Rhein-Neckar. Schluss mit lustig. Die IG Metall ist verärgert, weil die Arbeitgeber aus ihrer Sicht eher eine „Provokation“ vorgelegt haben als ein ernstzunehmendes Angebot. IG-Metall-Chef Jörg Hofmann verlangt von den Arbeitgebern, dauerhafte Lohnerhöhungen anzubieten. „Es ist weiter unklar, wie die Entgelte der Beschäftigten nachhaltig erhöht werden sollen“, sagt er.
Wer sich in der Region umhört, stößt auf ähnliche Aussagen. „Der Arbeitgeberverband Südwestmetall sorgt gerade dafür, dass die Menschen in den Betrieben wütend werden“, sagt der Mannheimer IG-Metall-Chef Thomas Hahl. „Der November wird heiß.“
Bundesweit will die IG Metall die Beschäftigten mobilisieren und in den kommenden Tagen zu Warnstreiks aufrufen. Auch in der Region Rhein-Neckar im Drei-Länder-Eck Baden-Württemberg, Hessen und Rheinland-Pfalz werden sie zu spüren sein. Der detaillierte Zeitplan ist freilich noch geheim.
Nur so viel: In Mannheim etwa soll es neben großen Arbeitgebern wie John Deere mit 3700 Beschäftigten und Daimler Truck mit 8400 Beschäftigten auch kleinere Zulieferer treffen.
Die Arbeitgeber hatten am Donnerstag eine Einmalzahlung von 3000 Euro und zudem bei einer Laufzeit von 30 Monaten eine nicht bezifferte Erhöhung der Lohntabellen angeboten. Die Gewerkschaft verlangt für einen Zeitraum von zwölf Monaten acht Prozent mehr Geld.
Für die unteren Lohngruppen entspräche die Einmalzahlung ziemlich genau den geforderten acht Prozent, meint IG-Metall-Chef Hofmann. „Auf zwölf Monate wäre das also schon eine gute Geschichte, wenn es das jedes Jahr gäbe. Aber auf 30 Monate verteilt und ohne dauerhafte Wirkung, entpuppt sich die Zahl als Scheinriese.“ Leider gelte das nicht für die Teuerungen, unter denen die Haushalte litten. „Wir brauchen daher eine Erhöhung der Entgelte, die bleibt.“
Rückkehr zum Verhandlungstisch?
Der Hauptgeschäftsführer des Arbeitgeberverbands Südwestmetall, Peer-Michael Dick, verurteilt die angekündigten Warnstreiks. „Wir sind sehr überzeugt davon, dass wir der IG Metall einen sehr guten und konstruktiven Vorschlag unterbreitet haben, in dem wir auch noch weitere Lösungswege angedeutet haben.“ Jetzt sei es Zeit, am Verhandlungstisch Lösungen zu finden, und man sei der Überzeugung, dass dies auch gelingen werde. Die geplanten Arbeitsniederlegungen seien in dieser Situation vollkommen überflüssig. „Unseren Unternehmen steht ein äußerst schwieriges Jahr 2023 bevor. Warnstreiks und Produktionsausfälle würden nun auch noch das ebenfalls schon herausfordernde Jahr 2022 unnötig belasten.“
Dieser Meinung ist auch Oliver Barta, Verhandlungsführer der Arbeitgeber in der Region Mitte, zu der Hessen und Rheinland-Pfalz gehören. „Unsere Angebotsstruktur beinhaltet eine starke Unterstützung der Beschäftigten in diesen schwierigen Zeiten. Die steuer- und abgabenfreie Einmalzahlung hilft unmittelbar, und sie hilft vor allem den Arbeitnehmern in den unteren Lohngruppen.“ Wachstum könne aber nur verteilt werden, wenn in der Fläche welches vorhanden sei. Eine Tabellenerhöhung sei nur bei 30 Monaten Laufzeit vorstellbar.
IG Metall-Chef Hofmann lässt erkennen, dass zunächst bis zur vierten Verhandlungsrunde, die am 8. November in Bayern und Baden-Württemberg beginnt, nur kürzere Warnstreiks von einigen Stunden geplant sind. Danach werde die IG Metall entscheiden, wie es weitergeht. „Wir können dann zu 24-Stunden-Warnstreiks aufrufen oder in einzelnen Bezirken auch zu einer Urabstimmung in der Fläche.“ In beiden Fällen müsste die Gewerkschaft laut Satzung den Streikenden die Lohnausfälle per Streikgeld ersetzen.
Sollte es bis Mitte November keine Tarifeinigung geben, plant die IG Metall Mannheim etwa, alle Beschäftigten zu einer zentralen Kundgebung aufzurufen.
Beschäftigte sind bereit
Egal, wo man sich umhört: Die Bereitschaft zum Streiken scheint hoch zu sein. Das berichten Mitarbeiter einzelner Unternehmen. Stefan Schneider ist einer von ihnen. Er ist Betriebsratsmitglied bei Caterpillar in Mannheim. „Das Stimmungsbild im Betrieb ist eindeutig: Wir brauchen eine kräftige Entgelterhöhung, und wir sind bereit, uns dafür mit aller Kraft einzusetzen“, sagt er entschlossen. „In den Köpfen der Kolleginnen und Kollegen bei uns herrschen große Sorgen, wie sie ihre Belastungen in Zeiten von Krieg und Rekordinflation reduzieren können. Gleichzeitig sehen sie, wie viele Unternehmen in der Branche wieder fette Gewinne machen.“
Lars Erik Schloz, Vertrauensmann der IG Metall bei ZF Wabco in Mannheim, bestätigt das. Auch er äußert Unverständnis über die Arbeitgeberseite. (mit dpa)
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