G 20 - Bundesfinanzminister trifft kommende Woche erstmals auf seinen neuen amerikanischen Kollegen Steven Mnuchin

Schäuble: Von freien Märkten profitieren alle - auch die USA

Von 
Martin Ferber
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Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (rechts) im Gespräch mit unserem Korrespondenten Martin Ferber.

© Georg J. Lopata/axentis

Berlin. Am nächsten Wochenende trifft sich der deutsche Finanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) beim Gipfel der G 20 der Finanzminister und Notenbankchefs in Baden-Baden erstmals mit seinem neuen amerikanischen Kollegen. Es gibt etliche strittige Themen. Doch Schäuble gibt sich entspannt. Die USA würden sich schweren Schaden zufügen, wenn sie von ihrer Politik abrückten, meint er.

Herr Schäuble, ihr neuer US-Kollege, Steven Mnuchin, ist ein früherer Investmentbanker ohne politische Erfahrung. Sie haben mit ihm bereits telefoniert. Welchen Eindruck haben Sie von ihm gewonnen?

Wolfgang Schäuble: Wir haben uns konstruktiv unterhalten. Aber bei einem Telefongespräch lernt man einen Menschen nicht richtig kennen, darum habe ich Wert darauf gelegt, dass wir uns vor dem G 20-Treffen persönlich kennenlernen. Die USA sind unser wichtigster Partner und im G20-Prozess von enormer Bedeutung. Wir setzen alles daran, dass wir auch in schwierigen Zeiten fruchtbar zusammenarbeiten. Da bin ich ganz zuversichtlich.

Der neue US-Präsident Donald Trump hat die Devise ausgegeben "America first" und prangert die hohen Leistungsbilanzüberschüsse Deutschlands an. Wie bedrohlich sind diese Töne aus Washington?

Schäuble: Wir müssen uns wohl erst einmal an diese ganz andere Art der Kommunikation gewöhnen. Nicht alles, was über Twitter verbreitet wird, ist schon tatsächliches Regierungshandeln. Aber natürlich werden wir miteinander über viele Dinge reden müssen. Die Kritik an den hohen deutschen Handelsüberschüssen ist ja nicht neu. Nur wird sie deswegen nicht richtiger. Unsere Überschüsse sind kein Resultat von Manipulationen, dafür gibt es nicht den geringsten Anhaltspunkt. Wir sind als Bundesregierung nicht verantwortlich für die Geldpolitik, dafür ist die EZB zuständig, die den gesamten Euro-Raum im Blick hat. Die deutsche Wirtschaft könnte einen höheren Euro-Kurs durchaus verkraften, aber andere Volkswirtschaften hätten ihre Probleme. Die deutsche Wirtschaftsstärke trägt zudem dazu bei, dass der Euro insgesamt im Vergleich zu anderen Währungen stabil ist.

Müssen Sie der neuen US-Regierung erst das Einmaleins erklären?

Schäuble: Nein, aber es gibt eben unterschiedliche Standpunkte. Wir werden uns austauschen und ich bin überzeugt, dass wir für unsere Position sehr gute Argumente haben. Denn einen großen Teil unserer Überschüsse investieren wir in anderen Ländern und tragen somit zum dortigen Wirtschaftswachstum und zur Entstehung von Jobs bei, gerade auch in den USA. Von freien Märkten profitieren alle. Die USA würden sich schweren Schaden zufügen, wenn sie von dieser Politik abrückten.

Auch ihr türkischer Kollege kommt nach Baden-Baden. Wie belastet sind die deutsch-türkischen Beziehungen?

Schäuble: Die Türkei ist ein wichtiger Partner Deutschlands, auch im G 20-Prozess. Ich habe eine enge Beziehung zu meinem türkischen Kollegen, den ich sehr schätze. Aber natürlich ist die Lage derzeit überaus angespannt, vor allem nach den unglaublichen, einen sprachlos machenden Äußerungen des türkischen Präsidenten. Dazu ist mittlerweile alles gesagt worden, auch durch die Kanzlerin. Das macht es momentan schwer, zusammenzuarbeiten als sei nichts geschehen. Wir müssen aber sehr schnell wieder zu einer vernünftigen Basis zurückkehren, das ist im Interesse der Türkei, aber auch in unserem Interesse und im Interesse Europas.

Der Wirtschaftsflügel der CDU und die CSU fordern massive Steuersenkungen. Sie halten sich zurück, obwohl der Bund im vergangenen Jahr rund sechs Milliarden Überschuss erzielte. Warum wollen Sie die Bürger nicht richtig entlasten?

Schäuble: Die Bürger werden am meisten dadurch entlastet, dass wir eine sehr gute wirtschaftliche Entwicklung haben und die Arbeitsplätze sicher sind. Die Löhne steigen, die Renten ebenso, das kommt den Menschen zugute.

Davon profitieren Sie am allermeisten durch steigende Steuereinnahmen...

Schäuble: Die kommen doch nicht mir zugute, sondern der Allgemeinheit. Im Wahlkampf tritt die CDU klar für Steuersenkungen ein, die SPD sieht es anders. Wenn wir weiterhin eine nachhaltige Finanzpolitik betreiben und gleichzeitig die Mittel für die innere und äußere Sicherheit, die notwendigen Investitionen in die Infrastruktur, die Flüchtlingspolitik und für Forschung bereitstellen, sehe ich einen Spielraum für Steuerentlastungen in Höhe von 15 Milliarden Euro.

Wolfgang Schäuble

Wolfgang Schäuble wurde am 18. September 1942 in Freiburg geboren. Er ist seit 2009 Bundesminister der Finanzen.

1972 zog er erstmals für die CDU in den Bundestag ein.

Unter Bundeskanzler Helmut Kohl war Schäuble unter anderem Chef des Bundeskanzleramts (1984-1989) und Vorsitzender der CDU/CSU-Bundestagsfraktion (1991-2000).

Schäuble hat seinen Wohnsitz in Offenburg und ist mit der Volkswirtin Ingeborg Schäuble verheiratet, mit der er vier Kinder hat. jung

Korrespondent

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