Heidelberg. Sie warten schon. Die Sonne knallt, es sind 26 Grad. Auf dem Gelände fahren Lastwagen, Gabelstapler. Einen Moment fühlt es sich an, als befinde man sich in einem Stop Motion Film, der zeigt, wie eine Spedition funktioniert. Fahrzeuge bewegen sich. Bleiben stehen. Fahren wieder. Parken ein. Stehen. Fahren rückwärts. Es piept. Die Wartenden: Heike Dinkel und Jürgen Reising. Sie wollen über das Areal der Heidelberger Fachspedition Fels führen. Zeigen, was Fels alles kann, macht - und gemacht hat.
Kunstwerke auf dem Areal
Heike Dinkel ist die Pressesprecherin der Spedition, Reising der Betriebsleiter. Beide seit Jahren, teils Jahrzehnten im Betrieb. Und sie wirken ausgeglichen. Ruhig, glücklich. In einem Betrieb, dessen Branche für ein ruppiges Arbeitsklima bekannt ist. Für schlechte Arbeitsbedingungen, Mehrarbeit und wenig Lohn. Nicht bei Fels. Hier wirkt alles und jeder positiv, zufrieden, irgendwie bunt. Die Regenbogenfahne am Eingang zum Areal unterstreicht dieses Bild.
„Als wir hörten, was in Ungarn los ist und welche Aufregung es um das Olympiastadion gab, haben wir sofort reagiert.“ Reising spricht von dem ungarischen Gesetz, das die Informationsfreiheit über Homo- und Bisexuelle, Transgender und queere Menschen einschränkt, und den Ärger darüber, dass die Stadt München ihr Fußballstadion während der Europameisterschaft in den Regenbogenfarben beleuchten wollte. Die EM ist vorbei, der Pride Month auch. Die Fahne in Heidelberg - sie weht.
Bunt ist nicht nur die Firmenphilosophie. Bunt ist auch das Gelände. Überall findet man sogenannte Murals. Graffitis an Hauswänden oder Containern. Auch der Mannheimer Schauspieler und Künstler Cédric Pintarelli hat sich hier verewigt. „Viele nennen es Gekritzel“, erklärt Reising. „Aber wir finden es toll. Das ist Kunst.“ Ein Zitat des Künstlers schmückt gar die Fels-Website: „Graffiti ist ein Image. Das, was du sein willst. Dein Weg. Dein Zeichen. Deine Linie. Dein Merkmal.“
Die Werke entstanden dort nach und nach. Begonnen hat es 2015. Seitdem unterstützt Fels das Metropolink - ein Kunstfestival in Heidelberg. Soziales Engagement wird hier großgeschrieben. Schon immer. Selbst zur Nazi-Zeit. Fels wurde 1935 gegründet. Der Familienchef Fritz Fels Senior - er begann die Arbeiten der Spedition noch mit Pferdewagen. Und er machte keinen Hehl daraus, dass er gegen das Hitler-Regime war. Nach dem Krieg vergrößerte man sich. In den 1960er Jahren spezialisierte sich die Firma zunehmend auf Maschinentransporte. Fels’ Sohn, Fritz Fels Junior, hatte sich schon eingebracht. Und von seinem Erfindergeist profitieren Möbelpacker bis heute. Denn Anfang der 1960 Jahre erfand er den Möbel-Schrägaufzug, den er auch zum Patent anmeldete.
Die Fachspedition bietet neben dem klassischen Umzug auch Büroumzüge, Maschinentransporte, Fahrzeugtransporte, Lagerungsmöglichkeiten. Und der Erfindergeist - er lebt hier noch immer. Vor allem in Betriebsleiter Reising. Der Mann, der eigentlich aus der Maschinenbau-Branche kommt, lebt sozusagen ein Doppelleben im Hause Fels. Maschinenbau - Logistik. Denn die Spedition entwickelt Sonderanfertigungen für besondere Lieferungen, etwa für Firmen aus der Region, die zu den Stammkunden zählen. Für die gibt es eigene Konstruktionen. Erfunden von Reising, gebaut in der hauseigenen Schlosserei oder Holzwerkstatt.
Seit jeher ist Fels im Familienbesitz. Nun schon in der dritten Generation. Thomas Beck ist seit 1999 Geschäftsführer. Seine Tochter Nadine übernimmt den Betrieb einmal. Die 29-Jährige wird schon eingearbeitet. Beim Mittagessen erzählt sie, wie wichtig ihr dieses Haus ist. Wie sie dort aufwuchs - ihre Wohnung steht auch auf dem Gelände.
Frau, Mutter, Chefin
Als Frau in so einer vermeintlichen Männerwelt? Wird die junge Beck da überhaupt ernstgenommen? Von den 90 bis 100 Mitarbeitenden? Ja. Offenbar schon, wie sie erklärt. „Ich wollte nicht von außen kommen und dann allen sagen, was sie zu tun und zu lassen haben“, sagt sie. Nein, sie wollte alles von der Pike auf lernen. Geht durch alle Abteilungen im Haus. Das wird Jahre dauern. Aber so will sie es, und der Vater findet das gut - ist stolz auf seine Tochter, die zusätzlich zum Beruf auch junge Mutter ist.
Und die Corona-Krise? Klar hat sie auch Speditionen - und damit auch Fels - getroffen. Trotzdem hat Fels investiert. Neue Lagerhalle, neuer Fuhrpark und: Gerade als Corona in Europa ankam, erweiterte sich die Fels-Familie. Die Tochterfirma FES war geboren. Mit ihr wird ein neues Geschäftsfeld erreicht: Lieferungen. In Zusammenarbeit mit der Spedition von Hermes liefert FES etwa Küchen, Sofas oder große Elektrogeräte von Handelspartnern aus.
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