Frankfurt. Die Zinswende macht es möglich: Verbraucherinnen und Verbraucher bekommen wieder einen kleinen Ertrag, wenn Sie ihr Geld auf ein Sparkonto packen. Das so genannte Festgeldsparen ist wieder im Kommen. Schon immer legen die Deutschen ihr Geld gern auf klassischen Sparkonten an. Doch in den vergangenen Jahren hatte sich das wegen des niedrigen Zinsniveaus einfach nicht mehr gelohnt. Jetzt drängen immer mehr Anbieter - vor allem ausländische Banken - mit Angeboten nach vorn, die lange Zeit illusorisch schienen: „Bei einigen ausländischen Banken sind im einjährigen Bereich inzwischen sogar Zinsen von drei Prozent möglich“, sagt Uwe Döhler, Projektleiter Geldanlage, bei der Stiftung Warentest.
„Allerdings müssen wir auch bedenken, dass die Inflation derzeit immer noch sehr hoch ist“, warnt Döhler. „Reine Zinsprodukte wie Tages- oder Festgelder können den Wertverlust nicht kompensieren.“ Immerhin könnten Festgeld-Produkte aber helfen, den Verlust durch die hohe Teuerung abzumildern. Naturgemäß steigen die Zinsen beim Tagesgeld deutlich langsamer als bei Produkten, bei denen sich die Bankkunden für eine gewisse Zeit binden. Ab einem halben Jahr, sagen Anlageexperten, sind die Zinsen merklich höher als beim Tagesgeld. Deutlich besser ist das Niveau meist ab einer Laufzeit von einem Jahr.
Experten raten von einer zu langen Zinsbindung ab
Viele der Kreditinstitute, die derzeit mit besonders lukrativen Produkten werben, sind jedoch hierzulande kaum bekannt. „Bei den klassischen Filialbanken - Privatbanken, Sparkassen oder Volksbanken - bekommen Sie immer noch so gut wie keine Zinsen“, sagt Döhler. Das liege an den anderen Kostenstrukturen: „Auf der Kostenseite können Filialbanken mit reinen Direktbanken oder Online-Plattformen nicht mithalten. Deshalb sollten sich Anleger am Markt immer nach Alternativen umsehen.“ Von einer zu langen Zinsbindung raten Experten im Augenblick aber ab: Schließlich ist zu erwarten, dass die Zinsen noch weiter steigen.
Gesetzliche Einlagensicherung
Für Banken mit Sitz in der Europäischen Union (EU) und in Norwegen gilt ein gesetzlicher Schutz für Spargeld von 100 000 Euro pro Anleger und Bank. Die Stiftung Warentest empfiehlt dennoch derzeit nur Banken aus EU-Ländern mit Topbewertungen der großen Ratingagenturen.
Das liegt daran, dass es bis heute zwar eine Richtlinie, aber keine wirkliche gemeinsame Einlagensicherung oder Haftung gibt. Erst bis Mitte 2024 müssen die Banken der EU-Mitgliedsländer einen Grundstock an Geld in ihre heimischen Sicherungstöpfe eingezahlt haben – und zwar jeweils in Höhe von 0,8 Prozent der geschützten Guthaben.
Die Experten der Stiftung Warentest bezweifeln, dass die Einlagensicherungstöpfe in Ländern, deren Wirtschaftskraft schwächer eingestuft wird, gut genug gefüllt sind, um Sparer nach einer größeren Bankpleite zeitnah entschädigen zu können. So hätten Kunden nach der Pleite der bulgarischen Corpbank 2014 ein halbes Jahr bangen müssen. sr
Zu finden sind die günstigsten Angebote derzeit zumeist auf Anlageplattformen. Die deutschen Marktführer heißen „Weltsparen“ und „Zinspilot“. Beide gehören zur Berliner Unternehmen Raisin, das nach eigenem Bekunden für mehr als 750 000 Kunden Tages- und Festgelder europaweit anlegt. Kleinere Portale gibt es von Check24, der IKB, der Deutschen Bank und der Norisbank.
Abgesicherte Anlagegrenze von 100 000 Euro
Geschäftsmodell dieser Web-Portale ist die Vermittlung von Anlagemöglichkeiten. Die Kunden erhalten Zugriff auf Anlageprodukte von mehr als 50 zumeist ausländischen Banken. Sie eröffnen über die Website ein Konto bei einer deutschen Partnerbank. Dieses Konto unterliegt dann auch den deutschen Bestimmungen für die Einlagensicherung. Von dem deutschen Verrechnungskonto wird der Betrag an die jeweilige Bank überwiesen, bei der das Geld angelegt werden soll.
Die Verbraucherzentralen raten, die gesetzlich abgesicherte Anlagegrenze von 100 000 Euro je Kontoinhaber und Bank nicht zu überschreiten - sonst drohen bei einer Bank-Insolvenz Verluste für die Sparer. Für den Fall, dass ein Kreditinstitut ausfällt, gilt innerhalb der Euro-Zone analog zur deutschen Regelung die gesetzliche Einlagensicherung, die 100 000 Euro pro Konto garantiert. Innerhalb von höchstens sieben Arbeitstagen sollen Anleger das durch die Pleite verlorene Geld wiederbekommen.
Allerdings raten Verbraucherschützer beim Angebotsvergleich, das Kleingedruckte zu lesen: Besonders gute Angebote sind oft an Bedingungen geknüpft, wie eine Mindestanlagesumme oder -dauer.
Aufpassen bei Abo-Angeboten
Teilweise gibt es auch bei deutschen Nischenbanken wie der Frankfurter ABC-Bank überraschend gute Konditionen. Laut Website bietet diese für Tagesgeld immerhin 1,20 Prozent. Bei einer unbefristeten Anlage mit Kündigungsmöglichkeit nach 90 Tagen: 1,75 Prozent. Bei einer Laufzeit von zwei Jahren winken immerhin drei Prozent. Die Neusser Bank11 bewirbt Neukunden mit 2,3 Prozent für sechs Monate garantiert bei Tagesgeldanlagen und verzichtet auf Mindestbeträge oder Kontoführungskosten: „Anleger sind nicht gezwungen, ihr Geld bei ausländischen Banken anzulegen“, betont Döhler.
Zu den Anbietern, die derzeit mit Tagesgeld-Angeboten auf sich aufmerksam machen, gehören auch Online-Broker wie „Scalable Capital“ und „Trade Republic“: Beide sind eigentlich Spezialisten für den Wertpapierhandel. Und auch hier heißt es aufpassen: Scalable bietet 2,3 Prozent aber nur für Abo-Kunden, die 4,99 Euro im Monat zahlen. Das lohne sich nicht für Kunden, die nur Spargroschen anlegen wollen, sagt Döhler: „Für reine Zinsanleger ist das nicht rentabel.“
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