Mode

Daunenjacken ohne schlechtes Gewissen?

Daunenjacken und -mäntel sind beliebt, doch Tierschützer kritisieren die teils qualvolle Gewinnung der Federn und Daunen. Worauf Verbraucher achten können.

Von 
Wolfgang Mulke
Lesedauer: 
Zur Herstellung der warmen Daunenjacken wird das Federkleid von Enten oder Gänsen verwendet. © iStock

Berlin. Berlin. In diesen kalten Tagen ähneln viele Passanten auf der Straße wandelnden Schlafsäcken. In dicke Mäntel oder Jacken verpackt, schützen sie sich vor der Kälte. Der Augenschein verrät, dass Daunenmode derzeit im Trend liegt. Im Gegensatz zu echten Pelzen sind diese Textilien nicht verpönt. Dabei haben Tierschützer in der Vergangenheit teils brutale Tierquälereien bei der Erzeugung der Füllung für die Kleidung nachgewiesen.

„Lebendrupf“ nennt sich die wohl schmerzhafteste Methode, an Daunen und Federn heranzukommen. Federn heißen die äußeren Lagen, Daunen sind die feinen, direkt am Körper liegenden Schutzfasern von Gänsen oder Enten. Beim Lebendrupf werden sie dem lebendigen Federvieh ausgerupft. Nach Angaben des Deutschen Tierschutzbundes werden in einigen Ländern insbesondere Gänse immer noch häufig dieser Prozedur unterworfen. Bis zu 15-mal müssten Zuchtgänse dies in ihrem Leben erleiden, kritisieren die Tierschützer.

Ein großer Teil der Daunen kommt aus China

Ebenfalls bei lebendigem Leibe, doch immerhin etwas weniger qualvoll, findet das sogenannte Raufen statt. Die Züchter ziehen Daunen und Federn dabei während der Mauser, also des natürlichen Wechsels des Federkleids, von den Tieren ab. Laut Tierschutzbund wird auch diese Methode oft schmerzhaft, weil die Tiere nicht zum richtigen Zeitpunkt gerauft werden.

Der Umfang dieses Leids ist nicht bekannt. Das liegt vor allem daran, dass ein großer Teil der Daunen in China gewonnen wird. In der EU ist der Lebendrupf verboten. Der Verband der Deutschen Daunen- und Federnindustrie (VDFI) räumt zwar ein, dass die Tierschutzgesetze in China nicht auf europäischem Niveau liegen. „Fakt ist jedoch, dass viele chinesische Anbieter internationale Daunenzertifizierungen implementiert haben“, erläutert VDFI-Chefin Juliane Hedderich. So kämen sie den Exportanforderungen und Tierschutzvorgaben ihrer Kunden in Deutschland und Europa nach.

Daunenmode hält warm und liegt im Trend. © iStock

Es geht aber auch ohne Lebendrupf, gerade in China. „Das liegt an den Ernährungsgewohnheiten“, erklärt Hedderich. Wassergeflügel steht auf der Liste der Lieblingsspeisen dort ganzjährig weit oben. Entsprechend viel Federvieh wird für den Verzehr geschlachtet. Die Daunen werden den bereits toten Enten oder Gänsen entnommen. Entsprechend große Mengen können so auf den Markt kommen. Ob die Billighändler Temu und Shein auf die Art der Erzeugung achten, bleibt ihr Geheimnis. Beide Unternehmen haben auf eine Anfrage dazu bisher nicht geantwortet. Bei angebotenen Daunenjacken für mitunter weniger als 30 Euro auf den Online-Portalen der Händler lässt sich nur ablesen, dass die Materialkosten von den Herstellern sehr gering gehalten werden.

Tierschützer gehen davon aus, dass Lebendrupf verbreitet ist

In welchem Umfang Tierquälerei für warme Jacken oder auch für warme Bettdecken sorgt, ist nicht bekannt. Während Tierschutzorganisationen davon ausgehen, dass Lebendrupf noch immer verbreitet ist, verweisen Textilhersteller und Bettwarenindustrie auf Zertifikate, die eine Erzeugung ohne Tierleid belegen sollen.

„Wir verwenden ausschließlich Daunen von geschlachteten Tieren, die nicht lebend gerupft wurden oder für Foie gras (Gänse-/Entenstopfleber) gezüchtet wurden“, versichert der Hersteller von Outdoor-Kleidung Vaude. Das schwäbische Unternehmen hat sich aus diesem Grund nach einem strengen Standard zertifizieren lassen. Dazu gehört eine Überprüfung der gesamten Lieferkette von den Elterntieren über den Schlachtbetrieb bis zum Handel.

Mehr zum Thema

Lebensmittel

Der Schokoladen-Osterhase wird dieses Jahr teurer

Veröffentlicht
Von
Björn Hartmann
Mehr erfahren
Ernährung

Mehlwurmpulver in Lebensmitteln: Was man dazu wissen muss

Veröffentlicht
Von
Katrin Pribyl
Mehr erfahren
Umwelt

Warum das Altglas Probleme macht

Veröffentlicht
Von
Hanna Gersmann
Mehr erfahren

Dieser sogenannte RDS-Standard ist einer der beiden globalen Zertifikate für die ethische Gewinnung von Daunen und Federn. Das Kürzel steht für „Responsible Down Standard“. „Achten Sie auf globale Siegel, die ethische Daunengewinnung garantieren“, rät Hedderich tierschutzbewussten Kunden. Ein zweites Siegel trägt den Namen „Downpass“. Es zertifiziert vor allem Hersteller von Bettwaren.

Es gibt auch pflanzliche Alternativen zu Federn

Exakte Zahlen über den Verkauf von Daunenjacken und -mänteln gibt es nicht. Der augenscheinliche Trend lässt sich nicht belegen. Ein Indiz spricht mit der Einfuhrstatistik des Statistischen Bundesamtes aber dafür. Demnach lag der Wert von eingeführten Daunen und Federn im vergangenen November fast 28 Prozent höher als im November 2023. Auch für das gesamte Jahr gab es einen zweistelligen Zuwachs.

Wer sich nicht buchstäblich mit fremden Federn wärmen will, kann auf pflanzliche oder synthetische Alternativen zurückgreifen. Der Tierschutzbund rät zum Beispiel zu den Fasern des Kapokbaumes. „Mehrere bekannte nachhaltige Modemarken verwenden sie bereits“, erläutert der Verband.

Der VDFI wiederum sieht in Kunstfasern aus Polyester oder seltener aus Polyamid eine Alternative. Letztere Stoffe haben Vor- und Nachteile gegenüber Daunen. Um die gleiche Wärmedämmung zu erzeugen, muss davon mehr Material verwendet werden. Die Textilien werden damit deutlich schwerer. Auf der anderen Seite haben die synthetischen Stoffe wasserabweisende Eigenschaften und sie isolieren gut. Hedderich verweist auch darauf, dass die derzeitige Generation der synthetischen Alternativen biologisch nicht abbaubar ist. Dagegen könnten Daunen und Federn später als Dünger oder für die Wärmedämmung weiterverwendet werden.

Korrespondent

Copyright © 2025 Mannheimer Morgen

VG WORT Zählmarke