Energie - Auch Deutschlands größtes Steinkohlekraftwerk bezieht Brennstoff aus dem Osten / Zurzeit werden Alternativen geprüft / Vorrat reicht für mehrere Wochen

Das Grosskraftwerk Mannheim und die Kohle aus Russland

Von 
Martin Geiger
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Auch im GKM wird Kohle aus Russland verfeuert. © Manfred Rinderspacher

Mannheim. Dass Deutschland mehr als die Hälfte seines Gasbedarfs aus Russland bezieht, dürfte sich inzwischen herumgesprochen haben. Doch auch bei einem weiteren wichtigen Energieträger spielt das Land, das die Ukraine angegriffen hat, eine bedeutende Rolle: 50 Prozent der in die Bundesrepublik importierten Kohle stammen von dort. So bezieht auch Deutschlands größtes Steinkohlekraftwerk, das Grosskraftwerk Mannheim (GKM), Brennstoff aus Russland, wie ein Sprecher auf Anfrage mitteilt.

Wie hoch der Anteil genau ist, lässt sich seinen Angaben nach nicht sagen, da das GKM seine Kohle über Lieferanten auf den weltweiten Handelsmärkten beziehe und die Chargen immer wieder wechselten. Komplett abhängig sei das Mannheimer Kraftwerk aber nicht von den Einfuhren aus dem Osten, sagt der GKM-Sprecher: „Die Lieferungen aus Russland wären aus unserer Sicht mittelfristig ersetzbar.“ Was das konkret bedeutet, ergänzt er auf Nachfrage: „Innerhalb von ein paar Monaten.“

Zurzeit prüfe das Unternehmen zusammen mit seinen Lieferanten alle alternativen Bezugsquellen: „Steinkohle wird weltweit gehandelt“, erklärt der Sprecher, „bei reduzierten Lieferungen aus Russland können Lieferungen zum Beispiel aus Ländern wie Australien, Indonesien, USA, Kolumbien, Südafrika erfolgen“.

Das Grosskraftwerk Mannheim und der Kohleausstieg

  • Das GKM produziert Strom für rund 2,5 Millionen Menschen sowie für die Industrie und die Deutsche Bahn. Zudem versorgt es etwa 165 000 Haushalte in der Rhein-Neckar-Region mit Fernwärme.
  • Aufgrund des politisch beschlossenen Kohleausstiegs muss es voraussichtlich spätestens 2033 den klassischen Betrieb einstellen.
  • Die Ampel-Koalition hatte sich zum Ziel gesetzt, den Kohleausstieg „idealerweise“ auf 2030 vorzuziehen.
  • Um das zu schaffen, wird jedoch Gas als Übergangslösung benötigt. Da dieses größtenteils aus Russland kommt, hat die Bundesregierung nach dem russischen Überfall auf die Ukraine den vorzeitigen Kohleausstieg wieder zur Disposition gestellt.
  • Das GKM betont, dass für das Unternehmen der gesetzlich definierte Kohleausstiegspfad relevant sei – also das Jahr 2033. „Sollten sich aufgrund der aktuellen Entwicklung die gesetzlichen Rahmenbedingungen verändern, werden wir entsprechend darauf reagieren.“

Die Beschaffungsstrategie sei bereits so gestaltet, dass die Kohle aus mehreren Quellen bezogen werde. Und dabei solle es bleiben: „Denn selbstverständlich steht für uns die Gewährleistung der sicheren Energiebereitstellung für die Menschen und Unternehmen in der Region weiterhin im Vordergrund.“

Durch den Krieg seien aktuell zwar die Kohle-Lieferungen aus Russland „sehr stark eingeschränkt“. Das GKM könne seine Kunden aber dennoch weiter mit Strom und Fernwärme versorgen: „Dank einer vorausschauenden Haldenbewirtschaftung können wir selbst bei temporären Lieferengpässen die Energiebereitstellung für die Menschen und Unternehmen sicherstellen“, sagt der Sprecher. „Unser Vorrat ist generell der Jahreszeit entsprechend ausgelegt und reicht für mehrere Wochen.“

Der Krieg und seine Folgen haben neben den eingeschränkten Lieferungen jedoch noch eine weitere Auswirkung, die man beim GKM sehr genau beobachtet: Der Preis für Steinkohle ist zuletzt erheblich gestiegen. Im vergangenen Sommer, berichtet der Sprecher, habe eine Tonne noch etwa 85 Dollar (rund 78 Euro) gekostet. Im Laufe des letzten Jahres sei der Preis dann auf rund 150 Dollar gestiegen. Und zurzeit liege er sogar schon bei mehr als 400 Dollar (etwa 367 Euro). „Das ist schon krass“, so der Sprecher.

Angesichts der schrecklichen Bilder und Ereignisse in der Ukraine betont er jedoch noch etwas anderes: „Unser Mitgefühl gilt den vom Krieg Betroffenen, und wir hoffen auf die schnelle Befriedung des Konfliktes, der ganz Europa erschüttert.“

Redaktion Reporter für das Ressort "Mannheim".

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