Berlin. Vermieter und Versorger erhöhen die Abschlagszahlungen für die Heizkosten. Das ist nicht immer im Sinne der Kunden. Die wichtigsten Fragen und Antworten.
Sind die Sorgen der Verbraucher berechtigt?
Die Furcht vor explodierende Heizkosten hat sich inzwischen in allen Schichten verbreitet. Eine aktuelle Umfrage ergab, dass vier von fünf Haushalten im kommenden Jahr eine hohe Nebenkostenabrechnung befürchten. Die Erwartung ist realistisch. Denn mit der Heizkostenabrechnung für das Jahr 2022 wird sich erst das ganze Ausmaß der gestiegenen Energiekosten zeigen. Die Hälfte der Verbraucher würde eine böse Überraschung bei der Abrechnung gerne vermeiden und gleich höhere Vorauszahlungen leisten. Jeder fünfte Haushalt legt dagegen eher etwas mehr Geld zur Seite, um eine hohe Nachzahlung zu einem späteren Zeitpunkt auf einen Schlag zu begleichen.
Wann dürfen Vermieter die Abschlagszahlungen erhöhen?
Grundsätzlich dürfen Vermieter nach erfolgter Abrechnung des letzten Rechnungszeitraums die Vorauszahlungen anpassen. Eine veränderte Abschlagszahlung muss jedoch anhand des tatsächlich erfolgten Verbrauchs erfolgen. Dabei dürfen die Vermieter jedoch erwartete Preissteigerungen für das Gas berücksichtigen. Das führt aktuell in der Regel zu höheren Abschlagszahlungen. Es ist den Vermietern jedoch nicht erlaubt, bei den Vorauszahlungen eine Art Puffer einzubauen, zum Beispiel zehn Prozent mehr zu fordern als erfahrungsgemäß benötigt wird.
Müssen Mieter die höhere Zahlung akzeptieren?
Gegen eine berechtigte Anhebung der Abschlagszahlungen können Mieter nichts machen. Es bleibt im Einzelfall nur das Gespräch mit dem Vermieter. Dabei kann eine Ratenzahlung oder eine spätere Zahlung der Abschläge vereinbart werden. Dann bleibt beispielsweise Zeit, Wohngeld zu beantragen und damit die höheren Kosten auszugleichen. Anders liegt der Fall, wenn der Vermieter die Vorauszahlungen ohne eine Nebenkostenabrechnung verlangt. Das darf er nicht. Eine Anhebung ist nur einmal jährlich möglich.
Was raten denn die Mietexperten?
Der Deutsche Mieterbund (DMB) rät dazu, vom Vermieter eine Begründung für den Anstieg der Vorauszahlungen einzufordern, sofern es keine gibt. Dazu sollte auch eine Einsicht in die Verträge und Abrechnungen der Versorger ermöglicht werden. Dann könnten Mieter überprüfen, ob das Gas auch wirtschaftlich eingekauft wird oder überteuerte Tarife vereinbart wurden. Das erfordert allerdings einigen Aufwand der Mieter.
Wie ist die Rechtslage bei Eigentümern und bei Gasetagenheizungen?
Beide Kunden haben direkt beim Versorger Lieferverträge für Gas abgeschlossen. Wenn der Versorger nach einer Abrechnung höhere Vorauszahlungen verlangt, ist das noch keine Verpflichtung zur Zahlung. „Das ist ein Vorschlag“, betont der Chefredakteur des Portals Finanztip, Hermann Tenhagen. Kunden können zum Beispiel darauf hinweisen, dass sie weniger Gas verbrauchen, weil sie sich zwischenzeitlich einen Kaminofen eingebaut haben. Das wird der Versorger akzeptieren.
Was tun, wenn das Geld für die höhere Zahlung fehlt?
Augen zu und durch ist in diesem Fall ein schlechter Ratgeber. „Sie sollten in jedem Fall frühzeitig das Gespräch mit dem Vermieter oder der Vermieterin suchen“, rät der Mieterbund. Dazu kann eine Beratung beim örtlichen Mieterverein helfen. Mit den Experten lässt sich klären, ob und welche staatliche Hilfen in Frage kommen. Darüber hinaus ist die Vereinbarung von Ratenzahlungen denkbar. Eine frühe Reaktion ist auch wichtig, um den schlimmsten Fall, die Kündigung der Wohnung, auszuschließen. In der Regel haben Mieter nach einer Abrechnung 30 Tage Zeit, eine Nachzahlung zu begleichen. Tun sie das nicht, könnte es zur Kündigung kommen. Die Gerichte haben darüber in der Vergangenheit unterschiedlich geurteilt. Ganz auszuschließen ist der schlimmste Fall daher nicht.
Halten sich alle Vermieter an die Regeln?
Das ist nicht immer der Fall, wie der Mieterbund feststellt. Ein Teil der Nebenkostenabrechnungen ist zum Beispiel nicht korrekt. Eine Überprüfung der einzelnen Posten ist daher ganz unabhängig von der aktuellen Energiekrise angezeigt. Auch tun sich manche Vermieter schwer, zu viel verlangte Abschlagszahlungen auch pünktlich zurückzuzahlen. Dann hilft nur eine Klage. „Streitigkeiten um die Rückzahlung von Nebenkostenguthaben sind leider nicht unüblich und kosten Zeit, Geld und Nerven“, sagen die Mieterschützer.
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