Verkehr

Deutsche Bahn so unpünktlich wie nie zuvor

Die Züge werden voller, die Verspätungen auf der Schiene nehmen zu. Das sind die Probleme des Staatskonzerns

Von 
Beate Kranz
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Warten auf die Weiterfahrt: Ein Mitarbeiter der Deutschen Bahn steht neben einem ICE im Hauptbahnhof Hannover. © Michael Matthey/dpa

Berlin. Jeder Fahrgast kann es fast täglich spüren. Die Deutsche Bahn (DB) ist oft unpünktlich, dennoch werden die Züge wieder deutlich voller. In diesem Jahr wird im Fernverkehr sogar ein Rekordhoch erwartet. Dennoch ist selbst der Vorstandschef Richard Lutz mit dem Zustand der Bahn nicht wirklich zufrieden. Das Kernproblem ist die marode Infrastruktur. Diese sei „zu alt, störanfällig und hat zu wenig Kapazitäten“, sagte der Chef des Staatskonzerns selbstkritisch.

Auch Bundesverkehrsminister Volker Wissing (FDP) sieht in der Infrastruktur die Hauptursache für die vielen Verspätungen. Der Bund will die Sanierung deshalb bis 2027 mit weiteren 45 Milliarden Euro unterstützen. Unsere Redaktion nennt die wichtigen Aufgaben und Zahlen der Bahn:

Verspätungen

Die Deutsche Bahn war 2022 so unpünktlich wie nie zuvor. Jeder dritte Fernzug hatte Verspätung, nur 65,2 Prozent erreichten pünktlich das Ziel. „2023 streben wir wieder eine Pünktlichkeit oberhalb der 70 Prozent an“, sagte der Bahn-Chef. Hauptgrund für die Verspätungen ist der schlechte Zustand des Schienennetzes. Dadurch werde die Pünktlichkeit „direkt und indirekt zu 80 Prozent beeinflusst“.

Infrastruktur

Die Eisenbahninfrastruktur ist in einem „kritischen Zustand und den Ansprüchen an Qualität und Kapazität nicht gewachsen“, stellt der Konzern fest – und nennt den Zustand „alarmierend“. Das 33 000 Kilometer lange Schienennetz, Brücken, Weichen, Bahnübergänge und Stellwerke müssten teilweise dringend saniert werden. Grund: In den vergangenen Jahren wurde zu wenig investiert. Im europäischen Vergleich hängt das deutsche Bahnnetz qualitativ weit hinter den Nachbarländern Schweiz und Österreich hinterher, die seit Jahren sehr viel mehr Geld in die Schiene stecken. Das wollen Bund und Bahn nun grundlegend ändern.

Investitionen

Die Deutsche Bahn ist mit rund 28,8 Milliarden Euro ein hoch verschuldetes Unternehmen. Gleichzeitig investiert die Bahn jedes Jahr Milliarden Euro aus eigenen Mitteln und Zuschüssen des Bundes in den Erhalt des Schienennetzes. Doch das reicht nicht. Um die Pünktlichkeit zu verbessern, will die Bundesregierung bis zum Jahr 2027 weitere 45 Milliarden Euro in die Bahn investieren. Zudem soll ein Teil der Lkw-Maut-Einnahmen in das Schienennetz gesteckt werden. Für Bahn-Chef Lutz ist dies ein „Paradigmenwechsel“.

Ausbauziel

Die Bundesregierung strebt eine moderne Bahn mit zukunftsfähigem Netz und leistungsfähigen Bahnhöfen an. Nicht zuletzt um die Klimaziele zu erreichen, soll bis zum Jahr 2030 der Personenverkehr verdoppelt und 25 Prozent des Güterverkehrs auf die Schiene verlagert werden. Zudem soll der Deutschlandtakt so schnell wie möglich umgesetzt werden, der größere Städte im Ein- bis Zwei-Stunden-Takt verbinden soll.

Trennung von Netz und Betrieb

Bislang organisiert die Deutsche Bahn sowohl den Regional-, Fern- und Güterverkehr als auch die Schieneninfrastruktur. Dies soll sich ändern. Ab Januar 2024 soll das Schienennetz von einer gemeinwohlorientierten Infrastrukturgesellschaft geführt werden. Diese soll sich auf verkehrs- und klimapolitische Ziele konzentrieren.

Neues Hochleistungsnetz

Die Bahn will bis 2030 ein 9400 Kilometer langes Hochleistungsnetz aufbauen, das 80 Prozent aller Großstädte verbindet. Dafür notwendig ist die Generalsanierung von rund 4200 Streckenkilometern. Diese beginnt 2024 mit der Riedbahn zwischen Frankfurt/Main und Mannheim. Im Jahr 2025 folgen die Korridore Hamburg-Berlin und Emmerich-Oberhausen.

Personenverkehr

Die Nachfrage der Reisenden ist groß. 2022 fuhren rund zwei Milliarden Menschen Bahn. Das waren rund 40 Prozent mehr als im Jahr zuvor. Allein das 9-Euro-Ticket wurde 52 Millionen Mal verkauft. Für 2023 erwartet die Bahn im Fernverkehr mit 155 Millionen Reisenden einen neuen Fahrgastrekord.

Hoher Umsatz, mehr Gewinn

Der operative Gewinn kletterte nach hohen Verlusten in den Pandemiejahren auf knapp 1,3 Milliarden Euro. Dazu trug vor allem die Logistiktochter DBSchenker bei, die 1,8 Milliarden Euro beisteuerte. Der Umsatz stieg auf ein Rekordhoch von 56,3 Milliarden Euro.

Das verdient der Vorstand

Bahn-Chef Richard Lutz hat 2022 mit 2,24 Millionen Euro mehr als doppelt so viel Geld erhalten als im Vorjahr. Sein Grundgehalt lag laut Geschäftsbericht bei fast 970 000 Euro. Hinzu kam ein Bonus von mehr als 1,26 Millionen Euro.

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