Arbeitsmarkt - Nach Prognosen der Industrie- und Handelskammern fehlen bis 2035 im Bezirk Rhein-Neckar 89 000, in Südhessen 76 000 Personen

Der Region mangelt es an Fachkräften

Von 
Christian Schall
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Wie dieses Symbolbild zeigt, müssen manche Betriebe wegen des Fachkräftemangels schon zu drastischen Mitteln greifen. © dpa

Mannheim/Darmstadt. Hausbesitzer warten Monate auf die Montage ihrer Photovoltaikanlage, Restaurants legen einen Ruhetag mehr als geplant ein, und Hotels müssen Gästen ihre gebuchten Übernachtungen absagen – der Fachkräftemangel trifft immer mehr Branchen und schränkt das Geschäft vieler Betriebe ein. Jetzt schlägt auch die Industrie- und Handelskammer (IHK) Rhein-Neckar Alarm: Bis zum Jahr 2035 werden der Wirtschaft in der Region rund 89 000 Fachkräfte fehlen. Wie aus dem am Montag veröffentlichten IHK-Fachkräftemonitor hervorgeht, mangelt es besonders an berufsqualifizierten Fachkräften: Mehr als 80 000 werden fehlen.

Als Hauptursache hat die IHK den demografischen Wandel ausgemacht. Viele der sogenannten Babyboomer gehen in Rente, gleichzeitig rücken weniger junge Fachkräfte aus der Berufsausbildung oder von den (Fach-)Hochschulen nach. „Viele Unternehmen in der Region könnten mehr Aufträge annehmen, wenn sie ausreichend qualifizierte Bewerber für freie oder neu geschaffene Stellen hätten. Dadurch verlieren wir enorm an Wertschöpfung und damit Wohlstand“, sagte IHK-Hauptgeschäftsführer Axel Nitschke. Er appelliert deshalb an die Unternehmen, ihre Belegschaft künftig noch stärker aus- und weiterzubilden – erst recht, weil sich Berufsbilder und Anforderungen an die Beschäftigten mit der digitalen Transformation noch schneller und häufiger änderten. Nach der aktuellen IHK-Konjunkturumfrage stufen 54 Prozent der Unternehmen den Fachkräftemangel sogar als Geschäftsrisiko ein.

Belegschaft altert auch

Schon in diesem Jahr fehlen im Bezirk der IHK Rhein-Neckar mehr als 9000 Fachkräfte. Einer Nachfrage von 450 000 Personen steht nur ein Angebot von 441 000 Menschen gegenüber. Diese Lücke wird bis zum Jahr 2035 immer größer und auf rund 89 000 fehlende Kräfte anwachsen. Und nicht nur das: Gleichzeitig altern die Belegschaften. Liegt das Durchschnittsalter der Beschäftigten in diesem Jahr bei 45,6 Jahren, wird es bis 2035 auf 50,6 Jahre ansteigen.

Am meisten von Personalengpässen betroffen sind derzeit medizinische Gesundheitsberufe, Büro- und Sekretariatsberufe sowie technische Forschungs-, Entwicklungs- und Produktionssteuerungsberufe. Die IHK geht davon aus, dass bis 2035 technische Berufe aufgrund von Automatisierung und Digitalisierung voraussichtlich weniger gefragt sind. Weiterhin Engpässe werde es in medizinischen Gesundheits-, Büro- und Sekretariatsberufen geben, außerdem in sozialen und hauswirtschaftlichen Berufen, Verkaufsberufen sowie Berufen in der Unternehmensorganisation und im Personalwesen.

Hauptgeschäftsführer Axel Nitschke setzt gegen den Fachkräftemangel auf eine gute Qualifizierung: „Die duale Berufsausbildung ist daher wichtiger als je zuvor – und sie bietet bessere Berufschancen als je zuvor.“

In Südhessen ist die Größenordnung des Fachkräftemangels ähnlich. „2035 werden laut IHK Darmstadt in Südhessen rund 76 000 Fachkräfte fehlen“, schätzt Wirtschaftsexperte Peter Kühnl von der IHK Darmstadt. Auch er führt vor allem demografische Gründe an, da geburtenstarke Jahrgänge zu diesem Zeitpunkt in Rente seien. „Dass der Zuzug ausländischer Fachkräfte die Lücke vollständig füllen wird, ist unwahrscheinlich“, prognostiziert Kühnl.

Redaktion Redakteur in der Wirtschaftsredaktion

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