Gebrauchtwagenmarkt - Rekordpreise schrecken Autokäufer in der Region nicht ab / Angebot um bis zu 40 Prozent gesunken

Rekordpreise schrecken Autokäufer in der Rhein-Neckar-Region nicht ab

Von 
Julius Paul Prior
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Volle Höfe wie auf diesem Bild aus dem Jahr 2018 gibt es bei Autohändlern in der Region derzeit nicht. Das Angebot ist zwischen 20 und 40 Prozent gesunken – die Preise sind dagegen im Schnitt um zehn Prozent gestiegen. © Sebastian Gollnow/dpa

Rhein-Neckar. Die Preise auf dem Gebrauchtwagenmarkt sind so hoch wie noch nie. Die Gründe hierfür sind unterschiedlich. Wir beleuchten, wieso auch der Mangel an Neuwagen damit zu tun hat, wie die Lage bei Autohändlern in der Region ist und wie die Kundinnen und Kunden reagieren.

„In so einer Krise sieht man, wie stark Neu- und Gebrauchtwagenmarkt zusammenhängen“, stellt Martin Endlein von der Deutschen Automobil Treuhand (DAT) fest. Der Mangel an Gebrauchtwagen sei einfach mit dem Mangel an Neuwagen zu erklären. „Junge Gebrauchte sind sehr gefragte Fahrzeuge.“ Das sind Autos aus Leasing-Verträgen, die meist erst zwei bis drei Jahre alt sind. Das Problem besteht nun darin, dass die Lieferzeiten für Neuwagen derzeit sehr hoch sind. Autobesitzer entscheiden sich dazu, Leasing-Verträge zu verlängern oder ihr derzeitiges Auto noch einige Jahre weiter zu behalten. So kommen auch keine jungen Gebrauchten auf den Markt. Hinzu komme, dass sich wegen der hohen Lieferzeiten auch Menschen, die sonst Neuwagen kauften, einen Gebrauchten zulegen, sagt Endlein.

Normalisierung erst 2023

Vor dem Krieg in der Ukraine sei eine Normalisierung des Marktes für Mitte dieses Jahres prognostiziert gewesen, erklärt Endlein. Da in der Ukraine normalerweise die Kabelbäume vieler Autobauer hergestellt werden, stehen die Produktionsstraßen jedoch weiter still. „Durch den Krieg verschiebt sich alles“, sagt Endlein, „ich rechne nicht damit, dass sich die Lage noch 2022 normalisiert.“ Dies soll nun erst im kommenden Jahr der Fall sein.

Gebrauchte teurer als Neuwagen

Das betrifft nicht nur den Mangel beim Angebot, sondern auch die Preise. Wie stark diese angestiegen sind, zeigt das Barometer der DAT. Im Juni vergangenen Jahres war ein dreijähriges Fahrzeug noch 52 bis 55 Prozent seines Neupreises wert. Im Februar dieses Jahres sind es zwischen 64 und 67 Prozent - je nach Kraftstoff. Von dieser Preissteigerung berichten auch Autohändler in der Region. Teilweise könne es sogar dazu kommen, dass Gebrauchtwagen teurer sind als der jeweilige Neuwagen, da die Kundinnen und Kunden nicht auf die Neuwagen warten möchten, berichtet Endlein. Dies gebe es bei regionalen Autohäusern jedoch nicht, teilten verschiedene Händler auf Nachfrage mit.

„Im Schnitt sind die Autos zehn Prozent teurer“, sagt Joachim Schwind, Geschäftsführer des Autohaus Gehrig in Tauberbischofsheim. Beschwerden darüber habe es aber noch nicht gegeben: „Die Kunden wissen, was Sache ist.“ Eine Auswirkung sei jedoch, dass sich die Standzeiten der Autos verlängert haben. Diesen Trend beobachtet auch der DAT. „Bei uns stehen die Autos im Schnitt etwa 100 Tage“, teilt Schwind mit. Laut DAT kann ein Auto am Tag zwischen 25 und 50 Euro kosten. Dies beinhaltet den Wertverlust und Instandhaltungs- sowie Reinigungskosten.

Beim Autohaus Renck-Weindel mit Standorten in Mannheim, Ludwigshafen, Speyer und Römerberg sieht es nicht viel anders aus. „Wir verfügen derzeit über etwas mehr als 200 Gebrauchtwagen“, erklärt Geschäftsführer Oliver Renck. Im Vergleich zum vergangenen Jahr sei das Angebot damit um 30 bis 40 Prozent gesunken. Das spiegle sich in gleichem Maß in den Verkaufszahlen wider. Er betont aber auch: „Weniger der Preisanstieg, sondern mehr die aktuelle Produktknappheit führt zu geringeren Verkaufszahlen. Die reine Nachfrage ist dem Bestand und der Jahreszeit angemessen.“

Markentreue lässt nach

Der Geschäftsführer von LAmobile in Schwetzingen, Marco Annunziata, berichtet, dass sich das Kaufverhalten der Menschen nicht geändert habe. „Die Preise sind enorm hoch“, sagt er, „trotzdem verkaufen wir nicht weniger.“ Der einzige Unterschied sei, dass die Kundinnen und Kunden nicht mehr wie früher auf eine bestimmte Farbe oder Marke fixiert seien. Es werde gekauft, was da ist. Und auch in einem anderen Bereich sieht Annunziata eine Veränderung: „Reparaturen sind viel mehr geworden.“ Autos werden nicht mehr sofort ausgetauscht, wenn ein Schaden vorliegt. Diesen Trend beobachtet auch die DAT.

Kleinwagen besonders gefragt

„Im Kleinwagenbereich haben wir so gut wie nichts“, berichtet Roland Lotz, Geschäftsführer des Autohauses Lotz in Bensheim. Diese seien gebraucht traditionell sehr beliebt. Doch auch bei den anderen Angeboten laufe das Geschäft noch gut. „Wir zeichnen keine Mondpreise aus“, kommentiert Lotz hierzu. Er halte die Preise für zu hoch, auch wenn diese durch den Mangel im Angebot gerechtfertigt werden können.

„Nur E-Autos und Hybride sind problematisch bei uns“, fährt Lotz fort. Hier gebe es Lieferschwierigkeiten vonseiten der Hersteller. Damit ist wieder der Neuwagenmarkt gemeint. Gebraucht werden Elektroautos nur selten verkauft. Das liege laut DAT daran, dass die Menschen bei Elektroautos stets auf die neuste Technik setzten wollen. Da sich die Branche schnell weiterentwickelt, fühlt es sich bei gebrauchten E-Autos so an, als ob ein veraltetes Modell gekauft werde.

Nachhaltige Auswirkungen auf den Automarkt erwartet Endlein nicht: „In Zukunft werden nicht weniger Autos verkauft.“ Die Menschen überlegen sich allerdings, wofür sie ihr Auto wirklich benötigen - auch wegen der aktuellen Spritpreise.

Ehemalige Mitarbeit

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