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Ob Holz, Stahl oder Farbe: Preise für wichtige Baustoffe steigen in neue Höhen

Von 
Finn Mayer-Kuckuk
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Der Neubau von Wohnungen in Deutschland hat sich im Mai 2021 so stark verteuert wie seit 2007 nicht mehr. © dpa

Berlin. Bauen wird deutlich teurer: Das Statistische Bundesamt verzeichnet einen rasanten Anstieg der Preise für wichtige Baustoffe. „Wer sich den Traum von den eigenen vier Wänden verwirklichen möchte oder die Renovierung seines Eigenheims plant, der spürt die steigenden Preise für ausgewählte Baumaterialien“, sagen die staatlichen Statistiker. Für die kommenden Monate erwarten Experten generell einen weiteren Anstieg der Baupreise. Zu den Gründen gehören der globale Bauboom und Störungen in der Lieferkette infolge von Corona. Der Bundesverband Farbe warnt bereits vor einer „beispiellosen Welle von Materialpreiserhöhungen“.

Der Preisanstieg betrifft fast alle wichtigen Materialien. Das Holzangebot leidet unter der Trockenheit, und auch die Weltmarktpreise für Öl, Stahl und Kupfer steigen. Am auffälligsten war die Erhöhung des Preises für Konstruktionsvollholz. Es war im Mai um 83 Prozent teurer als noch im April. Doch auch Dachlatten wurden mit einem Plus von 45 Prozent rasch teurer, ebenso wie Bauholz.

Probleme bei Rohstoff-Versorgung

Stahlbeton kostet ebenfalls mehr – wegen der gestiegenen Stahlpreise. Die Stäbe für den Einsatz im Beton wurden um 44 Prozent teurer. „Hauptgründe für die anziehenden Holz- und Stahlpreise dürften die steigende Nachfrage im In- und Ausland während der Corona-Pandemie sein sowie Probleme in der Versorgung mit Rohstoffen“, sagen die Ökonomen des Statistischen Bundesamtes. Ein weiterer Preistreiber auf den Baustellen ist der hohe Ölpreis. Wegen der weltweiten Erholung nach Corona steigen die Wirtschaftsaktivität und die Mobilität – und damit die Nachfrage nach Kunststoffen und Benzin. Der unsichere Ausgang der Atomverhandlungen mit Iran macht die Märkte ebenfalls unruhig. Die Folge: Bitumen wurde teurer, und zwar allein im Mai um satte 64 Prozent. Der Ausgangsstoff für Asphalt, Dachpappe und andere abdichtende Schichten kommt auf Baustellen in großer Menge zum Einsatz.

Die teuren Materialien werden generell die Kosten für den Neubau vorerst weiter nach oben treiben, glauben Experten. „Die Baukosten werden steigen, aber das ist ja nichts Neues“, sagt Ökonom Reiner Braun von dem Forschungshaus Empirica. In den vergangenen zwei Jahrzehnten seien sie bereits um 80 Prozent gestiegen. Unklar ist zwar, ob die Materialien weiter so schnell teurer werden, schließlich sind Corona oder die Blockade des Sueskanals durch ein Containerschiff vorübergehende Effekte. Langfristige Wirkung werden aber auf jeden Fall die Pläne der Politik haben. Dazu gehören neben der bereits eingeführten CO2-Steuer auch Verschärfungen des Gebäudeenergiegesetzes oder die politische Verknappung von Bauland durch die Kommunen.

Von Herbst bis Frühjahr haben die Baupreise bereits um 4,5 Prozent zugelegt, berichtet das Statistikamt. Sowohl für den Rohbau als auch Ausbauten, beispielsweise Tischlerarbeiten, verlangten die Anbieter mehr Geld. Kein Wunder. Schließlich stieg der Umsatz in der Baubranche im vergangenen Jahr trotz Corona um zehn Prozent. Nachdem im vergangenen Jahr 300 000 neue Wohnungen fertig wurden, liegen für 2021 noch einmal deutlich mehr Baugenehmigungen vor. Auch Bauland ist knapp und erreicht immer höhere Bewertungen.

Sogar Farbeimer kosten mehr

Die Trends am Markt werden sich ganz konkret auf Privatleute mit Bauwunsch auswirken. „Den Häuslebauern droht ein Preisschock beim Baumaterial“, warnt der Bundesverband Farbe. Der Verband sieht den stärksten Anstieg bei Dämmplatten und Trockenbauprofilen. Doch sogar einfache Farbeimer kosten deutlich mehr als früher. „Diese heftigen Preiserhöhungen treffen das Handwerk völlig unerwartet“, sagt Technik-Vorstand Dietmar Ahle. „Unsere Betriebe können das nicht abpuffern, in den Verträgen mit den Kunden ist dafür kein Spielraum.“ Die bisher erfreuliche Entwicklung besserer Wärmedämmung könne „abgewürgt werden“.

Die Folgen sind vielfältig. Die Baufirmen versuchen derzeit zum Teil, laufende Verträge nachzuverhandeln, um mehr Geld von den Kunden herauszuschlagen, beobachtet Marktexperte Braun. Neue Angebote werden mit variablen Kosten kalkuliert – wenn Baustoffe teurer werden, steigt auch der Gesamtpreis. „Die Preiserhöhungen treffen die Branche in einer Phase, in der die Kapitaldecke bei Bauherren ebenso wie bei den Handwerksbetrieben ohnehin dünner wird“, sagt Ahle vom Farb-Verband. Es drohe Stillstand auf den Baustellen.

Die Preise werden voraussichtlich auch nicht schnell wieder sinken. Weltweit ist ein Bauboom angelaufen. So hat sich China gegen die Pandemie-Krise gestellt, indem es neue Bauaufträge freigegeben hat. Das hat fast im Alleingang den Preis für Stahl auf dem Weltmarkt um fast 40 Prozent in die Höhe getrieben.

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