Hygienepapier

Essity baut in Mannheim - trotz noch fehlender Genehmigung

Von 
Joana Rettig
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Der Bau der neuen Essity- Zellstofffabrik im Mannheimer Stadtteil Sandhofen geht voran. © Thomas Tröster

Mannheim. 2020 mit dem Bau begonnen, im Februar dieses Jahres Richtfest gefeiert – doch noch sind nicht alle Genehmigungen erteilt. Auf dem Werksgelände des Hygienepapierherstellers Essity entsteht für rund 40 Millionen Euro eine Anlage, mit der Weizenstroh zu Zellstoff – und so letztlich zu Hygienepapier – verarbeitet werden kann. Angaben des zuständigen Regierungspräsidiums Karlsruhe (RP) zufolge ist allerdings das immissionsschutzrechtliche Verfahren noch nicht abgeschlossen. Der Bau findet auf Grundlage einer Teilbaugenehmigung der Stadt Mannheim statt, wie die Verwaltung auf Anfrage bestätigte.

Innerhalb dieses immissionsschutzrechtlichen Verfahrens werden auch andere Genehmigungen erteilt, erklärt das RP auf Anfrage dieser Redaktion. „Im vorliegenden Fall sind das die Baugenehmigung für die Anlage und die wasserrechtliche Eignungsfeststellung für die Lagerung wassergefährdender Stoffe.“ Wann das Verfahren beendet sein wird, steht noch nicht fest. Das Verfahren wird mit Beteiligung der Öffentlichkeit durchgeführt, schreibt eine Sprecherin des RP. Eine Frist für Einwendungen endet am 28. Mai. Ein eventueller Erörterungstermin, an dem sich auch Essity äußern kann, soll wohl am 22. Juni stattfinden. „Ob der Erörterungstermin durchgeführt wird, entscheidet das Regierungspräsidium Karlsruhe nach dem Ablauf der Einwendungsfrist nach pflichtgemäßen Ermessen.“

Unternehmen ist optimistisch

Sollten am Ende nicht alle Genehmigungen erteilt werden, hätte Essity auf eigenes Risiko gebaut, und dürfte die Anlage in letzter Konsequenz nicht in Betrieb nehmen. Das RP äußert sich dazu jedoch nicht. Derzeit werde geprüft, ob die Genehmigungsvoraussetzungen vorliegen. Essity ist da optimistisch: „Im Zuge des Planungsverfahrens hat Essity eine detaillierte Umweltverträglichkeitsprüfung durchgeführt und offengelegt“, schreibt eine Sprecherin. „Die Genehmigung der Anlage als solche durch das Regierungspräsidium ist auch dann nicht gefährdet, wenn einzelne Detailfragen noch zu klären sind.“

Geplant ist die Zellstoffproduktion aus jährlich 70 000 Tonnen Stroh, um daraus rund 35 000 Tonnen Zellstoff zu gewinnen. Dafür hat Essity bisher eine Teilbaugenehmigung der Stadt Manheim bekommen. „Es wurde eine Teilbaugenehmigung mit Teilbaufreigabe für die Fundamentarbeiten und die Stahltragekonstruktion der Anlage erteilt, eine Baubeginnsanzeige für diese eingeschränkten Arbeiten liegt der Stadt vor“, heißt es aus der Verwaltung. Grundsätzlich liege die Zuständigkeit der Zulassungsverfahren nach dem Bundesimmissionsschutzgesetz beim Regierungspräsidium Karlsruhe.

Einer der Kritiker dieses Bauvorhabens ist der Verein Umweltforum Mannheimer Agenda 21. Laut ihm haben Zellstofffabriken einen großen Energie- und Wasserverbrauch. Zudem fielen durch einen hohen Chemikalieneinsatz erhebliche Abwassermengen an. In einem Gespräch mit dieser Redaktion im Oktober 2020 hatte Essity den Energieverbrauch im Vergleich zur Holzverarbeitung gelobt. Die angepriesene Nachhaltigkeit der Zellstoffherstellung aus Stroh sei allerdings bisher nicht belegt, heißt es beim Umweltforum.

„Zudem soll das Stroh per LKW angeliefert werden und nicht über den vorhandenen Bahnanschluss“, gibt der Verband zu bedenken. „Viel ökologischer wäre es, Zellstoff für Hygienepapiere wie Toilettenpapier und Papiertücher nicht aus Frischfasern, sondern aus Recyclingmaterial herzustellen.“

Gesamter Prozess vor Ort

Das Essity-Werk in Mannheim ist das größte des Konzerns innerhalb Europas. Der gesamte Herstellungsprozess – vom Holz bis zum Endprodukt – findet vor Ort statt. Bisher werden dort unter anderem jährlich 220 000 Tonnen Zellstoff aus Holzfasern produziert. Damit stellt das Unternehmen Küchentücher, Toilettenpapier und Taschentücher für Zewa, Danke, Tork, und einzelne Handelsmarken her.

Nach Unternehmensangaben handelt es sich bei dem Neubau auf einer Fläche von 8000 Quadratmetern um eine Pilotanlage. Dadurch könne zukünftig erstmalig Zellstoff auf der Rohstoffbasis von Weizenstroh hergestellt werden. Man sei damit in der Lage, drei nachhaltige Faserarten für die Herstellung der Hygienepapiere einzusetzen: zertifizierte Frischfasern, Recyclingfasern und alternative Fasern aus Weizenstroh. Für den Rohstoff aus der Region werde innerhalb des Werks ein Lager errichtet.

Redaktion Wirtschaftsreporterin

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