Sanitäranlagen - An Raststätten sind Bezahltoiletten gang und gäbe / Kaufhäuser verpachten ihre Kundentoiletten

Geschäft mit dem stillen Örtchen

Von 
Mirjam Moll
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Wer unterwegs mal muss, muss dafür auch immer öfter in die Tasche greifen. Über die Umsätze schweigen sich die Unternehmen meist aus.

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Mannheim. . Es ist das Geschäft mit dem Geschäft: An Raststätten ist es seit Jahren gang und gäbe, für den Luxus hygienisch sauberer und selbstreinigender Toiletten einen Obolus zu entrichten. Sanifair ist einer der größten Anbieter von Bezahltoiletten in ganz Deutschland. 350 Tankstellen und 390 Raststätten bundesweit betreibt das Sanifair-Mutterunternehmen Tank und Rast seit 2004 mit diesem Modell.

Der Toilettengang kostet 70 Cent, 50 Cent bekommt der Kunde in Form eines Wertgutscheins zurück, den er an der Raststätte beim Einkauf einlösen kann, 20 Cent behält Tank und Rast direkt ein. Mittlerweile nutzen auch über 30 Einkaufszentren bundesweit das Konzept von Sanifair, Tendenz steigend. Wie viel das Unternehmen damit verdient, will es auf Anfrage dieser Zeitung nicht preisgeben.

Anderer Ort, gleiches Prinzip: Rail and Fresh heißt das Modell an einigen großen Bahnhöfen in Deutschland, so auch in Mannheim. Die Firma Hering Bau hat die Toilettenanlage dort seit 2011 gepachtet. Hier zahlt der Reisende sogar einen Euro für die Nutzung des hygienischen Örtchens, erhält aber nur 50 Cent als Wertbon zurück. Auch bei diesem Modell kann der Betrag nur beim Kauf in Partnerläden von Rail und Fresh eingelöst werden. Wie aber lässt sich der höhere Preis im Bahnhof rechtfertigen? Hering Bau beruft sich unter anderem auf Wartungs- und Sanierungskosten. Zum Umsatz gibt das Unternehmen keine Auskunft. Rail and Fresh gibt es an Bahnhöfen wie Berlin, Düsseldorf, Duisburg, Erfurt, Frankfurt, Hamburg, Koblenz, Mainz, Stuttgart und München.

Tausende Reisende, die dort ihre Notdurft verrichten - jeden Tag. Das Geschäft brummt. Gerade an Knotenpunkten lasse sich die Toilettenbetreuung nicht mehr anders regeln, erklärt ein Sprecher der Deutschen Bahn: "Die Leute erwarten saubere Toiletten. Dafür wird dann eben ein Obolus fällig." Teilweise betreibe die Bahn aber noch selbst die Toiletten. Doch auch hier müsse der Reisende zahlen: "Öffentliche Toiletten kostenlos anzubieten, hat zur Folge, dass sie nach drei Stunden unbrauchbar sind", rechtfertigt er das Modell. Zu oft seien die WCs von Vandalen zerstört worden.

Werbung als Finanzierung

Selbst öffentliche Toiletten sind oftmals nicht mehr Sache der Stadt: In Mannheim hat die Firma JC Decaux Toiletten aufgestellt. Hier kostet der Gebrauch 50 Cent, an der Außenwand ist zudem Werbung angebracht. "Die 50 Cent sind eher als Schutzgebühr zu betrachten", erklärt ein Sprecher. Bundesweit betreiben JC Decaux und Partner Wall AG mehr als 450 öffentliche WCs. Was das Unternehmen dabei einnimmt, sagt der Sprecher nicht. Die Toiletten würden aber hauptsächlich über die Werbung finanziert.

Auf das Geschäft mit den Toiletten sind inzwischen auch einige Betreiber von McDonalds-Filialen gekommen. Wer kein zahlender Kunde ist, muss gegebenenfalls zahlen, um auf die Toilette gehen zu dürfen. Eine Reaktion darauf, dass zu viele Leute die WCs nutzten, ohne vorher etwas gekauft zu haben? In den Mannheimer Filialen der Fastfoodkette gebe es bislang kein Bezahlmodell, erklärt ein Sprecher. Als Franchise-Unternehmen sei es aber jedem Betreiber selbst überlassen, ob er für den Toilettengang Geld verlangen wolle. Eine einheitliche Linie gebe es nicht.

Und in Kaufhäusern hat man selbst als zahlender Kunde mittlerweile das Gefühl, die Toilette nicht mehr benutzen zu können, ohne vorher eine Münze auf den Teller zu legen. Meistens sitzt jemand im Eingangsbereich der Toiletten, manchmal steht ein Schild auf einem Tischchen, das zu einer Zahlung auffordert. Doch wer bekommt dieses Geld? Muss man überhaupt zahlen?

Galeria Kaufhof betreibt 105 Filialen. Für seine Kundentoiletten beschäftigt das Unternehmen Dienstleister oder verpachtet an Fremdfirmen, so ein Sprecher. Über die Höhe der Einkünfte durch Verpachtungen gibt Galeria Kaufhof keine Auskunft. Das Personal werde von den jeweiligen Fremdfirmen eingestellt. Die Benutzung der Toiletten sei für Kunden kostenlos. Über das Geld, das diese freiwillig zahlen, verfüge die jeweilige Fremdfirma, wie in Mannheim der Anoman Clean-Service. Auf die Frage, ob die Toilette gepachtet sei oder die Firma von Kaufhof bezahlt wird, antwortet Geschäftsführer Michel Anoman nur: "Das ist ein Betriebsgeheimnis." So oder so, mit der Notdurft scheinen sich gute Geschäfte machen zu lassen - nur reden will keiner darüber.

Kostenpflichtige WCs

Tank und Rast zählt mit Sanifair zu den größten Betreibern von Bezahltoiletten an Raststätten.

Inzwischen gibt es Sanifair-WCs auch an Bahnhöfen und in Einkaufszentren. 70 Cent zahlt man dafür, 50 Cent gibt es als Wertbon zurück.

Rail und Fresh ist ein ähnliches Modell der Firma Hering Bau, das sich auf Bahnhöfe konzentriert. Hier kostet der Toilettengang einen Euro, 50 Cent gibt es als Wertbon zurück.

Städte beauftragen zunehmend Werbefirmen als Träger öffentlicher Toiletten. In Mannheim übernimmt das die Firma JC Decaux. mimo

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