Landgericht - Mutmaßlicher Betrüger und Erpresser wird befragt / Geständnis zu Telefon-Abzocke präzisiert / Staatsanwalt hält Aussagen für teilweise relativiert

Richterin fühlt Lotto 3000 auf den Zahn

Von 
Laura Schlegel
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Mannheim. Wie die mutmaßlich Betrogenen am Telefon ausgetrickst und zum Vertragsabschluss gebracht wurden, ist gestern am zweiten Verhandlungstag des Lotto-3000-Prozesses diskutiert worden. Vor der Großen Wirtschaftsstrafkammer des Mannheimer Landgerichts werden derzeit vier Angeklagte beschuldigt, Tausende, vor allem alte Menschen, betrogen und erpresst zu haben. Teilweise soll es beim Versuch geblieben sein. Einer der Angeklagten, ein ehemaliger Anwalt aus Heidelberg, hatte am Montag gestanden. Gestern beantwortete er die Fragen der Kammer und der Staatsanwaltschaft, wobei ihm besonders die Vorsitzende Richterin Ursula Charissé auf den Zahn fühlte.

"Warum?" - "Wie?" - "Was meinen Sie jetzt damit?" Charissé gab sich selten mit den knappen Antworten des 1972 Geborenen zufrieden. "Es ist ihre Sache, was Sie uns hier erzählen. Aber es hat keinen Sinn, wenn Sie das selektiv machen", so die Richterin. Der Geständige sprach in ruhigem, fast beschwichtigendem Ton, wurde am Ende der meisten Sätze leiser. Doch die ausführliche Befragung zeigte Wirkung: Der Angeklagte präzisierte sein Geständnis. So bestätigte er auf Nachfrage, dass der Geschäftsführer der Lottospielgemeinschaft Lotto 3000 ein "Strohmann" - wie es die Vorsitzende ausdrückte - gewesen sei, während er und sein mutmaßlicher Komplize Lotto 3000 gestaltet hätten.

Ablauf der Verkaufsgespräche

Zudem rekonstruierte er den Ablauf der meisten Verkaufsgespräche. Laut dem Heidelberger riefen von den Angeklagten beauftragte Call-Center-Agenten aus Ludwigshafen, Dortmund, Mallorca und Mazedonien die Opfer in ganz Deutschland an. Die Anrufer gaben fälschlicherweise vor, für einen bekannten Versandhandel zu arbeiten und behaupteten, die Angerufenen hätten einen Gutschein im Wert von 100 Euro bei eben jenem Versandhandel gewonnen. Der Gutschein sei aber faktisch wertlos gewesen. Hatten die Ausgetricksten dann ein gutes Gefühl dank ihres vermeintlichen Gewinns, verkaufte ihm der Call-Center-Mitarbeiter schnell sprechend - damit der Andere die Details nicht verstand - wenn möglich die Mitgliedschaft bei Lotto 3000. Die Lügen am Anfang der Call-Center-Telefonate wurden in den Aufzeichnungen gelöscht, so der Angeklagte.

Seine Aussage zu der ihm ebenfalls im Prozess vorgeworfenen Geldwäsche wiederholte und ergänzte er schon vor der Befragung: "Ich habe es schon für möglich gehalten, dass das Geld aus krummen Geschäften stammt" - und setzte damit laut seinem Verteidiger auf bedingten Vorsatz. Staatsanwalt Tobias Sender zeigte sich nicht zufrieden: "Mir ist nicht klar, was genau sie jetzt für möglich hielten." Er bezeichnete Teile des Geständnisses als relativierend, was die Anwälte des Heidelbergers vehement bestritten. Die Verhandlung soll am Montag mit den Aussagen der anderen Angeklagten fortgesetzt werden. Voraussichtlich am Freitag, 20. Februar, kommen Geschädigte zu Wort.

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