Prominent - Gütetermin zur Kündigung eines Betriebsratsmitglieds scheitert vor dem Mannheimer Arbeitsgericht

Prominent: Gütetermin vor Arbeitsgericht Mannheim gescheitert

Von 
Alexander Jungert
Lesedauer: 
Eigentlich kennt man Rosenkriege eher aus Fernsehserien. Manchmal landen sie aber auch vor dem Arbeitsgericht - wie jetzt in Mannheim geschehen. © Thomas Tröster

Heidelberg. Arbeitsgericht Mannheim, Kammern Heidelberg, Saal 2. „Der Gütetermin ist gescheitert“, wird Richterin Andrea Lehner nach nicht einmal 30 Minuten in das Aufnahmegerät diktieren. Gegenüber sitzen sich: der Betriebsrat und der Dosierpumpenhersteller Prominent GmbH aus Heidelberg. Dazwischen: tiefe Gräben.

Was ist passiert? Prominent will einem ehemaligen Betriebsratsvorsitzenden kündigen. Im April gab es Wahlen, seither ist der Mann einfaches Mitglied im Gremium. Er soll abschätzige Äußerungen über Prominent auf Facebook veröffentlicht haben. Da Arbeitnehmervertreter einen besonderen Kündigungsschutz genießen, muss der gesamte Betriebsrat einer Kündigung zustimmen. Tut er aber nicht. Dem Vernehmen nach ist das Gremium in den vergangenen Wochen unter Druck gesetzt worden, die Kündigung doch durchzuwinken. Prominent will sie nun vor dem Arbeitsgericht durchbringen.

Der ehemalige Betriebsratsvorsitzende, er hat 20 Jahre Berufserfahrung und einen Schwerbehindertenausweis, soll kurz nach den Wahlen auf seinem privaten Zugang abfällige Sprüche gepostet haben. Die Richterin liest vor: „Wie spaltet man Belegschaften?“ – „Willige Schergen“ – „Die Angst im Nacken vor Repressalien“ – „Das Prinzip ,Teile und Herrsche’ geht auf“ – „Diese Kreaturen spielen für sich und gegen die Kollegen“.

Zerstörtes Vertrauensverhältnis

Patrick Fütterer, Anwalt der Betriebsratsseite, weist die Vorwürfe zurück. Die Äußerungen auf dem privaten Facebook-Konto seien nicht auf Prominent bezogen gewesen, zudem hebt er die Meinungsfreiheit hervor. Ohnehin fragt sich Fütterer: „Warum sitzen wir hier noch?“ Schließlich habe sein Mandant den Post gelöscht und sich vorsichtshalber dafür entschuldigt.

Prominent wiegelt ab. Das Löschen der Nachrichten ändere nichts am zerstörten Vertrauensverhältnis, meint Anwältin Kerstin Panhorst. Die Äußerungen hätten nichts mit freier Meinungsäußerung zu tun. Von angedrohten Repressalien zu sprechen, sei eine Tatsachenbehauptung. Panhorst ist überzeugt, dass die Äußerungen Prominent galten; dafür spricht aus ihrer Sicht schon die zeitliche Nähe zu den jüngsten Betriebsratswahlen.

Pikant sind die Vorgänge bei Prominent vor allem deshalb, weil ausgerechnet der Arbeitgeberpräsident Rainer Dulger Mitglied der Geschäftsführung ist. Allerdings ist nicht er, sondern sein Bruder Andreas Dulger für das operative Geschäft zuständig, er hält auch die Mehrheitsanteile an der Firma. Die beiden Brüder reden dem Vernehmen nach kaum miteinander, das Verhältnis gilt als schwierig. Der inzwischen verstorbene Vater Viktor Dulger hatte den Betrieb vor 60 Jahren gegründet. Als treibende Kraft hinter den Vorgängen, die Insider für ziemlich außergewöhnlich halten, gilt also Andreas Dulger sowie das dritte Mitglied in der Geschäftsführung, Michael Benedikt Nagel.

Aufruf zur Gegenkandidatur

Schon das Geschehen rund um die Betriebsratswahl hatte für Aufmerksamkeit gesorgt und sogar die IG Metall Heidelberg auf den Plan gerufen. So hatte Andreas Dulger in einem internen Schreiben seinem Ärger über den amtierenden Betriebsrat Luft gemacht und mehr oder weniger unverhohlen zu einer Gegenkandidatur aufgerufen. Die IG Metall Heidelberg sprach daraufhin von einer unerlaubten Wahlbeeinflussung seitens des Arbeitgebers.

Tatsächlich bildete sich kurz darauf eine Initiative mit dem Namen „Pro Prominent“, auf der, so wurde kolportiert, eine Reihe von Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter standen, die der Geschäftsleitung nahe stehen. Am Ende setzte sich die „Pro Prominent“-Liste bei der Betriebsratswahl – wenn auch knapp mit einer Stimme Vorsprung – gegenüber der zweiten Liste, die den bisherigen Betriebsrat repräsentiert, durch. Insgesamt hat der Betriebsrat elf Mitglieder, sechs davon kommen von der Liste „Pro Prominent“.

Dass die Geschäftsleitung mit der Kündigung des bisherigen Betriebsratsvorsitzenden nun derart nachtritt, halten Beobachter gleichwohl für einmalig.

Der Betroffene jedenfalls will sein neues Amt als einfaches Mitglied des Betriebsrats ausführen – allein aus Respekt vor dem Wählerwillen. Prominent hingegen besteht auf der „Beendigung“ des Arbeitsverhältnisses.

Einig sind sich die beiden Parteien lediglich darin, das Verfahren „beschleunigt“ durchzuführen, damit alle Klarheit haben. Mit dem gescheiterten Gütetermin kommt es nun – vereinfacht erklärt – zur Verhandlung. Ein erster Anhörungstermin wird noch vom Arbeitsgericht festgesetzt.

Redaktion berichtet aus der regionalen Wirtschaft

Copyright © 2025 Mannheimer Morgen