Einnahmen der Rentenversicherung erhöhen und zugleich das Armutsrisiko bei Selbstständigen senken.

Korrespondent

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