Fatale Signalwirkung

Von 
Birgit Müller
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Erkennbar als Arbeitnehmer der DB Regio postet ein Lokführer das Bild des KZ-Tors in Auschwitz auf seiner Facebook-Seite, das vom Arbeitsgericht Mannheim in Verbindung mit Flüchtlingen als "menschenverachtend" und "tabuüberschreitend" bezeichnet wird. Trotzdem hat der Eintrag keine Konsequenzen für den Mann: Seine Kündigung wird für unwirksam erklärt.

Ein befremdliches Urteil, das ausschließlich in Anbetracht des Einzelfalls nachzuvollziehen ist: Der Lokführer sei sich nach Einschätzung des Gerichts nicht über die Konsequenzen seines Eintrags bewusst gewesen.

Doch mutmaßliche Einfalt darf nicht vor Strafe schützen. Mindestens eine Abmahnung wäre angebracht gewesen. Denn die Signalwirkung des Urteils ist fatal: Zurecht hatte DB Regio einen Vergleich abgelehnt. Nur ein Urteil kann Arbeitgebern Handlungssicherheit in vergleichbaren Fällen geben. Wird Arbeitnehmern nun aber vermittelt, dass unüberlegtes Verhalten in sozialen Netzwerken folgenlos bleibt, steht die Gesellschaft wieder am Anfang der Facebook-Debatte: Das soziale Netzwerk wird kritisiert, weil es menschenverachtende Kommentare unter dem Deckmantel der Meinungsfreiheit stehen lässt - ohne Konsequenzen. Ein mutigeres Urteil hätte nun Arbeitgebern die Chance gegeben, resolut dagegen vorzugehen. Diese Chance wurde vorerst verspielt.

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