Urlaubszeit

So bekommen Fluggäste Geld bei Verspätungen zurückgezahlt

Der Sommer ist Urlaubszeit. An den Flughäfen fehlt es aber an Personal und das macht sich bemerkbar. Kommt es zu Annulierungen oder anderen Einschränkungen haben Reisende Anspruch auf Entschädigung - wir zeigen Ihnen wie

Von 
Björn Hartmann
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Am Flughafen müssen Reisende momentan wegen Personalmangel lange auf ihre Flüge warten. Diese Einschränkungen können sie aber geltend machen. © istock

Berlin. Es ist der erste Sommer nach der Corona-Pandemie, in dem die Deutschen auch wieder richtig in die Ferne verreisen wollen und können - und das gerne mit dem Flugzeug. Doch die Fluggesellschaften kommen mit den Wünschen der Reisenden nicht hinterher. Flüge werden gestrichen, sind verspätet, Koffer verschwinden. So startet der Urlaub wenig entspannt oder die Erholung ist bei der Rückkehr bereits in Teilen dahin. Immerhin besteht ein Anspruch auf Entschädigung.

Dass es im Flugverkehr hakt, hat unter anderem mit Personalmangel zu tun. Im Zuge der Corona-Pandemie haben Fluggesellschaften und Flughäfen sowie die Dienstleister ihre Belegschaft verkleinert. Jetzt fehlen die Mitarbeiter, die sich andere Jobs gesucht haben. Die Fluggesellschaften haben deshalb ihren Flugplan zusammengestrichen.

Der Luftverkehrsverband BDL rechnet allerdings damit, dass sich die Situation in den nächsten Monaten wieder normalisieren sollte.

Flightright, ein Unternehmen, das Entschädigungen für Flugpassagiere eintreibt, sieht das anders. „Im Juni und Juli sind die Zahlen regelrecht explodiert - aktuell melden sich täglich mehrere Tausend Passagierinnen und Passagiere“, sagt Geschäftsführer Jan-Frederik Arnold. „Im Vergleich zum Vorjahr liegt eine Verzehnfachung der Anfragen vor. Wir vermuten, dass die Zahlen über den Sommer weiter stark steigen werden.“ Sie lägen schon jetzt auf dem Niveau des Chaosjahres 2018. Damals mussten sich die Verhältnisse in der deutschen Luftfahrt nach der Pleite von Air Berlin erst neu ordnen. Die Firma aus Berlin und Potsdam sieht sich als Marktführer in Deutschland. Immerhin: Wenn Flüge kurzfristig gestrichen werden, sich verspäten oder jemand trotz gebuchten Platzes nicht fliegen darf, müssen die Fluggesellschaften Reisende entschädigen. Das regelt die Fluggastverordnung der EU.

Rückzahlung abhängig von Zeit

Für Entfernungen unter 1501 Kilometern, etwa Flüge von Deutschland nach Paris, sind es 250 Euro ab zwei Stunden Verspätung. Bei Strecken zwischen 1501 und 3000 Kilometern haben Reisende einen Anspruch auf 400 Euro ab drei Stunden Verspätung, etwa ein Flug von Deutschland nach Kreta. Liegt die Entfernung darüber und verspätet sich der Flug um mehr als vier Stunden, muss die Fluggesellschaft 600 Euro Entschädigung zahlen. Keine Entschädigung steht Reisenden zu, wenn ein außergewöhnlicher Umstand die Flüge beeinflusste. Dazu zählen Vulkanausbrüche und Warnstreiks - aber nicht zu wenig Personal.

Aber wie kommen Reisende nun an ihr Geld, wenn sich der Flug verspätet oder es andere Einschränkungen gibt? Grundsätzlich können sie es selbst versuchen. Standardformulare finden sich im Internet. Die Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen bietet die kostenlose Flugärger-App an. Sie fragt die wichtigsten Angaben ab, ermittelt die Erfolgsaussichten und erzeugt ein Anschreiben, das per Post oder Mail an die jeweilige Fluggesellschaft geschickt werden muss. Auch Schadenersatz für verschwundenes Gepäck oder Kosten für Hotelübernachtungen bei Ersatzflügen lassen sich hier eintragen.

Dienstleister kümmert sich

Wer zwei Monate lang nichts von der Fluggesellschaft hört, kann sich dann an die Schlichtungsstelle für den öffentlichen Personenverkehr (Söp) in Berlin wenden. Die Flugärger-App erzeugt auch hier ein entsprechendes Formular. Die Schlichtungsstelle arbeitet kostenlos. Es kann allerdings etwas dauern mit der Entschädigung.

Wer sich nicht selbst kümmern will, kann sich an Unternehmen wenden, die das Geld im Auftrag eintreiben. Sie versprechen wenig Papierkram für den Reisenden, nehmen in der Regel aber Gebühren.

Firmen wie Compensation2go aus Bochum oder EUflight in Hamburg prüfen die Ansprüche und zahlen im Erfolgsfall direkt eine Entschädigung - abzüglich einer Gebühr. Der Kunde muss nicht darauf warten, dass die Fluggesellschaft zahlt. Das Unternehmen treibt dann das Geld auf eigene Kosten ein.

Firmen übernehmen Abwicklung

Inkassofirmen wie Flightright, flug-verspätet.de aus Frankfurt, EUclaim aus Kleve und SOS Flugverspätung aus Berlin übernehmen gegen Gebühr, das Geld bei den Fluggesellschaften zu beschaffen. Sie klagen bei Bedarf auch auf Wunsch des Reisenden. Die Gebühren sind tendenziell etwas niedriger als bei den Firmen, die sofort zahlen, allerdings kann es dauern, bis die Flugreisenden ihre Entschädigung überwiesen bekommen. Flightright zum Beispiel nimmt in der Regel zwischen 23,8 und 35,7 Prozent der Entschädigungssumme als Gebühr.

Sollte ein Anwalt nötig werden, kann das extra kosten. Zahlen müssen Reisende nur im Erfolgsfall. EUclaim verlangt 29 Prozent der Entschädigungssumme sowie eine Verwaltungsgebühr von 33 Euro.

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