Wirtschaft

Mannheimer Studie: Wer von den Steuerplänen der Ampel profitiert

Der Bund will die kalte Progression bekämpfen: Kindergeld und Kinderfreibetrag sollen steigen. Nun hat das Mannheimer ZEW untersucht, wer am meisten entlastet wird

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Walter Serif
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Nach Berechnungen des ZEW würden die reicheren Haushalte von der geplanten Entlastung in Höhe von zehn Milliarden Euro etwa 30 Prozent bekommen. © dpa

Mannheim. Die Ampel-Koalition möchte die Steuer-Mehreinnahmen aus der kalten Progression durch Anpassungen beim Einkommensteuertarif an die Bürgerinnen und Bürger zurückgeben. Außerdem sollen Kindergeld und Kinderfreibeträge steigen und die Steuerzahler die Rentenbeiträge schon ab 2023 - und nicht wie ursprünglich geplant erst ab 2025 - voll von der Steuer absetzen können. Diese Pläne sind umstritten, weil Arbeitnehmer mit höheren Einkommen besonders stark entlastet würden.
 
Berechnungen des Mannheimer Zentrums für Europäische Wirtschaftsforschung (ZEW) zeigen, dass Gutverdiener, die in der Regel stärker von der kalten Progression betroffen sind, nicht nur in absoluten, sondern auch in relativen Zahlen von den geplanten Entlastungen der Bundesregierung profitieren würden.

Die reichsten zehn Prozent würden demnach 691 Euro pro Jahr durch die vorgeschlagenen Anpassungen beim Einkommensteuertarif und beim Kindergeld sowie den Kinderfreibeträgen sparen. Bei den unteren zehn Prozent würde die Entlastung nur 19 Euro betragen.

Finanzministerium rechnet anders

In der Gesamtschau drückt sich die Verteilung dieser Mittel so aus: Etwa 30 Prozent der gesamten Entlastung von etwa zehn Milliarden Euro würden an die oberen zehn Prozent gehen. Der Anteil für die ärmsten zehn Prozent ist dagegen vernachlässigbar. Durch die volle steuerliche Absetzbarkeit der Rentenbeiträge wird das reichste Zehntel ab 2023 um 180 Euro pro Jahr entlastet; den unteren zehn Prozent bringt dies nur drei Euro.

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Nimmt man hier nur die Prozentzahlen, sieht es dennoch ähnlich aus: „Die prozentuale Betrachtung reduziert zwar die Unterschiede in der Entlastungswirkung zwischen den Einkommensschichten gegenüber der Betrachtung in Euro, die reicheren Haushalte profitieren aber auch relativ betrachtet stärker“, sagt ZEW-Forscher Holger Stichnoth.

Die Studie zeigt damit ein anderes Ergebnis als die Berechnung des Finanzministeriums: Prozentual werden dort Menschen mit geringem Einkommen stärker entlastet. Diese Unterschiede ergeben sich aus einer anderen Herangehensweise: Während das Ministerium die bisherige Steuerlast mit der geplanten neuen Steuerlast vergleicht, berechnet das ZEW die prozentualen Veränderungen auf der Basis des verfügbaren Einkommens.

Das heißt nach Ansicht des ZEW aber nicht, dass die Bundesregierung einen Rückzieher machen sollte. „Die stärkere Entlastung der oberen Einkommen ist verteilungspolitisch unpopulär, der Ausgleich der kalten Progression ist in Zeiten hoher Inflation aber dennoch geboten, weil dadurch ungeplante steuerliche Mehreinnahmen an die Bürgerinnen und Bürger zurückgegeben werden“, sagt Stichnoth.

Deshalb, so das ZEW, müssten die unteren Einkommensgruppen wegen der hohen Inflation auf anderem Wege entlastet werden. Die Finanzierung sollte aber - so Stichnoth - nicht aus den Mehreinnahmen durch die kalte Progression erfolgen

Redaktion Reporter für Politik und Wirtschaft

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