Nahrungsmittel - Mannheimer Südzucker-Konzern lehnt Vorschlag der Verbraucherzentralen ab – ebenso Ernährungsministerin Klöckner

Debatte um Zuckersteuer

Von 
Alexander Jungert
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Mannheim/Berlin. Die Verbraucherzentralen dringen für eine gesündere Ernährung auf eine Abgabe auf Zucker in Süßgetränken. Der Chef des Bundesverbands, Klaus Müller, sagte der Deutschen Presse-Agentur, dies wäre neben der Nährwertkennzeichnung mit dem Logo Nutri-Score ein wichtiger Baustein. Damit würden Produkte ja nicht verboten. „Aber sie werden eben zu dem, was sie sein sollten: Genussmittel für eine besondere Situation. Und nicht zum Alltagsgetränk morgens in der Schule, nachmittags mit Freunden und noch beim Abendessen.“

Europas größter Zuckerhersteller Südzucker aus Mannheim kann dem Vorschlag einer Zuckersteuer nichts abgewinnen. „Steuern machen niemanden schlanker, nur ärmer“, erklärte ein Sprecher. „Es gibt keine wissenschaftlichen Belege dafür, dass eine Zuckersteuer das Auftreten von Adipositas und Übergewicht verringert.“ Zwar könnten Steuern einen Einfluss auf das Konsumverhalten haben und eine Strafsteuer habe in Einzelfällen dazu geführt, dass der Zuckerkonsum aus Softdrinks dort zurückgegangen sei. „Aber die Zahlen zeigen auch, dass das Übergewicht trotz sinkendem Zuckerkonsum nicht zurückgeht, sondern teilweise sogar steigt.“ Denn der Fokus ausschließlich auf Zucker sei nicht zielführend. Der Südzucker-Sprecher meint: „Wir sollten auf die Wissenschaft hören. Die sagt, entscheidend für das Körpergewicht ist die Kalorienbilanz – wer mehr Kalorien aufnimmt, als er verbraucht, nimmt zu. Woher die Kalorien kommen, ist dabei egal. Wichtig sind eine ausgewogene Ernährung und Bewegung.“

Vorbild Großbritannien?

Ernährungsministerin Julia Klöckner schlägt in eine ähnliche Kerbe. Sie wendet sich erneut gegen eine Zucker-Abgabe – und wirbt stattdessen für ein umfassenderes Vorgehen. „Über eine Limo-Steuer erreichen Sie nicht automatisch eine bessere Ernährung und eine Gesamt-Zuckerreduzierung“, sagte die CDU-Politikerin der dpa. Sie setze daher auf die bereits begonnene Strategie für eine bessere Zusammensetzung von Fertigprodukten. „Es ist doch nichts gewonnen, wenn der Gesamtzuckerkonsum nicht zurückgeht, weil er durch andere Zuckeraufnahmen kompensiert wird oder Hersteller den Zucker zum Beispiel durch mehr Fett ersetzen“, meinte die Ministerin.

Verbraucherschützer Müller argumentierte, Großbritannien habe mit einer Süßgetränkesteuer gezeigt, wie es gehe, und damit Erfolge erzielt. Ausweichreaktionen, statt des Zuckers Süßstoffe einzusetzen, seien allerdings auch nicht gesundheitsfördernd. Diese sollte man daher mit einbeziehen, damit Produkte am Ende weniger Zucker und weniger Kalorien enthielten und auch weniger süß schmeckten. „Wir brauchen ein umfassendes Konzept, damit es für alle leichter wird, gesünder zu konsumieren.“ Müller verwies auch auf Empfehlungen einer vom Kabinett eingesetzten Regierungskommission, Abgaben auf Zucker, Fett und Salz einzuführen. Dies sei ein Durchbruch dafür, ein Signal zu senden, um für ein gesünderes Lebensmittelangebot zu sorgen.

Über die ganze Vorgehensweise bei diesem Thema gibt es seit längerem Streit: Braucht es mehr Vorschriften oder eher Anreize? Ernährungsministerin Klöckner setzt auf eine vom Kabinett beschlossenen „Reduktionsstrategie“ – demnach sollen sich Hersteller zu schrittweisen Rezepturänderungen verpflichten. Wie eine im Frühjahr vorgelegte Analyse des bundeseigenen Max-Rubner-Instituts ergab, ging der Zuckergehalt etwa in Müsli-Riegeln mit Schokolade um 10,9 Prozent gemessen an einer Ausgangserhebung von 2016 herunter.

Das französische Modell

Klöckner sagte, Forschungsergebnisse zeigten, dass es machbar und sinnvoll sei, diesen Weg „mit dem Geschmack der Verbraucher“ zu gehen – über allmähliche Abbaupfade für Salz, Fette oder Zucker. „Mit einer gesetzlichen Höchstgrenze lässt sich der Geschmack der Verbraucher eben nicht austricksen. Wenn zu Hause nachgesalzen und nachgezuckert wird, wird es nicht funktionieren.“ Zum Konzept gehört außerdem das mit einem Rechtsrahmen in Deutschland eingeführte Logo Nutri-Score, das zusehends in Supermärkten zu finden ist. Es biete Herstellern die Chance, Verbesserungen für gesündere Rezepturen auch darzustellen, sagte Klöckner. „Das schafft positiven Wettbewerbsdruck.“

Das in Frankreich entwickelte System können Anbieter auf freiwilliger Basis verwenden, müssen sich dann aber an Vorgaben halten. Es bezieht neben Zucker, Fett und Salz empfehlenswerte Elemente wie Ballaststoffe oder Anteile an Obst und Gemüse ein. Heraus kommt ein einziger Gesamtwert, der in einer fünfstufigen Skala abgebildet wird: von „A“ auf dunkelgrünem Feld für die günstigste Bilanz über ein gelbes „C“ bis zum roten „E“ für die ungünstigste. (mit dpa)

Redaktion berichtet aus der regionalen Wirtschaft

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