Berlin. Deutschland ächzt unter Temperaturen von mehr als 35 Grad. Unternehmensseitig ist die Deutsche Bahn (DB) von diesen Extrem-Temperaturen besonders betroffen. Klimaanlagen fallen aus, Weichen lassen sich nicht mehr richtig einstellen, Motoren von Lokomotiven überhitzen. Für Passagiere wird es unerträglich.
In Brandenburg mussten Ende vergangener Woche aus einem Regionalzug einige Hundert Fahrgäste bei sommerlich-hohen Temperaturen evakuiert werden, nachdem der Zug liegengeblieben war. Die Stromversorgung war unterbrochen, so dass auch die Klimaanlage nicht mehr funktionierte. Wegen der Hitze war die Situation im Regionalexpress besonders angespannt. Einige Reisende verließen eigenständig den Zug und liefen auch auf die Gleise.
Neue Züge, neue Klimaanlagen
„Das eigenmächtige Betreten der Gleise ist in einem solchen Fall lebensgefährlich“, sagte eine DB-Sprecherin auf Nachfrage. „Auch bei hohen Temperaturen sind alle Reisenden aus Sicherheitsgründen zunächst angehalten, im Zug zu bleiben, auf Anweisungen unserer Kundenbetreuerinnen und Kundenbetreuer zu warten und niemals eigenmächtig auszusteigen.“
Das Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung (PIK) attestierte der Bahn in einer Untersuchung 2018, so stark von den Folgen des Klimawandels betroffen zu sein wie wohl kein anderes großes Unternehmen in Deutschland. Die Bahn selbst hingegen sieht sich für diesen Hitze-Sommer gut gerüstet. „Bis 2030 fließen rund zwölf Milliarden Euro allein in neue Fernverkehrszüge. Die Klimaanlagen der neuen Fahrzeuge sind leistungsfähiger und für Temperaturen bis +45 Grad ausgelegt“, sagte eine Konzern-Sprecherin.
Im Vergleich zum Sommer vergangenen Jahres seien rund 20 Prozent mehr ICE und Intercity mit „modernster, leistungsfähigerer Klimaanlagentechnik unterwegs“. Insgesamt seien das mehr als 215 Fahrzeuge. „Durchschnittlich kommen in diesem Jahr drei neue ICE pro Monat hinzu. Die neuen Klimaanlagen sind nicht nur leistungsfähiger, sondern auch zuverlässiger“, so die Sprecherin.
Auch der Fahrgastverband Pro Bahn lobt die Bemühungen der Deutschen Bahn, mit der extremen Hitze zurechtzukommen. „Die DB macht einiges, um die Klimaanlagen gut durch den Sommer zu bekommen“, sagte Karl-Peter Naumann, Ehrenvorsitzender des Verbands. Er sieht die Schwachstellen insbesondere bei älteren Zügen mit weniger leistungsfähigen Klimaanlagen. „Klimaanlagen in 20 bis 30 Jahre alten Zügen sind nicht für extreme Hitzen ausgelegt“, erklärte er. „Wenn die Züge dann noch durch das Deutschland-Ticket extrem voll sind, kommen solche Klimaanlagen schon mal an ihrer Grenzen.“
Um das zu verhindern, werden die Klimaanlagen nach Unternehmensangaben alle sechs Monate in Fern- und Regionalzügen „umfangreich überprüft“. „Dazu gehören etwa die Reinigung der Anlagen, ein Filtermattentausch oder der Austausch von Kältemittel und auffälligen Bauteilen“, erklärte die Konzern-Sprecherin. Dabei fielen Kosten in zweistelliger Millionenhöhe an.
Scharfe Kritik äußerte Naumann hingegen am Umgang der Deutschen Bahn mit Krisensituationen, wenn beispielsweise eine Klimaanlage ausfällt oder ein Zug liegenbleibt wegen der Hitze. „Das Krisenmanagement ist sehr mäßig. Es dauert in der Regel viel zu lange, bis Hilfe vor Ort ist. Von speziellen Plänen insbesondere von Reservezügen ist uns nichts bekannt.“
„Häufig schlechte Information“
Insbesondere der Regionalverkehr sei störungsanfällig. Zudem bemängelt der Fahrgastverband die „häufig schlechte Information“ vonseiten der DB. „Im Fernverkehr mit neuen ICE-Zügen hat man vieles besser im Griff“, sagte Naumann. Die Deutsche Bahn verweist auf das Eigenengagement der Passagiere. Vorab könnte im DB Navigator und auf bahn.de eingesehen werden, ob Klimaanlagen im Fernverkehr gestört seien. So könnten sich „Fahrgäste frühzeitig orientieren“, sagte die Unternehmens-Sprecherin.
Außerdem sei das Zugbegleitpersonal im Umgang mit Klimaanlagen geschult. „Bei einem Ausfall wissen die Kolleg:innen an Bord, was zu tun ist: Sie setzen die Fahrgäste schnellstmöglich in andere Wagen um.“ Für den Notfall stünden zudem in allen Fernverkehrszügen und großen Bahnhöfen ausreichend Wasservorräte zur Verfügung.
Beim Ausfall der Klimaanlage sollte man den betroffenen Wagen verlassen, rät Naumann. Bei Regionalzügen könne man bis zum nächsten Halt mitfahren und dann umsteigen. Fällt nur in einem Wagen die Klimaanlage aus, reicht es, den Waggon zu wechseln.
Spezielle Rechte hätten Fahrgäste beim Ausfall der Klimaanlage jedoch nicht, weiß der Fahrgastvertreter. „Für Verspätungen gelten die normalen Fahrgastrechte.“
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