Verbraucher

Die Schattenseite der steigenden Zinsen

Die EZB stemmt sich mit der dritten Erhöhung in Folge gegen die hohe Inflation. Das hat Folgen für Bauzinsen, Ratenkredite und das Tagesgeldkonto

Von 
Beate Kranz
Lesedauer: 
Vor der Kulisse der Frankfurter Bankentürme steht das große Euro-Symbol. © Frank Rumpenhorst/dpa

Berlin. Der Schritt überrascht nicht, allenfalls seine Größe: Die Europäische Zentralbank (EZB) hat die Leitzinsen für den Euro-Raum erneut um 0,75 Prozentpunkte erhöht. Der Hauptfinanzierungssatz, zu dem sich Banken Geld bei der EZB leihen können, liegt nun bei 2,0 Prozent. Ziel ist es, die drastisch gestiegene Inflationsrate in den Euro-Staaten zu bekämpfen, die im September auf 9,9 Prozent gestiegen war. „Die Inflation ist nach wie vor viel zu hoch und wird für längere Zeit über dem Zielwert bleiben“, sagte EZB-Präsidentin Christine Lagarde am Donnerstag. Der EZB-Rat gehe davon aus, die Zinsen weiter anzuheben, um eine Rückkehr der Inflation auf das Zwei-Prozent-Ziel zu gewährleisten.

Sparer profitieren

Die erneute Zinserhöhung soll die Nachfrage reduzieren, indem sie Kredite und Investitionen verteuert. Gleichzeitig könnte dies auch in vielen Euro-Ländern das Wirtschaftswachstum bremsen. Deutschland erwartet, bereits 2023 in eine Rezession zu schlittern. Die EZB hatte im Juli ihre Nullzinspolitik beendet und erstmals nach 16 Jahren die Leitzinsen um 0,5 Prozentpunkte erhöht, im September folgte eine weitere Anhebung um 0,75 Prozentpunkte.

Kunden erhalten seit der EZB-Zinswende endlich wieder Zinsen für ihre Spareinlagen. Während der Nullzinsphase haben Sparer kaum Erträge bekommen. Vielmehr verlangten Geldinstitute sogar Negativzinsen von ihren Kunden, wenn sie eine bestimmte Summe Geld auf ihren Konten liegen hatten. Dies ist vorbei. Wer sein Geld für zwei Jahre fest anlegt, kann bei deutschen Banken aktuell bis zu 2,4 Prozent Zinsen einstreichen (Varengold Bank), berichtet das Vergleichsportal Verivox unserer Redaktion. Banken mit Sitz im europäischen Ausland zahlen sogar 2,95 Prozent. Für Tagesgeld bieten deutsche Institute bis zu 0,75Prozent (Ford Bank, Cosmos Direkt, Deutsche Pfandbriefbank). Mehrere Banken werben zudem mit Sonderkonditionen um neue Kunden. So bietet etwa die Bank11 neuen Anlegern 1,11 Prozent aufs Tagesgeld für vier Monate. Danach wird das Guthaben zum regulären Nominalzins (aktuell 0,5 Prozent) verzinst. Unterm Strich verliert das angesparte Geld auf dem Konto aber dennoch an Wert. Denn die Zinsen können die aktuelle Geldentwertung durch die hohe Inflation bei Weitem nicht ausgleichen.

Wer sein Konto überzieht, muss dafür aktuell deutlich tiefer in die Tasche greifen. Selbst in der Nullzinsphase lagen Dispozinsen niemals bei null Prozent. Seit der Zinswende haben 264 Geldinstitute ihre Dispozinsen angehoben, wie eine Erhebung des Finanzportals Biallo ergeben hat. Der durchschnittliche Dispozins beträgt derzeit 10,07 Prozent – im Oktober 2021 waren es 9,99 Prozent. Beim Überziehungszins werden im Schnitt 12,39 Prozent fällig, nach 12,29 Prozent im Vorjahr.

Die Bank mit dem höchsten Dispozins ist die VR-Bank Landsberg-Ammersee mit 14,29 Prozent, die günstigste die Hypovereinsbank mit 2,83 Prozent. Die großen Banken verlangen folgende Dispozinsen: ING (6,99 Prozent), Meine Bank (7,25 Prozent), Comdirect (7,75 Prozent), Commerzbank (9,25 Prozent), DKB (9,29 Prozent), Postbank (9,52 Prozent), Deutsche Bank (11,15 Prozent) und Targobank (13,12 Prozent).

Teurer Dispo

Wer ein Girokonto besitzt, erhält von seinem Geldinstitut in der Regel einen Dispositionskredit eingeräumt. Die Höhe liegt meistens bei zwei bis drei Netto-Monatsgehältern. Wird der Disporahmen überzogen, fallen sogar oft noch höhere Überziehungszinsen an. Doch der Dispo taugt nur zur kurzfristigen Überbrückung vorübergehender Engpässe, sagt der Verivox-Chef Finanzvergleich Oliver Maier: „Wer dauerhaft im Minus ist, sollte eine Umschuldung auf einen günstigeren Ratenkredit in Erwägung ziehen. Im Vergleich zum teuren Dispo sparen Verbraucher dadurch oft mehrere Hundert Euro Zinskosten.“

Raten werden kostspieliger

Wer teure Anschaffungen tätigt, zahlt oft in Raten. Doch dies wird jetzt immer kostspieliger. Seit der Zinswende der EZB haben sich Ratenkredite durchschnittlich um 44 Prozent im Vergleich zum Jahresanfang erhöht. Im Januar lagen die Ratenkreditzinsen im Marktdurchschnitt noch bei 4,98 Prozent und sind seither auf aktuell 7,16 Prozent gestiegen, berichtet das Vergleichsportal Verivox. Da Verbraucher meistens einen günstigen Anbieter wählen, dürfte der mittlere Zinssatz derzeit bei 5,38 Prozent liegen, nach 2,98 Prozent zu Jahresbeginn – und damit sogar um 81 Prozent höher. „Seit dem Frühjahr steigen die Ratenkreditzinsen immer weiter und ein Ende ist nicht in Sicht“, sagt Verivox-Chef Maier.

Teurer wird es für alle Immobilienkäufer. Wer ein Haus oder eine Wohnung erwerben möchte oder Anschlusskredite zur Finanzierung sucht, muss sich auf deutlich schlechtere Konditionen einstellen als in den Vorjahren. Aktuell liegen die durchschnittlichen Zinsen für zehnjährige Baufinanzierungen bei 4,0 Prozent effektiv pro Jahr. Zu Jahresbeginn lag der effektive Zinssatz noch bei 0,8 Prozent, so das Vergleichsportal Check24. Bei einer Baufinanzierung zu einem effektiven Zinssatz von 4,0 Prozent für ein Darlehen über 500 000 Euro bedeutet das einen höheren Aufwand von 142 698 Euro bis zum Ende der zehnjährigen Sollzinsbindung. Die monatliche Rate steigt damit im Beispielfall um 1333 Euro. „Die Wahrscheinlichkeit ist hoch, dass in den kommenden Monaten die Finanzierungskosten weiter steigen“, sagt Ingo Foitzik, Geschäftsführer Baufinanzierung von Check24.

Autor

Copyright © 2025 Mannheimer Morgen