Steuerfahndung

Mannheimer Steuerfahnder bringen dem Fiskus immer mehr Geld ein

Sie hören Telefonate ab, tragen kugelsichere Westen und stehen nicht gerne in der Öffentlichkeit. Bei einem Pressetermin in Mannheim erzählen Steuerfahnder des Finanzamts Mannheim-Neckarstadt von ihrem Job.

Von 
Walter Serif
Lesedauer: 
Mehr Personal und mehr IT könnte die Steuerfahndung in Baden-Württemberg gut gebrauchen, meint Finanzstaatssekretärin Gisela Splett. © Thomas Tröster

Mannheim. Es ist wie beim Wettlauf zwischen Hase und Igel, meint eine Ermittlerin der Steuerfahndung Mannheim. Die Betrüger werden immer gewiefter und professioneller - deshalb sind sie den Ermittlern oft einen Schritt voraus. Damit aber nicht ein falscher Eindruck entsteht: Die Experten bei der Steuerfahndung Mannheim sind nicht frustriert. Dafür sind sie zu erfolgreich.

Das liegt auch an der besseren personellen Ausstattung. 1990 gab es nur zehn Fahnderinnen und Fahnder, die dem Fiskus pro Kopf und Jahr eine Million D-Mark einbrachten. Gegenwärtig arbeiten dort 42 Kräfte, die es auf 1,5 Millionen Euro bringen. „Diese Bilanz kann sich wirklich sehen lassen“, sagt Stephanie Martin, die Leiterin des Finanzamts Mannheim-Neckarstadt, bei dem eine der elf Steuerfahndungsstellen in Baden-Württemberg angesiedelt ist. Finanzstaatssekretärin Gisela Splett (Grüne) weiß aber auch, dass es „ein dauerndes Ringen mit der Finanzausstattung der Steuerfahndung gibt“, und schiebt die Bemerkung nach: „Mehr Personal und mehr IT wäre besser.“

Steuerfahnder tragen Schutzwesten

Der Pressetermin am Donnerstag läuft allerdings aus nachvollziehbaren Gründen anders ab als eine Hauptversammlung des Ludwigshafener Chemiekonzerns BASF. Dass die Steuerfahnder nicht zu viel verraten dürfen, versteht sich von selbst. Und weil die Ermittler auf der Straße nicht erkannt werden wollen, darf der Fotograf keine Bilder von ihnen machen und der Reporter sie auch nicht namentlich nennen. Dass der Job auch gefährlich sein kann, belegt allein die Tatsache, dass die Steuerfahnder in Baden-Württemberg inzwischen mit Schutzwesten ausgerüstet sind. Zum Glück ist aber bisher nichts passiert.

Anders als im schon erwähnten Märchen der Brüder Grimm brechen die Fahnder am Ende nicht aus Erschöpfung zusammen. Im Gegenteil: Sie beweisen bei ihrer Jagd auf die Steuerbetrüger große Ausdauer. Auch weil sie in speziellen Fällen die Telekommunikationsüberwachung (TKÜ) einsetzen. „Die Steuerfahndung muss im Bereich der schweren organisierten Kriminalität immer wieder auch Telefongespräche mithören oder E-Mails und andere digitale Nachrichten mitlesen“, sagt Splett.

Die bandenmäßig organisierten Kriminellen verwenden die jeweils modernsten Kommunikationsmittel und switchen um, wenn sie merken, dass die Steuerfahnder beim Wettlauf aufholen und immer häufiger mit einem Durchsuchungsbeschluss vor der Tür stehen, weil sie zum Beispiel diverse Mobilgespräche abhören oder Mails mitlesen konnten. Seit längerer Zeit sind vor allem die Messenger-Dienste angesagt, die aber selbst verschlüsselt für die Ermittler keine zu hohe Hürde sind. „Wir gehen ja auch mit der Technik“, sagt die Steuerfahnderin.

Empfohlener redaktioneller Inhalt

An dieser Stelle finden Sie einen externen Inhalt, der den Artikel ergänzt.

Im Prinzip reichen für die TKÜ ein Laptop und die dafür notwendige Software. Das Problem: Bisher mussten die Steuerfahndungsstellen immer die Ausrüstung der Polizei nutzen. „Das war natürlich sehr zeitaufwendig, die Herumfahrerei, die dafür notwendige Abstimmung mit der Polizei, die die Technik ja auch einsetzen muss“, sagt die Steuerfahnderin. So seltsam es klingen mag: Dass die Finanzstaatssekretärin jetzt in Mannheim eine frohe Botschaft verkündet, liegt auch an der Pandemie. „Wir saßen ja dann alle im Homeoffice und konnten nicht zur Polizeidienststelle gehen“, sagt die Steuerfahnderin.

Deshalb gibt es jetzt ein Pilotprojekt bei der Mannheimer Steuerfahndung, das Splett vorstellt. Die Ermittler haben eigene Geräte bekommen. Die Software hat das Landeskriminalamt zur Verfügung gestellt. „Damit kann die Steuerfahndung Verdächtige umfassender überwachen und die gewonnenen Erkenntnisse kurzfristiger auswerten. Gleichzeitig wird die Polizei entlastet“, sagt Splett.

Tötungsdelikt am Telefon besprochen

Stellt sich natürlich die Frage: Warum erst jetzt? Eine Antwort hat die Schwäbin Splett ja selber gegeben: kostet Geld. Künftig sollen aber alle Steuerfahndungsstellen im Land die eigene Technik nutzen können. Denn seitdem der Bund die Strafprozessordnung geändert hat, darf die Steuerfahndung bei bandenmäßiger Steuerhinterziehung schon ab einem Betrag von mehr als 50 000 Euro die TKÜ einsetzen, wenn eine richterliche Anordnung auf Antrag der Staatsanwaltschaft vorliegt. Davor waren die Regeln strenger. „Das ist ein weiterer Puzzlestein, wir wollen die Leute nicht nur ins Gefängnis bringen, sondern auch das Geld“, beschreibt ein Steuerfahnder die Jobbeschreibung.

Dennoch ist das Abhören oder Mitlesen kein Vergnügen, weil es oft mit hohem Zeitaufwand verbunden und manchmal auch nur krass ist, wie der Steuerfahnder erzählt: „Bei einer TKÜ habe ich mitgehört, wie sich zwei Steuerhinterzieher darüber unterhalten haben, dass sie jemanden umbringen wollen.“

Redaktion Reporter für Politik und Wirtschaft

Copyright © 2025 Mannheimer Morgen