München. Paukenschlag bei BMW: Der seit Mai 2015 amtierende Vorstandsvorsitzende Harald Krüger verzichtet auf eine Vertragsverlängerung und verlässt sogar das Unternehmen. „Ich will ich mich nun beruflich neu orientieren und meine vielfältige internationale Erfahrung in neue Aufgaben und Projekte einbringen“, ließ Krüger am Freitag in München wissen. Prompt setzten heftige Spekulationen über den Rückzug des BMW-Chefs ein.
Start mit zwei Rekordjahren
Spekulation Nummer eins: Der 53-jährige Maschinenbauingenieur könnte körperlich dem Knochenjob als Chef eines der größten deutschen Konzerne nicht mehr gewachsen sein. Spekulationen über Krügers Gesundheitszustand hielten sich hartnäckig, seit er kurz nach seinem Amtsantritt bei einem Auftritt auf der Frankfurter Internationalen Automobilausstellung auf der Bühne zusammengebrochen war. Doch ein Konzernsprecher dementierte Nachfragen energisch: „Keine gesundheitlichen, sondern persönliche Gründe.“
Kein Dementi gab es zur Spekulation Nummer zwei, Krüger sei durch seinen Verzicht auf eine Vertragsverlängerung einem entsprechenden Schritt des Aufsichtsrats zuvorgekommen. „Das ist Sache des Aufsichtsrats“, sagte der Unternehmenssprecher. „Spiegel online“ will erfahren haben, dass genau dies der Fall ist: Krüger habe mit seinem Rückzug einer Absetzung durch den Aufsichtsrat zuvorkommen wollen.
Norbert Reithofer, Vorsitzender des Kontrollgremiums, nahm die Rückzugs-Ankündigung seines Nachfolgers jedenfalls „mit Respekt und Verständnis“ entgegen. Das Wort „Bedauern“ fehlte – ein Versehen?
Die Amtszeit an der Spitze des Weltkonzerns startete Krüger mit zwei Rekordjahren. Doch 2018 geriet der erfolgsverwöhnte BMW-Motor leicht, zu Beginn dieses Jahres etwas stärker ins Stottern. Dass der Vorstand im ersten Quartal 2019 rund 1,4 Milliarden Euro für eine drohende Kartellstrafe der EU zurückstellte und so ein Quartalsergebnis erstmals seit zehn Jahren ins Minus rutschte, drückte bei der letzten Hauptversammlung auf die Stimmung. „Ich bin nicht zufrieden mit BMW“, hatte Aktionärsvertreterin Daniela Bergdolt zu Protokoll gegeben. Dass Daimler inzwischen mehr Autos verkauft als BMW, wurmt die verwöhnten Anteilseigner zusätzlich.
Während sich Wettbewerber Volkswagen beinahe kompromisslos auf die Elektromobilität stürzte, blieb BMW unter Führung Krügers bei der Elektrifizierung vergleichsweise zurückhaltend. Das brachte ihm den Vorwurf ein, den Vorsprung, den die Münchner mit ihren E-Autos i3 und i8 erkämpft hatten, wieder verloren zu haben.
„Enorme Kraftanstrengungen“
Das Unternehmen habe unter Krüger „seine Elektromobilitätsstrategie konsequent ausgeweitet und wird bereits im Jahr 2023 25 elektrifizierte Modelle auf der Straße haben“, hieß es in einer BMW-Mitteilung zu Krügers Abschied, und es klang ein wenig nach Verteidigung. Krüger selbst deutete das Ringen um die richtige Strategie in seiner Erklärung selbst an: „In den letzten Jahren war die Automobilindustrie geprägt von enormen Umbrüchen, die mehr Veränderungen gebracht haben als die 30 Jahre zuvor.“ Dies habe von den Mitarbeitern „enorme Kraftanstrengungen verlangt“.
Krügers Vertrag endet erst am 30. April nächsten Jahres. Dass er so lange den Konzern führt, gilt als ausgeschlossen. Es wird erwartet, dass der Aufsichtsrat schon auf seiner nächsten Sitzung am 18. Juli einen Nachfolger bestimmt.
Spekulationen um Nachfolger
Traditionell kommen Vorstandschefs bei BMW aus den eigenen Reihen. 2015 hatte sich der damalige Produktionschef Krüger gegen den damaligen Entwicklungschef Herbert Diess durchgesetzt, der darauf nach Wolfsburg wechselte und heute VW-Konzernchef ist.
Oliver Zipse wurde 2015 als Nachfolger von Krüger zum Produktionsvorstand berufen. Der Maschinenbau-Ingenieur leitet das Werksnetz effektiv und geräuschlos. Er hat gegenüber Klaus Fröhlich den Vorteil, dass er erst 55 Jahre alt ist.
Der 59-jährige Fröhlich hat BMW als Entwicklungsvorstand technologisch vorangetrieben. Allerdings gibt es bei BMW konzernintern die Altersgrenze von 60 Jahren für Vorstände. dpa
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