Ludwigshafen. "Wir mischen uns ein, Zukunftssicherung muss sein", unter diesem Motto haben gestern mehr als 80 Mitarbeiter des Chemieunternehmens ICL (früher BK Giulini) vor den Toren des Ludwigshafener Werks protestiert. Anlass ist der Verkauf von Teilen des Werks an Kurita. Der japanische Konzern übernahm gestern für 250 Millionen Euro drei Sparten von ICL am Standort Ludwigshafen. Die verkauften Bereiche, die auf einen Umsatz von rund 180 Millionen Euro kommen, beschäftigen bis zu 250 Mitarbeiter.
Im Verkauf der Werke in Teilen sehen die Mitarbeiter ihre Arbeitsplätze bedroht. Die Forderungen des Betriebsrats lauten deshalb: Erhalt aller Standorte und Arbeitsplätze, Erhalt der firmeneigenen Dienste, Erhalt aller betrieblichen und tariflichen Standards und die soziale Absicherung des Verkaufs und des Shared Service Centers. "Das erwarten wir einfach von unserem Arbeitgeber", sagte der Betriebsratsvorsitzende Georg Selinger.
Bei ICL (Israel Chemicals Ltd.) arbeiten in der Metropolregion knapp 1000 Beschäftigte: zwei Drittel in Ludwigshafen, ein Drittel in Ladenburg. "Es ist immer wieder dasselbe Thema, das uns seit einem halben Jahr bewegt: Wir wollen kein ,One ICL', das auf unsere Kosten geht", sagte Selinger. Denn unter dem Projektnamen "One ICL" wird derzeit der gesamte Konzern durchleuchtet und auf den Prüfstand gestellt. "Unser Protest ist kein Streik, keine Torblockade, aber ein wichtiges Zeichen", sagte Selinger. Der Standort Ladenburg ist von den Verkäufen allerdings nicht betroffen.
Produktion läuft weiter
"Kurita hat deutlich gemacht, dass die Arbeitnehmer ein Grund für den Kaufpreis waren", sagte ICL-Geschäftsführer Brüne Cremer gestern dieser Zeitung. Und es gelte auch: "Der Kaufpreis ist eine Garantie für die Zukunft der Arbeitsplätze." Es gebe regionale und technische Synergien. Kurita übernehme beispielsweise den Vertrieb von ICL-Produkten und umgekehrt. Die Produktion in Ludwigshafen werde weiterlaufen, nur unter einem anderen Namen. Und überhaupt: "Wenn jemand so viel zahlt, dann hat er eine Wachstumsstrategie", machte Cremer deutlich. Für die anstehenden Verhandlungen mit dem Betriebsrat ist er optimistisch. Da es sich um einen sogenannten Betriebsübergang handelt, müssen die Mitarbeiter zustimmen.
Der Protest der Beschäftigten, der regelmäßig vor den Ladenburger und Ludwigshafener Werkstoren stattfindet, richte sich sowohl an den Verkäufer als auch an die Käufer. "Wenn uns der eine die Garantie verwehrt, müssen wir uns eben an den anderen wenden," sagte Selinger.
Die Ausgliederung und Zentralisierung von Servicebereichen wie Personal will ICL vorerst nicht umsetzen. Zunächst wird nach Angaben von Cremer ein konzerneinheitliches IT-System eingeführt. In der Zwischenzeit könnten von einer Auslagerung betroffene Mitarbeiter auch zu Kurita wechseln.
An Kurita verkauft werden die Sparten Aluminiumsalze, Papierchemikalien und das Wasserbehandlungsgeschäft. Die Alusalze sorgen dafür, dass sich organische Stoffe im Abwasser absetzen. Die Papierchemikalien machen Papier bedruckbar (sonst würde die Tinte wegfließen), außerdem Küchentücher reißfester. Im Wasserbehandlungsgeschäft sorgen Chemikalien dafür, dass sich in Kühlwasserkreisläufen keine Pilze oder Bakterien absetzen. In allen Bereichen ist Kurita vor allem in Japan und im asiatischen Raum aktiv. Außerdem gehören zum Verkaufspaket noch Chemikalien, die Beton schneller aushärten lassen.
Das Unternehmen ICL will sich indes auf seine Kerngeschäfte mit Düngemitteln, Zusätzen für die Lebensmittelindustrie und technische Wirkstoffe konzentrieren. Das soll künftig gestärkt werden - unter anderem mit den Verkaufserlösen von gestern, kündigte ICL-Konzernchef Stefan Borgas an.
Der Kurita-Konzern
Kurita konzentriert sich seit 65 Jahren auf die Wassernutzung und -behandlung.
Kurita wurde 1949 in Japan gegründet. Zunächst versorgte das Unternehmen die Navy mit chemischen Produkten zur Behandlung und Optimierung von Kesselwasser.
Heute ist Kurita in elf Ländern tätig: Deutschland, China, Thailand, Taiwan, Korea, Indonesien, Singapur, Malaysia, USA, Brasilien und Japan. Weltweit sind über 4600 Mitarbeiter beschäftigt.
Der Nettoumsatz im letzten Geschäftsjahr (zum März 2014) betrug 1,366 Milliarden Euro. laf
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