Katastrophenschutz - Stadt Heidelberg nimmt an Hackathon der Softwarefirma SAS teil / Programm zur Vorhersage des Neckar-Pegels

Datenanalyse als Schutz gegen Hochwasser: Heidelberg tritt bei SAS Hackathon an

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Julius Paul Prior
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Das Programm der Stadt Heidelberg kann den Pegel des Neckars zwei Stunden zuvor vorhersagen. So soll Hochwasser wie hier im Jahr 2021 früher erkannt werden. © dpa

Heidelberg. Aus Neugierde entwickeln sich Innovationen: Beim SAS Hackathon treten Programmierer aus den unterschiedlichsten Ländern an, um Projekte umzusetzen, die das Potenzial haben sollen, die Welt zu verbessern. Auch die Stadt Heidelberg hat sich in diesem Jahr mit dem Projekt „HeavyRain“, zu Deutsch: Starkregen, beteiligt. Damit ist sie in Deutschland Vorreiter, was die Vorhersage von Hochwasser durch Datenanalyse angeht. SAS selbst setzt derweil ähnliche Projekte auf der ganzen Welt um. Das weltweit größte Softwareunternehmen in privater Hand und darauf spezialisiert, Daten in Echtzeit auszuwerten. So sollen Abläufe effizienter werden – unter anderem der Katastrophenschutz.

„Der Bedarf an solchen Prognosen ist immens gestiegen“, sagt ein Sprecher von SAS. Spätestens seit der Flutkatastrophe im Ahrtal sei klar, dass der Katastrophenschutz auch in Deutschland reformbedürftig sei. Projekte wie die der Stadt Heidelberg und der IoT-Division von SAS seien deshalb wichtig für zukünftige Frühwarnsysteme. IoT steht hierbei für das Internet der Dinge. Diese Datenbank verbindet physische und virtuelle Objekte miteinander und ermöglicht das Auswerten der Daten von verschiedensten Sensoren in Echtzeit.

Damit das Projekt der Stadt Heidelberg und viele weitere Projekte umgesetzt werden können, arbeitet die Digital Agentur derzeit daran, alle möglichen Daten zu sortieren und in einer Datenbank zusammenzuführen. „Wir wollen die Daten in einer Plattform für alle nutzbar machen“, erklärt Sebastian Warkentin, Geschäftsführer der Digital Agentur Heidelberg. Bisher lagen diese in sogenannten Datensilos und waren dort nicht miteinander verbunden.

SAS Hackathon

  • Der SAS Hackathon gibt Entwicklern, Studierenden, Start-ups sowie Kundinnen und Partnern die Möglichkeit, Projekte mit den verschiedensten Themen umzusetzen.
  • Dazu zählen Energie, Banking, Gesundheit, Industrie, und auch das Internet der Dinge ist ein eigenes Thema.
  • Das Gewinner-Team wird im Laufe dieses Monats verkündet.
  • Die Stadt Heidelberg hat sich laut Digital Agentur Geschäftsführer Sebsatian Warkentin auf das Programmieren und nicht auf die Abschlusspräsentation fokussiert. Deshalb rechne man nicht mit einem Sieg.
  • Die Idee zur Teilnahme hatte Oberbürgermeister Eckart Würzner.

„Erstaunlich erfolgreich“

Ursprünglich sei beim Projekt „HeavyRain“ geplant gewesen, Starkregenereignisse vorherzusagen. „Hierfür haben uns aber die Daten gefehlt“, erklärt Warkentin. Deshalb wurden die Pläne kurzfristig geändert: Stattdessen solle nun der Pegelstand des Neckars vorhergesagt werden. Hierfür konnten die Daten der Wetterstationen sowie Sensoren in Gundelsheim und Rockenau verwendet werden, die weiter oben am Neckar liegen. „Diese hatten wir bereits aufgeräumt“, berichtet der Geschäftsführer.

Trotzdem konnte es noch nicht losgehen: Dem Team fehlten noch Mitglieder. Über das Portal des Hackathons und in Zusammenarbeit mit SAS mussten diese erst gefunden werden. „Wir haben deshalb sehr spät angefangen“, erzählt Benjamin Gärtner, der das Team leitet. Dieses besteht aus drei Mitarbeitenden der Digital-Agentur, einem Professor in den USA und einem Tschechen, der in Ludwigshafen arbeitet.

Innerhalb von nur etwa drei Wochen haben sie das Projekt umgesetzt – dann war auch die Deadline des Hackathons. In dieser Zeit habe das Team ein „äußerst beachtliches“ Ziel erreicht. „Wir wissen jetzt den künftigen Pegelstand des Neckars zwei Stunden, bevor er diesen erreicht hat“, sagt Gärtner. Das Ergebnis ist dabei mit einer Toleranz von plus/minus sieben Zentimetern genau. „Wir waren erstaunlich erfolgreich für die kurze Zeit“, bilanziert der Teamleiter.

Team arbeitet weiter zusammen

Doch vorbei ist das Projekt noch nicht. Das Team möchte „HeavyRain“ auch außerhalb des Hackathons weiterentwickeln. Hier seien auch die ausländischen Mitglieder dabei. „Einfach aus Interesse – damit habe ich vorher auch nicht gerechnet“, sagt Gärtner. Für die nächsten Versionen des Programms haben er und sein Team große Pläne: „Zum einen möchten wir jetzt das Modell verbessern, zum anderen mehr Datensätze einbeziehen.“

Ein Sprecher von SAS erklärt: „Während des Hackathons konnten grundlegende Themen bearbeitetwerden. Man benötigt für eine Verfeinerung noch mehr historische Wetterdaten.“ Hierfür möchten SAS, die derzeit an einem Programm arbeitet, das Hitzewellen in Australien vorhersagen soll, und die Digital Agentur im Austausch bleiben. Helene Lengler, Chefin von SAS Deutschland mit Sitz in Heidelberg, sagt: „Heidelberg und Australien liegen zwar Tausende von Kilometern entfernt, dennoch zeigt sich bei beiden Projekten gleichermaßen deutlich: KI in Verbindung mit moderner Analytics kann helfen, die Lebensqualität zu verbessern.“

Mit der Weiterentwicklung soll dann ein standardisiertes System entstehen, welches auch von anderen Kommunen genutzt werden kann – vorausgesetzt, es gibt ähnliche Sensoren, die die entsprechenden Daten liefern können. Dies sei zumindest die Hoffnung, merkt Warkentin an. Um diese Hoffnung zu realisieren, gibt es bereits einen Plan: „Wir bringen die Daten beim Einlesen alle auf eine Ebene.“ So müssen andere Regionen keine eigenen Programme entwickeln, sondern könnten das der Digital Agentur einfach anpassen.

Auch die Umweltagentur, die das Projekt unterstützt hat, könne die ausgewerteten Daten nutzen. Pläne hierzu bestehen derzeit aber noch nicht.

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