Flugverkehr

Lufthansa nutzt Spezialfolie: Wie ein Haifisch durch die Luft

Die Lufthansa geht mit einer neuen Beschichtung ihrer Flotte mit "Haifischhaut" in Serie. Durch den dünnen Film auf der Außenhaut sinken Treibstoffverbrauch und CO2-Ausstoß. Die BASF hat das Meterial mit entwickelt

Von 
Sabine Rößing
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Die Lufthansa will durch die Beklebung von mehr als 20 Flugzeugen mit der neuen Haifischhaut-Folie mehr als 25 000 Tonnen COpro Jahr einsparen. © Lufthansa

Frankfurt. Die Haut von Haien gilt als evolutionäres Meisterstück. Ihre besondere Oberflächenstruktur reduziert den Strömungswiderstand im Wasser. Dadurch bewegen sie sich pfeilschnell und extrem effizient. Wissenschaftler versuchen seit geraumer Zeit, diese besonderen Eigenschaften für technische Innovationen nutzbar zu machen - etwa für Schiffe und Flugzeuge.

Die Deutsche Lufthansa hat zusammen dem Chemiekonzern BASF eine Art Folie entwickelt. Die „Aeroshark“ sei der feinen Struktur der Haifischhaut nachempfunden, erklären die Projektpartner. Sie werde auf den Rumpf von Flugzeugen aufgebracht, um sie sparsamer und emissionsärmer zu machen.

EASA hat Zulassung erteilt

Nun soll die neue Erfindung in Serie gehen: Als weltweit erste Airline-Gruppe werde die Lufthansa mehr als 20 Langstreckenflugzeuge ihrer Flotte mit der aerodynamischen Haifischhaut-Folie ausstatten, gab die Fluglinie unlängst bekannt. Die Europäische Agentur für Flugsicherheit (EASA) habe die Zulassung für den Serieneinsatz an zwei Modelltypen der Boeing 777 erteilt.

Der dünne Film wird auf die Außenhaut der Flugzeuge geklebt. Dort verringert er den Reibungswiderstand an strömungsrelevanten Stellen. Dadurch sinken Treibstoffverbrauch und CO2-Ausstoß.

Die neue Technologie unterstützt uns bei dem Ziel, bis 2050 klimaneutral zu werden.
Christina Foerster Lufthansa-Vorständin für das Thema Nachhaltigkeit

Mit der Beklebung von insgesamt 950 Quadratmetern Außenfläche einer Boeing 777-300ER könnten aufs Jahr gerechnet rund 400 Tonnen Kerosin und mehr als 1200 Tonnen CO2 eingespart werden, rechnet die Lufthansa vor. Für die gesamte Lufthansa Cargo-Flotte entspreche der jährlich reduzierbare CO2-Ausstoß 48 Frachtflügen von Frankfurt nach Shanghai. „Die neue Technologie unterstützt uns bei dem Ziel, bis 2050 klimaneutral zu werden“, sagt die für das Thema Nachhaltigkeit verantwortliche Lufthansa-Vorständin Christina Foerster.

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Vor allem aber senkt der geringere Verbrauch die Kosten. Die Ausgaben für Treibstoff machen laut Bundesverband der Deutschen Luftverkehrswirtschaft (BDL) etwa ein Viertel bis ein Drittel der Gesamtkosten eines Fluges aus. Wollen Airlines bei steigenden Rohstoffpreisen wettbewerbsfähig bleiben, müssen sie sich etwas einfallen lassen.

Die Industrie habe hier bereits große Fortschritte gemacht, betont der BDL. Allein durch den Austausch von alten Flugzeugen durch neue energieeffizientere Modelle hätten die deutschen Fluggesellschaften die spezifischen CO2-Emissionen seit 1990 um 43 Prozent senken können. „Während sie im Jahr 1990 noch 6,3 Liter pro Passagier und 100 Kilometer verbrauchten, sind es heute im Schnitt nur noch 3,56 Liter“, so der BDL. In den vergangenen 30 Jahren habe sich der Kerosinbedarf vom Verkehrswachstum entkoppelt.

Offiziellen Schätzungen zu Folge wird der europäische Luftverkehr bis 2035 um gut 15 Prozent zunehmen. Dennoch soll die Umweltbelastung durch ein verbessertes Flugverkehrsmanagement, Flottenerneuerungen und den Einsatz von alternativen Treibstoffen im selben Zeitraum deutlich sinken.

Als wichtige Stellschrauben, um Flugzeuge energieeffizienter zu machen, gelten Verbesserungen an den Triebwerken, bei der Aerodynamik und beim Gewicht. „Die Luftfahrt steht vor ähnlichen Herausforderungen wie die Chemieindustrie“, sagt Markus Kamieth, Vorstandsmitglied beim Projektpartner BASF: „Trotz eines hohen Energiebedarfs müssen kontinuierlich Fortschritte beim Klimaschutz erzielt werden“.

Zur Herausforderung für die Funktionalität wurden die besonders strengen Sicherheitsanforderungen der Luftfahrt. Außenflächen müssen starken UV-Strahlungen sowie Temperatur- und Druckschwankungen standhalten.

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Bereits Ende 2019 wurde erstmals die untere Rumpfhälfte einer Lufthansa Boeing 747-400 mit 500 Quadratmetern Haifischhaut beklebt. Dieses Flugzeug habe das Einsparpotenzial der neuen Technologie anschließend im regulären Liniendienst auf der Langstrecke in mehr als 1500 Flugstunden unter Beweis gestellt, meldet Lufthansa: „Dabei ließ sich zweifelsfrei belegen, dass die Emissionen um rund 0,8 Prozent verringert wurden. Für die Boeing 777F wird mit höheren Einsparpotenzialen gerechnet.“

Lufthansa Technik und BASF wollen die neue Beschichtung nun für die Anwendung an anderen Flugzeugtypen und für noch größere Flächen weiterentwickeln. „In ersten Modellrechnungen ließen sich mit der Haifischhaut-Technologie in ihrer maximalen Ausbaustufe sogar CO2-Emissionen im Umfang von bis zu drei Prozent vermeiden“.

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