Immobilien - Preise steigen im ersten Quartal um 14 Prozent / Immer mehr Menschen – besonders jüngere – können sich den Traum vom Eigenheim nicht leisten

Ist der Traum vom Eigenheim nur noch für Millionäre erfüllbar?

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Rolf Obertreis
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Immer weniger Deutsche können sich den Traum vom Eigenheim erfüllen. © Arne Dedert/dpa

Die Immobilienpreise steigen weiter und das noch stärker als bisher. Gleichzeitig ziehen auch die Zinsen für Baukredite deutlich an. „Der Traum von den eigenen vier Wänden scheint für viele Menschen nicht mehr erfüllbar“, sagt Jörg Utecht, Vorstandsvorsitzender des Immobilienfinanzierers Interhyp. „Das gilt vor allem für jüngere Leute.“ Seinen Angaben zufolge sind die Immobilienpreise für Kauf oder Bau im ersten Quartal im Vergleich zum ersten Vierteljahr 2021 um weitere 14 Prozent gestiegen - auf einen Durchschnittspreis von 540 000 Euro. In München sind es sogar 905 000 Euro, in Hamburg 750 000. Gleichzeitig haben sich die Bauzinsen für zehn Jahre seit Anfang 2022 von knapp ein auf mittlerweile durchschnittlich zwei Prozent mehr als verdoppelt.

Käufer skeptisch

2021 mussten im Schnitt 494 000 Euro für eine Immobilie bezahlt werden. Das waren 10,5 Prozent mehr als im Jahr zuvor. 2020 waren die Preise ebenfalls um zehn Prozent gestiegen. „Diese Kombination von steigenden Preisen und steigenden Zinsen führt zu Verzweiflung und Resignation bei Immobilieninteressenten“, sagt Utecht mit Blick auf die jüngste Entwicklung. „Viele Menschen fühlen sich ausgeschlossen.“

Dabei rechnet er mit tendenziell weiter steigenden Preisen und einem Anstieg der Zinsen für Zehn-Jahres-Baugeld in diesem Jahr auf 2,5 bis drei Prozent. Bei einem um 0,5 Punkte höheren Zins verteuerten sich die Zinslasten für eine Hypothek von 300 000 Euro um 125 Euro pro Monat und damit um 1500 Euro im Jahr.

In einer Anfang Februar von Interhyp organisierten Umfrage unter gut 1000 Bundesbürger, die gekauft haben oder den Kauf einer Immobilie planen, wird deutlich, wie skeptisch sie die Lage einschätzen. Menschen hätten zum Teil das Gefühl, dass die Preise unaufhörlich ins Unermessliche steigen. 93 Prozent erwarteten weiter steigende Preise, vor allem in den Ballungsgebieten. 65 Prozent nennen die derzeitigen Immobilienpreise abschreckend, für 44 Prozent haben sich die Preise vom wahren Wert der Wohnung oder des Hauses vollkommen abgekoppelt.

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77 Prozent sehen eine Immobilienpreisblase. Ein Drittel hat Angst vor einer zu hohen finanziellen Belastung, falls sie kaufen. Bei den 25- bis 34-Jährigen sind es sogar mehr als 40 Prozent. Eine Teilnehmerin sagt, sie habe im Umland von München für ein ganz normales Haus für eine vierköpfige Familie 750 000 Euro zahlen müssen.

Viele Menschen, so Utecht, glaubten offenbar, dass sich nur noch Millionäre Wohneigentum leisten könnten. Fast die Hälfte der Befragten macht das insgesamt knappe Angebot und die geringe Bautätigkeit für die Preisentwicklung verantwortlich, fast 40 Prozent schieben die Schuld Spekulanten in die Schuhe.

Generell sind nach Angaben von Interhyp mindestens 150 000 Euro Eigenkapital nötig, um eine Immobilie erwerben zu können. Diese Summe könnten gerade jüngere Menschen kaum alleine aufbringen. Fast 30 Prozent sagen denn auch, dass sie auf die Unterstützung der Eltern angewiesen sein, wenn sie kaufen wollen.

„Die hohen Kaufpreise sind oft nur durch Erbe, Schenkung oder hohe Ersparnisse zu stemmen“, betont Utecht. Im Schnitt habe das Volumen einer Schenkung zuletzt bei 94 000 und das eines Erbes bei 158 000 Euro gelegen. 40 Prozent sehen Eigenarbeit als Voraussetzung für den Kauf.

Der rasche Preisanstieg bei Immobilien hat der Umfrage zufolge dazu geführt, dass ein Drittel, die in den nächsten beiden Jahren eine Wohnung oder ein Haus kaufen wollten, dies mittlerweile verschoben hat. „20 Prozent sind kurz davor, aufzugeben und sieben Prozent haben bereits aufgegeben“, sagt Utecht.

Kein Anstieg bei Kreditausfällen

Es sei fatal, dass offenbar immer mehr Menschen den Wohnungsmarkt als Glücksspiel betrachten. Allerdings gebe es offensichtlich immer noch viele Menschen, die auch die derzeit hohen Preise bezahlen könnten. „Unser Geschäft läuft weiter unglaublich stark. Es wird gekauft. Der Markt schrumpft nicht. Im Gegenteil“, betont der Interhyp-Chef.

Gleichwohl wachse seine Sorge, dass Immobilien bald nur noch etwas für Reiche seien. Angesichts der zunehmenden Dynamik bei den Preisen fordert Utecht staatliche Anreize wie Erleichterungen bei der Grunderwerbssteuer oder weitreichendere Förderprogramme durch die staatliche KfW.

Trotz der hohen Preise befürchtet der Interhyp-Chef aber keinen Anstieg bei den Kreditausfällen, weil Menschen ihre Zinsen und die Tilgung nicht mehr zahlen könnten. „Wir sehen keine Anzeichen für Ausfälle. Die Finanzierungsstrukturen sind extrem solide. Der Anteil von Eigenkapital ist von 19 auf 21 Prozent gestiegen“. Und die Laufzeit der Baukredite liege mittlerweile im Durchschnitt bei 14 Jahren, im vergangenen Jahr waren es noch 13,3 Jahre.

Korrespondent Seit mehr als 20 Jahren arbeite ich für den Mannheimer Morgen und für andere wichtige Regionalzeitungen wie den Tagesspiegel/Berlin, die Badische Zeitung/Freiburg, die Südwest Presse/Ulm und den Münchener Merkur als Wirtschaftskorrespondent in Frankfurt. Banken, Europäische Zentralbank, Bundesbank, Börse und in Frankfurt ansässige Unternehmen wie Lufthansa und auch Verbände wie der Verband Deutscher Maschinen- und Anlagenbau VDMA zählen zu meinen Schwerpunkten. Daneben auch die Luftfahrt. Zudem befasse ich mich über die KfW Bankengruppe und die Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (GIZ) mit Fragen der Entwicklungszusammenarbeit.

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