Berlin. Verspätungen und Zugausfälle sind im Bahnverkehr zwar an der Tagesordnung. Doch statt stärkerer Fahrgastrechte haben Reisende nun schlechtere Karten bei Entschädigungen. Grund dafür ist eine EU-Verordnung, die Einschränkungen bei den Regelungen für den Schadenersatz vorsieht. Das sind die wichtigsten Punkte.
Unpünktlichkeit
Kommt ein Zug zwischen 60 und 119 Minuten zu spät an, können Kunden 25 Prozent des Fahrpreises zurückbekommen. Voraussetzung ist ein Antrag dafür beim jeweiligen Bahnunternehmen. Bei Verspätungen von mehr als zwei Stunden werden 50 Prozent der Kosten zurückerstattet. Neu ist dabei eine erhebliche Einschränkung des Anspruches.
Zugausfälle
Hier gelten im Prinzip dieselben Regeln wie bei Verspätungen. Ist eine Weiterfahrt nicht möglich, muss die Bahn auch für Übernachtungen aufkommen. Kunden können sich auch kostenlos zum Startbahnhof zurückbringen lassen.
Höhere Gewalt
In einigen Fällen entfällt der Erstattungsanspruch. Wenn das Bahnunternehmen an einem Zugausfall oder einer Verspätung keine Schuld trägt, gehen die Reisenden leer aus. Das gilt zum Beispiel bei extremen Wetterlagen und von Dritten verursachten Störungen an der Strecke, etwa bei einem Polizeieinsatz, oder auch wenn Technik gestohlen wird und ein Zug deshalb nicht fahren kann. Die Deutsche Bahn versichert, dass sie von der Regelung nur bei extremen Unwettern Gebrauch machen und auch dann noch Kulanz zeigen will. Streiks gelten nicht als höhere Gewalt. Hier gilt die Entschädigungspflicht weiter.
49-Euro-Ticket
Die Inhaber des neuen Nahverkehrstickets haben weniger Rechte als „normale“ Bahnfahrer. Sie dürfen nicht wie gewohnt kostenlos mit einem anderen Zug, etwa dem IC oder ICE, weiterfahren. Als Grund führt die Bundesregierung an, dass die Tickets stark ermäßigt seien. Für die Chefin des Bundesverbands der Verbraucherzentralen, Ramona Pop, ist diese Einschränkungen unverständlich. „Um mehr Menschen für Busse und Bahnen zu gewinnen, braucht es genau das Gegenteil: starke Rechte bei Unpünktlichkeit oder Zugausfall“, sagt sie.
Weitere Leistungen
Bei einer Verspätung von mehr als 60 Minuten kann das Bahnunternehmen die Kundin oder den Kunden auf einen späteren Zug umbuchen, notfalls auch bei einem anderen Anbieter. Außerdem muss es Speisen und Getränke für die Wartezeit anbieten.
Schafft es die Bahn nicht, Passagiere innerhalb von 100 Minuten auf einen anderen Zug umzubuchen, dürfen Kunden dies selbst in die Hand nehmen und auch eine Weiterfahrt per Bus buchen. Die Kosten können dem Unternehmen in Rechnung gestellt werden. Voraussetzung ist, dass sich der Bahnanbieter mit dem Vorgehen einverstanden erklärt hat.
Die Frist
Die Verordnung sieht auch eine verkürzte Anmeldefrist für Entschädigungen vor. Statt wie bisher zwölf Monate haben die Passagiere künftig nur noch drei Monate Zeit, ihren Antrag zu stellen. Allerdings hat die Deutsche Bahn angekündigt, sich bei der künftig geltenden EU-Verordnung kulant zu zeigen und auch später eingehende Anträge noch zu bearbeiten.
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