Karlsruhe. Menschen, die eine Privatinsolvenz hinter sich haben, müssen künftig nicht mehr befürchten, dass diese Information jahrelang bei der Schufa gespeichert bleibt. Unter dem Druck laufender Gerichtsverfahren kündigte die Auskunftei am Dienstag an, die Speicherdauer für die Einträge ab sofort von 36 auf 6 Monate zu verkürzen. Laut Schufa profitieren davon rund 250 000 Betroffene.
Die Bundesarbeitsgemeinschaft Schuldnerberatung sprach von einem Schritt in die richtige Richtung. „Alle anderen Kreditauskunfteien sollten dem Beispiel der Schufa nun folgen“, so Geschäftsführerin Ines Moers. Die kürzere Speicherfrist erleichtere Betroffenen den Neustart.
Eine Verbraucherinsolvenz – umgangssprachlich Privatinsolvenz – soll überschuldeten Menschen die Chance geben, nach einer gewissen Zeit frei von Forderungen noch einmal von vorn anzufangen. Solange das Verfahren läuft, werden das pfändbare Vermögen und Einkommen an die Gläubiger verteilt. Nur das zum Leben Notwendige darf man behalten. Der Vorteil: Restliche Schulden werden am Ende erlassen.
Dieser Vorgang heißt in der Fachsprache Restschuldbefreiung. Erteilte Restschuldbefreiungen werden amtlich bekanntgemacht, auf dem Internetportal www.insolvenzbekanntmachungen.de. Dort ist die Information sechs Monate lang abrufbar. Auskunfteien wie die Schufa greifen darauf zu und speichern die Daten bei sich – bisher drei Jahre lang. Vor den Gerichten wird darum gestritten, ob das noch zulässig ist. Denn seit Mai 2018 gilt in der EU ein neues Datenschutzrecht.
Am Europäischen Gerichtshof (EuGH) hatte sich der zuständige Generalanwalt in zwei Schufa-Fällen aus Deutschland Mitte März kritisch geäußert: Die Restschuldbefreiung solle es Betroffenen ermöglichen, sich erneut am Wirtschaftsleben zu beteiligen – durch die lange Speicherung werde das vereitelt. Daher hatte der Bundesgerichtshof (BGH) am Dienstag das Verfahren zu einem Musterfall aus Schleswig-Holstein vorläufig ausgesetzt.
Automatische Löschung
Geklagt hatte ein Mann, der nach einer gescheiterten Selbstständigkeit ein Insolvenzverfahren über sein Privatvermögen durchlaufen hatte und wollte, dass die Schufa diese Information über ihn löscht. Er könne deshalb keinen Kredit aufnehmen, keine Wohnung mieten und nicht einmal ein Bankkonto eröffnen.
Am BGH sind eine ganze Reihe ähnlicher Verfahren anhängig, wie der Vorsitzende Richter Stephan Seiters bei der Verkündung sagte. Die grundsätzlichen Bedenken des EuGH-Generalanwalts hätten seinen Senat darin bestärkt, dass es sinnvoller sei, vor einem eigenen Urteil zunächst die Luxemburger Entscheidung abzuwarten.
Unmittelbar im Anschluss zog die Schufa von sich aus die Konsequenzen. Die Löschung der Einträge erfolge automatisch, „die Verbraucherinnen und Verbraucher müssen sich nicht hierum kümmern, heißt es in einer Mitteilung. Die technische Umsetzung werde etwa vier Wochen in Anspruch nehmen.
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