Heidelberg. Obstkörbe auf dem Schreibtisch und kostenloses Wasser im Büro? Mittagessen-Gutscheine aus Papier? Mit solchen Dingen können Firmen im Wettbewerb um Fachkräfte kaum noch punkten, davon sind David Wambsganss und Friedrich Villhauer überzeugt. „Gerade kleine Firmen und Mittelständler sind beim Thema Mitarbeiter-Benefits oft nicht auf der Höhe der Zeit und können mit internationalen Konzernen nicht mithalten“, sagen sie. Mit ihrem Start-up become.1 wollen die jungen Unternehmer aus Heidelberg eine Lösung bieten - und sich so am Markt etablieren.
Umfrage bei Belegschaften
Kern des become.1-Geschäftsmodells ist eine digitale Plattform, über die Firmen Mitarbeiter-Benefits anbieten und zentral verwalten können. Dabei geht es vor allem um Zuschüsse, die Arbeitgeber ihren Beschäftigten in gewissem Umfang steuer- und sozialabgabenfrei gewähren dürfen. Letzteres macht sie finanziell attraktiver als eine einfache Gehaltserhöhung.
Gefördert werden können nicht nur Mahlzeiten und Bus- und Bahntickets, sondern zum Beispiel auch der private Internetanschluss, ein Yogakurs, oder die Betreuungskosten für die Kita. Selbst zum Besuch im Kosmetikstudio oder im Kino kann der Arbeitgeber monatlich etwas dazugeben. „Da gibt es sehr viele Möglichkeiten. Aber gerade in kleineren Betrieben fehlen in der Verwaltung und Lohnbuchhaltung oft die Zeit und das Know-how, um das gut zu organisieren“, erklärt become.1-Mitgründer Villhauer.
Auf der Plattform des Start-ups gibt es mehrere Module. Zum Beispiel kann ein Betrieb für einzelne Mitarbeitende ein bestimmtes Budget freischalten: Die Beschäftigten können dann selbst zwischen verschiedenen Optionen wählen, für die sie den Zuschuss verwenden können. „Bisher machen viele Arbeitgeber solche Angebote nach dem Gießkannen-Prinzip: Da wird dann zum Beispiel für alle in der Firma eine Rückenschule angeboten, man trifft aber damit nur das Bedürfnis von einem Teil der Belegschaft“, sagt Wambsganss.
In einem anderen Modul bekommen die Mitarbeiter eine Art monatliches steuerfreies Taschengeld, das sie bei verschiedenen regionalen Partnern ausgeben können: Restaurants, Bars, Fitnessstudios oder kulturelle Anbieter, die become.1 vor Ort zusammenstellt. Die Abwicklung und Bezahlung läuft komplett über die become.1-Plattform. „Bei der Auswahl kann die Belegschaft über eine Umfrage direkt einbezogen werden, damit die Angebote wirklich zu ihren Bedürfnissen passen“, erklärt Villhauer. Für Kunden im Raum Heidelberg habe man inzwischen ein Netz mit rund 100 Partnerfirmen aufgebaut, auch in Freiburg und Stuttgart kooperiere man schon mit Partnern.
Mit dem Wunsch, ein Unternehmen zu gründen, haben sich die beiden schon vor einigen Jahren während ihres Studiums in Ludwigshafen beschäftigt. „Wir haben mit vielen Ideen jongliert, aber da ist damals nichts daraus geworden“, erinnert sich Wambsganss. Nach ihrem Abschluss fingen beide deshalb erst einmal als Angestellte bei verschiedenen Unternehmen an: Villhauer bei PWC in Frankfurt, Wambsganss bei Salesforce in Irland.
Neue Finanzierungsrunde geplant
Dort besuchte ihn Villhauer - und beim Bier abends im Pub entstand schließlich die Idee zu become.1. „Wir haben uns darüber unterhalten, dass in Konzernen großer Leistungsdruck herrscht, diese Firmen aber gleichzeitig die Ressourcen haben, um ihren Mitarbeitenden einen Ausgleich anzubieten. Unsere These war, dass das für kleinere Unternehmen genauso Sinn machen würde, sie aber oft nicht genügend Kapazitäten haben. So kam der Gedanke, dafür ein digitales Angebot zu entwickeln.“
Um zu überprüfen, ob dafür tatsächlich Bedarf besteht, mieteten die beiden kurzerhand für eine Woche eine Ferienwohnung im Schwarzwald - und klemmten sich dort ans Telefon. „Wir haben Mittelständler in Heidelberg und Umgebung angerufen, ihnen von unserer Idee erzählt und gefragt, ob Sie bereit für einen Austausch wären. Die Resonanz war super. Nach zwei Tagen haben wir aufgehört, Termine zu vereinbaren, weil es sonst zu viel geworden wäre.“
Im März 2020 waren die beiden schließlich auch technisch startklar - dann kam die Pandemie und die gerade neu gewonnen Kunden gingen erst einmal auf die Bremse. „Das hat im Geldbeutel schon wehgetan, zumal wir uns am Anfang nur über Ersparnisse und einen privaten Kredit finanziert haben“, sagt Villhauer. „Gleichzeitig hat uns die Zwangspause genutzt, weil wir in der Zeit unser Angebot erweitert haben. Dadurch stehen wir jetzt auf breiteren Füßen.“
Seit August 2020 ist das Start-up nun tatsächlich am Markt - und auf Wachstumskurs. Knapp 50 Kunden hat become.1 nach eigenen Angaben inzwischen, das Team ist auf elf Mitarbeitende gewachsen. „Im Moment stellen wir weitere Vertriebler ein, um zu skalieren“, sagt Wambsganss. Dafür wollen die beiden Gründer auch neues Kapital suchen: Nachdem sie im Januar bereits 200 000 Euro bei Business Angels eingesammelt haben, ist für Anfang 2022 eine weitere Finanzierungsrunde geplant.
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