Berlin. In den vergangenen 30 Jahren haben Sabine und Klaus gemeinsam viel erlebt. So lange leben sie zusammen. Längst hätten sie die silberne Hochzeit schon erreicht, gäbe es da nicht ein Tabuthema zwischen den beiden: Heirat. Die Gründe sind für beide ganz unterschiedlich. „Nie wieder“, sagt Sabine, die eine gescheiterte Ehe hinter sich hatte, bevor ihr Klaus über den Weg lief. Er wiederum macht sich ungern Gedanken über womöglich komplizierte und aufwändige Aktionen. Es geht ja auch so.
Diese Haltung ist in der Generation der Babyboomer nicht selten. Das Statistische Bundesamt verzeichnete 2023 rund 3,5 Millionen Lebensgemeinschaften, wie diese Art Ehe ohne Trauschein amtlich genannt wird. Die Gründe sind vielfältig. In den wilden 80er Jahren des vergangenen Jahrhunderts hatte die Ehe bei vielen jungen Leuten ein spießiges Image. Man wollte nicht wie die Generation der Eltern in einer Beziehung gefangen sein, die am Ende vielleicht doch kein Leben lang hält. Doch jetzt ist es gerade für diese Generation Zeit, die Situation noch einmal zu überdenken. Denn mit einer Trauung sind auch einige finanzielle Vorteile verbunden, jedenfalls in vielen Fällen.
Geteiltes Einkommen bedeutet weniger Steuern
Eheleute können durch das Ehegattensplitting bei der Steuer viel Geld sparen, sofern sie nicht beide arbeiten und ihre Einkommen auf einer Höhe liegen. Das Prinzip ist einfach. Für die Berechnung der Steuer werden beide Einkommen zusammengezählt und zu gleichen Teilen auf beide Partner verteilt. Da die Steuerlast mit steigendem Einkommen prozentual zunimmt, verringert sich das steuerpflichtige Einkommen des Besserverdienenden durch die Verteilung des Einkommens. Zugleich erhöht sich zwar die Steuerlast des Partners mit dem geringeren Verdienst. Doch macht das den Spareffekt nicht wett. Laut Stiftung Warentest kann ein Paar 2024 durch das Ehegattensplitting maximal 18.937 Euro sparen. In der Regel dürfte der Vorteil für Eheleute aber deutlich geringer ausfallen.
Gerade bei älteren Lebensgemeinschaften rückt die Vorsorge mit- und füreinander allmählich in den Fokus. Die meisten Menschen blenden gerne aus, dass ein geliebter Mensch schon frühzeitig sterben könnte. Doch mit Blick auf die Versorgung des jeweils anderen im Ernstfall sollte das Thema besprochen werden. Denn hier sind Lebensgemeinschaften deutlich schlechter gestellt als verheiratete Paare. Das liegt an der Regelungen der Hinterbliebenenrente.
Denn eine Witwen- oder Witwerrente ist an die Voraussetzung einer Eheschließung geknüpft. Wilde Ehen werden im Rentenrecht wie Freundschaften behandelt. Der hinterbliebene Teil eines nichtehelichen Paares geht bei der Witwenrente leer aus. Finanziell kann der Tod des Partners oder der Partnerin im schlimmsten Fall in die Altersarmut führen, wenn die eigenen Versorgungsansprüche kein Auskommen ermöglichen.
Es gibt zwei Arten der Witwenrente. Bei der großen Witwenrente zahlt die Rentenversicherung 55 Prozent der Rente des verstorbenen Partners an die Hinterbliebene oder den Hinterbliebenen. Erhielt der verstorbene Teil das Paares 1.500 Euro Rente, beträgt die Witwenrente 825 Euro. Nur 25 Prozent erhalten Hinterbliebene, die noch keine 47 Jahre alt sind. Das wären im Rechenbeispiel nur 375 Euro. Es sei denn, der oder die Hinterbliebene erzieht noch ein Kind unter 18 Jahre oder ist erwerbsgemindert. Hier geht der Gesetzgeber davon aus, dass die Witwe oder der Witwer noch über ausreichend Zeit für eine angemessene Eigenvorsorge verfügen. Eine Hochzeit auf den letzten Drücker ist nicht ratsam. Die Ehe muss wenigstens ein Jahr bestehen, bevor es ein Anrecht auf die Hinterbliebenenrente gibt. Ausnahmen von dieser Regel und damit die große Witwenrente gibt es nur, wenn ein Partner bei einem Unfall ums Leben kommt.
Im Falle eines Erbes drohen hohe Steuerforderungen
Es gibt noch einige Sonderregelungen, die Zu- oder Abschläge von der Witwenrente bedeuten können. So wird beispielsweise ein eigenes Einkommen auf die Rente angerechnet. Hier gilt ein Freibetrag von 1038 Euro. Von jedem Euro mehr beim Einkommen werden 40 Cent von der Hinterbliebenenrente abgezogen. Die bisherige Bundesregierung wollte die Freibeträge deutlich erhöhen. Bis zum Redaktionsschluss war noch offen, ob diese Regelung noch vor der Bundestagswahl vom Parlament beschlossen wird. Die Chancen stehen dafür eher schlecht. Dennoch kann die Altersvorsorge für Eheleute zu einer wichtigen Säule der Altersvorsorge sein.
Auch im Erbrecht gibt es gewaltige Unterschiede zwischen Paaren mit und Paaren ohne Trauschein. Lebensgemeinschaften werden auch hier wie Freundschaften betrachtet. Bei Tod eines der Partner geht der andere beim Erbe leer aus. Das lässt sich zwar leicht vermeiden, in dem ein Testament aufgesetzt wird und darin der jeweils andere Partner zum Erben bestimmt wird. Doch ein teurer Haken bleibt auch in diesem Fall. Denn im Gegensatz zu Eheleuten werden Lebensgemeinschaften bei der Erbschaftsteuer wie Fremde behandelt. Zahlen verdeutlichen den daraus resultierenden großen Unterschied. Der Freibetrag beim Nachlass beträgt bei Eheleuten 500 000 Euro. Unverheiratete können nur 20 000 Euro steuerfrei erben. Angenommen das Erbe ist 250 000 Euro wert. Dann zahlt der überlebende Ehepartner gar keine Erbschaftsteuer, die unverheiratete Partner/-in muss nach Abzug des Freibetrags 230 000 Euro versteuern. Bei einem Steuersatz von 30 Prozent verlangt das Finanzamt 69 000 Euro, und zwar umgehend.
Günstigere Haftpflichtpolice wählen
Üblicherweise sichert sich jeder gegen bestimmte Schäden ab. So verfügen die meisten Menschen über eine Haftpflichtversicherung. Nach einer Hochzeit kann die Zusammenlegung von Policen die Kosten dafür senken. In der Regel bleibt der ältere Vertrag unangetastet, der jüngere wird gekündigt. Bei der Haftpflichtpolice sind Eheleute automatisch mitversichert. Die zweite Police kann durch ein Sonderkündigungsrecht schnell aufgelöst werden. Sinnvoll ist die Anpassung von Deckungssummen, etwa wenn ein Paar erst mit der Hochzeit zusammen in eine größere Wohnung zieht.
Beim Rechtsschutz oder einer Auslandsreisekrankenversicherung rät die Württembergische Versicherung zur Umstellung auf eine Familienversicherung. Das habe zwei Vorteile. So seien Ehepartner und Kinder dadurch mitversichert. Und die Policen seien für beide Partner oft günstiger als zwei einzelne Verträge. Kompliziert sind die Regelungen bei der gesetzlichen Krankenversicherung. Sie bietet eine Familienversicherung, bei der Ehepartner ohne eigene Beitragszahlung mitversichert sind. Dafür müssen jedoch eine ganze Reihe von Bedingungen erfüllt werden, etwa darf der oder die Mitversicherte keine eigenen sozialversicherungspflichtigen Einkünfte erzielen. Für wen die Familienversicherung in Frage kommt, erklären die Verbraucherzentralen unter www.verbraucherzentrale.de .
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