Mannheim. Vor einigen Wochen sorgte der im Fernsehen dauerpräsente Münchner Starkoch und Restaurantbetreiber Alfons Schuhbeck als verurteilter Steuersünder für Schlagzeilen. Dass Verkürzen von Abgaben in der Gastronomie wohl keine Seltenheit ist, davon kündet ein am Freitag vor der 2. Großen Wirtschaftsstrafkammer des Mannheimer Landgerichts gestarteter Prozess, bei dem zwei Männer und zwei Frauen auf der Anklagebank sitzen. Die (einstigen) Betreiber von Lokalen mit asiatischer Küche im badischen Raum haben eingeräumt, dass Umsatz und Einnahmen manipuliert worden sind, um weniger ans Finanzamt zahlen zu müssen.
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Auch wenn Parallelen zu dem spektakulären Promi-Gerichtsfall in München aufblitzen, so unterscheiden sich die Verfahren in der Dimension: Während Schuhbeck in zwei Nobelrestaurants mehr als 2,3 Millionen Euro Steuern hinterzogen haben soll, geht Staatsanwältin Jeanie Henn in der von ihr verlesenen Anklageschrift von insgesamt 309 000 Euro als „Verkürzungsschaden“ aus - wobei sie die Tatbeiträge der Vier höchst unterschiedlich einstuft. Außerdem gehört zu den Vorwürfen, dass für zwei Restaurants im Veranlagungszeitraum 2015 keine Angaben zu den Einkünften gemacht wurden, so dass es Schätzungen gab: Und die fielen entweder zu niedrig aus oder ließen sich nicht richtig einordnen.
Spielsucht und Privatinsolvenz
Für Prozessbeobachter ist es nicht ganz einfach, die Konstellation der vier Angeklagten zu durchschauen. Bei den Einlassungen zur Person stellt sich heraus, dass zwei in Vietnam aufgewachsene Schwestern 1996 beziehungsweise 2004 nach Deutschland gekommen sind. Eine der beiden Frauen heiratete einen ursprünglich fest angestellten Betriebswirt, der zunächst mit gescheiterten Friseurläden und dann in der Gastronomie seinen großen Traum von der Selbstständigkeit zu verwirklichen suchte. Die Schwägerin beziehungsweise Schwester ist zumindest auf dem Papier für ein Restaurant mitverantwortlich gewesen, an dem außerdem ein befreundeter Geschäftspartner zur Hälfte beteiligt war.
Schon während der Ermittlungen hat sich der Haupt-Manipulator geständig gezeigt. Als der Vorsitzende Richter Andreas Lindenthal wissen will, warum er damit begonnen hat, bei Umsatz- und Einnahmezahlen zu tricksen, erklärt er: „Die Restaurants warfen kaum Geld ab.“ Vermutlich wegen falscher Preiskalkulation - „aber auch weil sich Angestellte selbst bedienten“.
Rückblickend bilanziert der Angeklagte, dass er sich „viel zu wenig“ um die Lokale wie um die Diebstähle aus der Kasse gekümmert habe. Zur Sprache kommt, dass der Gastronom spielsüchtig war und sich vom Vater und von Freunden, auch von dem mitangeklagten Geschäftspartner, Geld, teilweise große Summen, geliehen hat. „Inzwischen habe ich mich bei den Kasinos sperren lassen“, berichtet der 45-Jährige.
Bei der Befragung zu den Lebensläufen offenbart sich, dass sowohl bei dem verheirateten Paar wie bei der Schwägerin beziehungsweise Schwester und deren Familie eine Privatinsolvenz läuft. Hingegen hat der vierte Angeklagte inzwischen all seine steuerlichen Nachforderungen beglichen. Er trägt vor, auf Drängen „ungewollt“ Gastronom geworden zu sein und das Lokal als vermeintliches „Nebenbei-Geschäft“ betrachtet zu haben: „Das war ein Fehler.“
Steuerfahnderin einzige Zeugin
Angesichts der lange zurückliegenden Vorwürfe aus den Jahren 2013 bis 2017 und mit Blick auf voll umfängliche Geständnisse zu den persönlichen Tatbeiträgen einigten sich die Parteien auf einen „Deal“ mit dem Ziel von Strafen, die jeweils zur Bewährung ausgesetzt werden. Auch dies unterscheidet den Mannheimer von dem Münchner Prozess: Schuhbeck hat erst im Laufe der Beweisaufnahme in Teilen gestanden - außerdem wurde er zu einer Gefängnisstrafe verurteilt.
Am 12. Dezember hört die Kammer als einzige Zeugin die Steuerfahnderin. „Eigentlich waren wir längst pleite - die Steuerfahndung hat den Konkurs nur beschleunigt“, so der Hauptangeklagte.
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