Zuzenhausen. 125 Mitarbeiter, ein Umsatz von zuletzt knapp 71 Millionen Euro, ein operativer Verlust von 12,7 Millionen Euro. So liest sich die TSG 1899 Hoffenheim Fußball-Spielbetriebs GmbH in Zahlen. Der Bundesligist ist auch ein mittelständisches Unternehmen, das der Metropolregion erhebliche Einnahmen beschert. "Die TSG 1899 Hoffenheim leistet eine beträchtliche steuerliche Wertschöpfung, die die Dimensionen eines normalen Sportvereins weit übersteigen", heißt es in einer Studie der EBS Universität für Wirtschaft und Recht, die gestern in Zuzenhausen vorgestellt wurde.
Auf insgesamt 3,6 Millionen Euro summierten sich die Einnahmen aus direkten und indirekten Steuern in der Bundesliga-Saison 2011/12. Dabei haben die EBS-Wissenschaftler Kosten schon gegengerechnet, die der Stadt Sinsheim als Bundesliga-Standort entstehen, etwa für Ordner oder für Abschreibungen auf Parkplätze an der Rhein-Neckar-Arena. Sie liegen der Studie zufolge bei 500 000 Euro. "Somit generiert die TSG 1899 etwa siebenmal mehr Einnahmen als Kosten für die öffentliche Hand", heißt es in der Untersuchung.
Zu den Steuerzahlungen kommen Aufträge für Waren und Dienstleistungen, die die TSG an Lieferanten in der Region vergibt. Nach Angaben der Studie beläuft sich deren Gesamtwert auf 6,6 Millionen Euro. Gut drei Viertel der Summe fließt an Firmen in Sinsheim oder der Region, etwa für Catering, aber auch für Sicherheit (Rotes Kreuz und Feuerwehr).
Zu Steuern und Bestellungen des Fußball-Bundesligisten kommt noch ein dritter Bereich, in dem die TSG starke wirtschaftliche Impulse in die Region aussendet: die Ausgaben der Stadionbesucher. 30 Euro gibt ein Fan im Schnitt pro Spiel aus - 12 Euro für Bier und Bratwurst direkt im Stadion, 18 Euro davor oder danach in Sinsheim. Hochgerechnet auf die gesamte Saison geben die Fußballbegeisterten 14,3 Millionen Euro in der Stadt, weitere 2,1 Millionen Euro fließen in die restliche Region.
Beachtliche Zahlen, die zu einem eindeutigen Fazit führen. "Für Sinsheim und die Region lohnt es sich ganz klar, einen Fußball-Bundesligisten zu beheimaten", sagte Sascha Schmidt, der die EBS-Studie mitverantwortet hat, gestern in Zuzenhausen. "Es ist sicherlich aber auch noch Luft nach oben." Als Beispiel nannte Schmidt Kombi-Tickets, mit denen Fußballfans auch das Sinsheimer Auto & Technik Museum oder die "Badewelt" - beide in direkter Nachbarschaft zur Rhein-Neckar-Arena - besuchen könnten.
Auch TSG-Geschäftsführer Peter Rettig verdankte der Studie wichtige Erkenntnisse. Zum Beispiel, dass Hoffenheim im Vergleich zu anderen Bundesligisten höher gebildete und einkommensstärkere Fans besitzt - und dass unter ihnen mehr Frauen sind. Gleichzeitig sind die Anhänger im Schnitt älter als bei anderen Vereinen. "Wir müssen mehr junge Leute mitnehmen", folgerte Rettig.
Dass das Image eines Retorten-Clubs, das Hoffenheim bisweilen anhaftet, dabei hinderlich sein könnte, fürchtet der Geschäftsführer nicht. "Unsere Marktforschung hat gezeigt, dass das nach und nach weniger geworden ist. Außerdem gibt es in dieser Hinsicht neue Feindbilder wie etwa Leipzig."
Dass bei den Marketing- und Imageanstrengungen noch Luft nach oben ist, zeigt ein weiteres Ergebnis der EBS-Studie. Demnach waren die insgesamt 1930 Teilnehmer an einer Online-Befragung der Ansicht, dass Eishockey Sportart Nummer eins in der Region ist - in Gestalt der Mannheimer Adler. Die Kufencracks haben die "größte Bedeutung für die Attraktivität im Spitzensport". Die Fußballer rangieren in dieser Rangliste nur auf Platz zwei, gemeinsam übrigens mit Handball (Rhein-Neckar Löwen) und Motorsportveranstaltungen (Hockenheimring).
Neben der Online-Befragung (unter anderem auf der 1899-Homepage) haben die Autoren der EBS Statistiken ausgewertet und persönliche Interviews mit Entscheidungsträgern der Region geführt. Die Studie, betonte Schmidt, ist nicht repräsentativ.
Alptraum der TSG-Fans
Die Wissenschaftler der EBS haben in der Studie auch nach den "größten sportlichen Alpträumen" der Teilnehmer gefragt.
Häufigste Antwort: "Die Familie Hopp stellt die Sportförderung in Hoffenheim und/oder der Metropolregion komplett ein."
Mit weitem Abstand die zweitschlimmste Vorstellung: "Die TSG Hoffenheim spielt über Jahre nicht in der ersten Bundesliga."
Danach folgte - wieder mit weitem Abstand - die Furcht vor einem einmaligen Abstieg der TSG.
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