Ausbildung - Neue Förderinitiative für junge Menschen in vier Mannheimer Unternehmen gestartet

Hilfe auf dem Weg zur Lehrstelle

Von 
Tatjana Junker
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Mannheim. Eigentlich hatte Justine Brenzinger die Hoffnung fast aufgegeben. Nach ihrem Realschulabschluss suchte die heute 20-Jährige drei Jahre lang einen Ausbildungsplatz, ohne Erfolg. Es hagelte Absagen. Also schlug Brenzinger sich mit Jobs durch, arbeitete bei Leiharbeitsfirmen oder auf 400-Euro-Basis. "Ich hatte keine Perspektive, das war schrecklich", sagt sie.

Bis sie bei der Agentur für Arbeit in Mannheim zu einem besonderen Vorstellungsgespräch eingeladen wurde - nämlich für das Förderprogramm "Chance M+E" der Metall- und Elektroindustrie, das in diesem Jahr zum ersten Mal in Mannheimer Firmen startet. Es soll junge Menschen unterstützen, denen die sogenannte "Ausbildungsreife" fehlt und die deshalb nach der Schule Probleme haben, eine Lehrstelle zu finden.

Die Gründe dafür sind unterschiedlich: "Der eine hat Probleme, früh aufzustehen oder regelmäßig irgendwo zu erscheinen. Bei den meisten hapert es aber an den Noten", sagt Gabriele Ritter von der Agentur für Arbeit Mannheim. "Für eine reguläre Ausbildung zum Industriemechaniker sollte man bei uns beispielsweise schon eine 'Drei' in Mathe haben", ergänzt Uwe Landwehr, Ausbildungsleiter bei Alstom in Mannheim. Das Unternehmen ist eines von vier, die in Mannheim an der Initiative teilnehmen.

Neun Monate Praktikum

Brenzinger selbst kann gar nicht genau sagen, warum es bei ihr bisher mit einer Ausbildung nicht geklappt hat. "An den Noten hat es nicht gelegen", sagt sie. Jetzt hatte sie jedenfalls Glück: Sie hat einen der zwölf Plätze des Förderprogramms in Mannheim ergattert. Seit Anfang November macht die 20-Jährige nun gemeinsam mit einem weiteren Teilnehmer, dem 18-jährigen Mehmet Ördek, ein auf neun Monate angelegtes Praktikum bei Caterpillar (ehemals MWM).

Ziel ist es, die jungen Menschen in dieser Zeit auf eine reguläre Ausbildung vorzubereiten. "Die Teilnehmer sollen zeigen können, was in ihnen steckt, auch wenn sie bisher durch das Raster gefallen sind", sagt Martin Brauckhage, Ausbildungsleiter im Mercedes-Benz-Werk Mannheim, das ebenfalls an dem Programm teilnimmt.

Hintergrund der Initiative ist für die Firmen der Fachkräftemangel. "Keiner darf uns verloren gehen", sagt Johannes Krumme vom Arbeitgeberverband Südwestmetall. "Das ist letztlich auch ein Instrument für unsere Standortsicherung", ergänzt Caterpillar-Personalleiter Peter Körner.

Chance auf Ausbildungsplatz

Während des Praktikums sind die Teilnehmer drei Tage pro Woche im Betrieb, wo sie beispielsweise Metallgrundkenntnisse lernen: feilen, sägen, drehen . Dazu kommt ein Tag in der Woche Berufsschule und ein Tag Betreuung durch den Verein "Förderband". "Dort werden sie individuell begleitet, können zum Beispiel Probleme ansprechen", sagt Ritter von der Arbeitsagentur. Nach den neun Monaten haben die Teilnehmer Anspruch auf ein Bewerbungsgespräch für eine Lehrstelle in ihrem Praktikumsbetrieb. Sind sie genauso gut wie andere Kandidaten, müssen sie bevorzugt werden.

Die Chancen stehen nicht schlecht: In anderen Regionen Baden-Württembergs, wo es die Initiative seit 2012 gibt, habe die Übernahmequote bei 76 Prozent gelegen, sagt Krumme. Brenzinger und Ördek sind jedenfalls fest entschlossen, es zu schaffen: "Das ist für uns eine Riesen-Chance und die werden wir nutzen", sagen sie.

"Chance M+E"

Basis für die Initiative "Chance M+E" ist ein Tarifvertrag zwischen dem Arbeitgeberverband Südwestmetall und der IG Metall.

Bisher nehmen vier Unternehmen in Mannheim teil: Alstom, Daimler, Caterpillar und John Deere.

Sie bieten insgesamt zwölf jungen Menschen ein neunmonatiges Praktikum, um sie auf eine Ausbildung in der Branche vorzubereiten.

Die Jugendlichen erhalten pro Monat 466 Euro - 250 Euro zahlt der Betrieb, den Rest die Arbeitsagentur. Sie übernimmt auch rund 100 Euro für die Sozialversicherungen.

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