Mannheim. Mit Wasserfontänen aus den Kanonen der Flughafenfeuerwehr ist die erste Maschine der Rhein-Neckar Air (RNA) am Samstag traditionell auf dem Rollfeld in Westerland begrüßt worden. Nach rund 90 Minuten Flugzeit von Mannheim aus traf die Turboprop vom Typ Dornier 328 gegen 10.15 Uhr planmäßig auf dem Flughafen von Sylt ein. Bis zum Ende der Sommersaison am 22. Oktober fliegt die RNA nun dreimal pro Woche auf die Ferieninsel. 2017 könnte es dann bereits im April wieder losgehen.
Deutlich teurer als die Bahn
"Es verging fast keine Woche, in der unsere Kunden nicht nach einer solchen Flugverbindung gefragt haben", begründete RNA-Geschäftsführer Dirk Eggert das neue Angebot. Mit Schnäppchenpreisen lockt die noch junge Mannheimer Fluggesellschaft dabei allerdings nicht: Tickets kosten zwischen 199,50 und 349,50 Euro für eine Strecke. Ein reguläres Bahn-Ticket kostet nur 142 Euro.
Ansgar Gerken, ebenfalls RNA-Geschäftsführer ist dennoch von einem Erfolg überzeugt: "Nach Sylt in 90 Minuten statt in neun Stunden mit dem Auto oder dem Zug ist ein schlagkräftiges Argument." Das sieht Eggert genauso: "Wer mit uns fliegt, statt mit dem Auto oder Zug zu fahren, spart zwei Urlaubstage", meint er. "Das Argument ist nicht der Preis, sondern die Verbindung." Beim Erstflug am Samstag war die Maschine mit ihren 33 Plätzen jedenfalls fast vollständig gefüllt.
Wachsender Markt
Mit an Bord waren Alfred und Heidi Richter aus Lampertheim, vor denen eine Woche Urlaub auf der Ferieninsel liegt: "Wir haben uns für den Flug entschieden, weil es einfach schneller geht", erklärte er. Halb geschäftlich ist Helga Weisbrodt mit von der Partie, die ihrem Sohn helfen will, der beim alljährlichen Winzerfest in Westerland Sekko vom familieneigenen Weingut in Weisenheim am Berg präsentiert. "Anschließend bleiben wir noch eine Woche auf der Insel", sagte sie. Dank der Flugverbindung gewinne man zwei wertvolle Tage. Zudem vermeide man das Risiko, im Ferienreiseverkehr des Sommers in Staus zu geraten.
Etwas ganz besonderes war der Flug für Rosemarie Kark aus Schriesheim, die mit der RNA das Premierengefühl teilte: "Das ist heute mein erster Flug überhaupt", sagte die 85-Jährige, die wegen einer dreiwöchigen Kur nach Sylt fliegt. Beim Aussteigen in Westerland war sie dann ganz begeistert: "Wenn ich gewusst hätte, wie schön das ist, wäre ich schon 85 Jahre lang geflogen", lachte sie. Die Rhein-Neckar Air ist nach der Lufthansa, Air Berlin und der auf der Insel ansässigen Sylt Air die vierte Fluggesellschaft, die Sylt direkt anfliegt. Startflughafen ist neben Mannheim auch Münster/Osnabrück. Insgesamt gibt es damit nun neun innerdeutsche Flugverbindungen nach Westerland. Der Markt wächst schnell: Peter Douven, Chef der Flughafen Sylt GmbH, erwartet in diesem Jahr rund 160 000 Flugpassagiere auf der Ferieninsel, die so gut wie ausschließlich vom Tourismus lebt: "In Anbetracht der Randlage von Sylt in Deutschland und der anachronistischen Bahnverbindung über den Hindenburgdamm stellen die Flugverbindungen eine zeitgemäße Erreichbarkeit sicher", sagte er dieser Zeitung. In Zeiten immer mehr vom Markt verschwindender Regionalfluggesellschaften sei man froh, mit der RNA einen "dynamischen Partner" gefunden zu haben. Seit zwei Jahren hätten beide Seiten an der neuen Fluglinie gearbeitet.
Auch Sylt-Marketing-Chef Moritz Luft hält viel von den regelmäßigen Flugverbindungen: "Angesichts der seit Jahren sinkenden durchschnittlichen Aufenthaltsdauer gewinnt die Anreise per Flugzeug immer mehr an Bedeutung", sagte er dem "Hamburger Abendblatt". Den Flugpreis findet er angesichts des gebotenen Komforts an Bord durchaus gerechtfertigt. Zudem könnten die Fluggäste am City Airport ihr Auto kostenlos abstellen.
Und welches Ziel nimmt die RNA alles nächstes ins Visier? "Genaue Pläne haben wir noch nicht", sagt Geschäftsführer Gerken. "Wir beobachten den Markt."
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