Arbeitsrecht - Kläger kämpft um die Erhöhung seiner Betriebsrente / Normalerweise müsste sie alle drei Jahre aufgestockt werden

Firma kann Zahlung begrenzen

Von 
Uta-Caecilia Nabert
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Betriebsrenten müssten regelmäßig an die Inflation angepasst werden - doch ein Unternehmen kann sich auf Ausnahmeregelungen berufen.

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Ludwigshafen. "Ich empfehle Ihnen, die Klage fallenzulassen, dann müssen Sie nichts zahlen. Andernfalls wird sie kostenpflichtig abgewiesen." Eva-Maria Hirsch, Richterin am Arbeitsgericht Ludwigshafen, wendet sich mit diesen Worten an den Kläger. Peter Grün (Name von der Redaktion geändert) denkt nach, dann nimmt er die Klage zurück. Es ist das dritte Mal, dass er vor dem Arbeitsgericht Ludwigshafen verliert - immer in derselben Sache.

Der Rentner wirft seinem früheren Arbeitgeber, der Bopp&Reuther Messtechnik GmbH, vor, die Betriebsrente seit vielen Jahren nicht mehr an die Inflation angepasst zu haben. Und laut § 16 des Betriebsrentengesetzes (BetrAVG) haben Rentner Anspruch darauf, dass sie regelmäßig angehoben wird.

Wirtschaftliche Lage zählt

Im Falle Grüns hat sein ehemaliger Arbeitgeber bisher immer mit "Sanierungsanstrengungen" argumentiert. Deswegen könne er die Betriebsrenten nicht erhöhen. Das Arbeitsgericht in Ludwigshafen hat Bopp&Reuther bisher immer recht gegeben. In seinem Fall formuliert nämlich das Gesetz: "Die wirtschaftliche Lage des Arbeitgebers (ist) zu berücksichtigen." Dennoch nimmt der 69-Jährige sein Recht in Anspruch, alle drei Jahre eine Anpassung, also Erhöhung seiner Rente, prüfen zu lassen.

Ist ein Unternehmen wirtschaftlich dazu in der Lage, muss es die Betriebsrente dem Verbraucherpreisindex angleichen, den das Statistische Bundesamt ermittelt. Ist der Index gestiegen, muss sie mindestens im selben Umfang steigen. Oder die Firma passt die Rente an die Nettolöhne vergleichbarer Arbeitnehmergruppen im Unternehmen an.

"In der Regel prüfen Experten, ob das Unternehmen liquide ist", sagt Karl Heinz Große vom Bundesverband der Betriebsrentner (BVB). Allerdings sei es auch möglich, dass der Richter die Bilanz selbst ansieht. So geschehen im Falle Grüns. Dieser ist sich seiner Sache sicher, auf einen Anwalt verzichtet er, vertritt sich selbst. Doch davon rät Große ab: "Jeden Tag werden solche Prozesse verloren, vor allem, wenn jemand alleine prozessiert, ohne rechtliche Kenntnisse." Das sei ein zu kompliziertes Gebiet, so der Geschäftsführende Vorstand des BVB. Er rät: "Zunächst sollte sich ein Rentner informieren, wie das mit der Rente in seinem Unternehmen ist." Er solle es anschreiben und sein Recht einfordern. "60 bis 70 Prozent der Betriebe wollen die Rente aber nicht anpassen." Als Beispiel nennt Große ein großes IT- und Beratungsunternehmen. "Es hat 18 000 ehemalige Mitarbeiter, deren Rente es 2008 und 2009 nur geringfügig angepasst hat." Das sei aber nicht rechtens gewesen. Und trotz der vielen ehemaligen Arbeitnehmer mit einem Anspruch: "Eine Sammelklage war hier nicht möglich. Jeder musste einzeln vor Gericht ziehen, das Urteil gilt immer nur für den entsprechenden Kläger."

Was Peter Grün in seinem Fall ebenfalls ärgert, ist eine Klausel in seiner Vereinbarung zur Betriebsrente, die da lautet: "Wir behalten uns Kürzungen der Betriebsrente vor" - seiner Meinung nach unzulässig. Karl Heinz Große aber sagt: "Das steht in vielen Verträgen so und ist auch erlaubt. Aber seit 1974 das Betriebsrentengesetz in Kraft getreten ist, ist sie nicht mehr gültig."

Derzeit kann Grün nichts weiter machen. Die Richterin kommt zu dem Schluss: "Sie sind mit der derzeitigen Rechtsprechung nicht einverstanden. Aber, solange das Gesetz ist wie es ist, wird sich für Sie nichts ändern." In drei Jahren kann Grün seinen Anspruch wieder prüfen lassen. Er sagt: "Ich werde auf jeden Fall weitermachen."

Betriebsrentengesetz: 1974 in Kraft getreten. Für die Regelung ...

Betriebsrentengesetz: 1974 in Kraft getreten. Für die Regelung der betrieblichen Altersvorsorge (Betriebsrente) zuständig. Klärt insbesondere - Insolvenzschutz - gesetzliche Fristen für die Unverfallbarkeit - Zuweisung der Entgeltumwandlung.

BVB: Bundesverband der Betriebsrentner. Sein Ziel: auf allen politischen und wirtschaftlichen Ebenen für die Beibehaltung der laufenden Anpassung der Betriebsrenten an die Lebenshaltungskosten kämpfen. Agiert bundesweit; finanziert sich aus Mitgliedsbeiträgen. www.bvb-betriebsrenten.de. ucn

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