Mannheim. Das Personalkarussell beim Dienstleistungs- und Baukonzern Bilfinger dreht sich abermals. Aufsichtsratsvorsitzender Bernhard Walter hat seinen vorzeitigen Abschied angekündigt und der frühere Daimler-Manager Eckhard Cordes zieht in das Kontrollgremium ein.
Walter, gesundheitlich derzeit nicht auf der Höhe, hört am 4. November dieses Jahres auf. Gewählt war er von der Hauptversammlung bis 2016, kündigte aber schon letztes Jahr an, dass 2015 für ihn Schluss ist. Nun geht er noch früher - oder muss gehen, wie auch gemunkelt wird.
Walter war es, der den früheren hessischen Ministerpräsidenten Roland Koch im Sommer 2011 an die Bilfinger-Spitze holte und auch bis zuletzt zu ihm hielt. Mit Kochs Scheitern, er wurde im August dieses Jahres abgelöst, wurde Walters Position zunehmend schwächer.
Nun hat der Finanzinvestor und Bilfinger-Großaktionär Cevian Anfang dieser Woche seinen Anteil auf die Sperrminorität von über 25 Prozent erhöht (damit kann er wichtige Entscheidungen verhindern) und einen weiteren Sitz im Aufsichtsrat gefordert, den nun Cordes besetzt."Walter war angeschlagen, seit er zu lange an Roland Koch festgehalten hat. Dass Großaktionär Cevian nach der Anteilserhöhung seinen Einfluss weiter stärken will, ist nachvollziehbar", sagt Hans-Peter Kuhlmann, Finanzanalyst der Landesbank Baden-Württemberg. "Die Anteilseigner müssen für sich eine personelle Strategie entwickeln, die Bestand hat und in die Belegschaft kommuniziert werden kann", fordert Rainer Knerler, Bilfinger-Aufsichtsratsmitglied und Regionalleiter bei der Industriegewerkschaft Bauen-Agrar-Umwelt. Bei der nächsten Sitzung des Gremiums wird nun ein neuer Vorsitzender gewählt. Ursprünglich sollte Herbert Bodner Walter beerben, sobald ein neuer Vorstandsvorsitzender gefunden ist. Bodner, der Bilfinger von 1999 bis Mitte 2011 führte, wurde nach Kochs unfreiwilligem Abschied wieder Konzernchef. Sein Aufsichtsratsmandat ruht so lange, bis ein neuer Vorstandschef das Amt antritt. Eine denkbare Variante wäre nun, dass Bodner bis zur nächsten Hauptversammlung im Frühjahr 2015 Vorstandschef bleibt und dann Aufsichtsratschef wird.
Dann müsste für die nächsten Monate ein Interims-Vorsitzender des Aufsichtsgremiums gefunden werden. Das könnte Cordes oder auch Udo Stark, früher MTU und Metallgesellschaft, sein. Stark soll zusammen mit Cevian die treibende Kraft hinter dem Koch-Abschied gewesen sein. Cevian könnte Bodner also zunächst gewährenlassen. Der muss für Ruhe sorgen und die Energiedienstleistungssparte auf Vordermann bringen. Gelingt beides, sind die Chancen auf den Aufsichtsratsvorsitz gut. Das gilt auch für den Umkehrschluss.
Die Alternative wäre, dass Cevian mit Cordes die Führung des Gremiums in Kürze übernimmt. Dann aber wäre Vorstandschef Bodner beschädigt, aus dem Aufsichtsrats-Chefposten würde nichts und Bodner würde womöglich hinschmeißen. Und es wäre etwas ungewöhnlich. Bei anderen Beteiligungen (Münchner Rück, Demag Cranes) hielt sich Cevian im Hintergrund. Fraglich wäre auch, ob Arbeitnehmervertreter und die anderen Kapitalvertreter eine herausgehobenen Position Cevians im Alltagsgeschäft künftig mittragen. Bislang wahrten Arbeitnehmer sowie auch die anderen Aktionärsvertreter Distanz zu Cevian.
Walter hört auf, Cordes kommt
Bernhard Walter, 72 Jahre alt, gehört dem Aufsichtsrat des Dienstleistungs- und Baukonzerns Bilfinger seit 1998 an.
Im Jahr 2006 übernahm er den Vorsitz des Aufsichtsgremiums. Vorgestern kündigte er seinen Rücktritt an.
Eckhard Cordes, 63 Jahre alt, war von 2007 bis 2011 Vorstandschef des Handelskonzerns Metro.
Zuvor war er von 1996 bis 2005 im Vorstand beim Autokonzern Daimler. Nachdem Dieter Zetsche Jürgen Schrempp an der Konzernspitze beerbte, verließ Cordes Daimler.
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