Frankfurt. Es ist „Black Week“ und standesgemäß überbietet sich der Einzelhandel mit Sonderangeboten: Bluetooth-Kopfhörer, Skijacken, Mobiltelefone und Spielkonsolen, alles satt reduziert. Wenn die Wunschliste länger ist, als es das Bankkonto erlaubt, darf gerne in Raten gezahlt werden. Dabei sollten die Kunden aber die Finanzierungskosten im Blick behalten, warnen Verbraucherschützer.
Beim Kauf auf Pump über beliebte Onlinehändler lägen die Finanzierungskosten in der Spitze fast drei Mal so hoch wie bei einem händlerunabhängigen Ratenkredit, behauptet das Vergleichsportal Verivox auf Basis eigener Berechnungen. Dafür hat Verivox nach eigenen Angaben die angebotenen Finanzierungskonditionen vier großer Onlinehändler für einen Muster-Ratenkauf mit vier Jahren Laufzeit und einem Warenwert von 2500 Euro untersucht.
Beim händlerunabhängigen Ratenkredit habe das Vergleichsportal mit einem Zinssatz von 6,56 Prozent gerechnet. Dieser sei repräsentativ für Kreditnehmer mit durchschnittlicher Bonität. Die Hälfte aller Verivox-Kundinnen und -Kunden habe ihren Kredit im Oktober zu diesem Zinssatz oder günstiger abgeschlossen, erklärt Verivox.
Den negativen Spitzenplatz im Verivox-Zinsvergleich belege der Hamburger Versandhändler Otto mit 18,79 Prozent. Bei MMS E-Commerce, das den Onlinehandel für die Elektronikmärkte Media Markt und Saturn verantwortet, kommt Verivox auf einen Zinssatz von 11,90 Prozent über die vierjährige Laufzeit. Amazon verlange 11,66 Prozent.
„Der Kauf auf Raten ist bei den Händlern direkt in den Bezahlprozess integriert und mit wenigen Klicks abgeschlossen. Das ist zwar einfach und bequem, aber unterm Strich teuer“, kritisiert Verivox-Geschäftsführer Oliver Maier. Wer die benötigte Summe mit einem händlerunabhängigen Ratenkredit finanziere, zahle dagegen deutlich weniger Zinsen.
„Wir können keine Konditionen anbieten wie Finanzinstitute“
„Als Internethändler können wir bei Ratenkäufen keine Konditionen anbieten, wie beispielsweise Finanzinstitute, bei denen Kredite zum Geschäftsmodell gehören“, antwortet ein Sprecher der Otto Gruppe. Auch das Ausfallrisiko sei höher als das einer Bank. Der Ratenkauf sei ein zusätzlicher Service, dessen Aufwand vergütet werden müsse.
Dennoch schrecken hohe Finanzierungskosten viele Verbraucher bei Sonderangeboten offenbar nicht ab. Vor allem Kleinkredite würden immer stärker in Anspruch genommen, meldet die Kreditauskunftei Schufa.
Immerhin beobachtet die Schufa bei Krediten über 1000 Euro einen Rückgang um acht Prozent. Viele Verbraucherinnen und Verbraucher hielten sich wegen der zwischenzeitlich stark gestiegenen Preise mit größeren Anschaffungen zurück. Nach einer Erhebung des Bankenfachverbands verwendet dennoch jeder vierte Privathaushalt inzwischen Ratenkredite, um private Investitionen zu tätigen.
Besonders beliebt waren Kleinkredite zur Erfüllung von Konsumwünschen bislang bei jungen Menschen. Das aber ändert sich gerade offenbar: Nach Angaben der Schufa hat die Zahl der Nutzer von Kleinkrediten unter 1000 Euro vor allem in der mittleren Altersgruppe zwischen 35 und 49 Jahren um etwa 30 Prozent zugenommen. Als Grund erkennt die Schufa nicht zuletzt sogenannte „Buy now, pay later“-Angebote im E-Commerce. Damit sind Finanzierungsmodelle gemeint, bei denen die Ware sofort kommt, die Zahlung aber später erfolgen darf. „,Buy now, pay later’-Angebote werden immer stärker nachgefragt. Der Trend ist in der Mitte der Bevölkerung angekommen“, sagt Schufa-Vorstandsmitglied Ole Schröder.
Verbraucherschützer befürchten, dass gerade Kunden, die wenig Geld zur Verfügung haben, durch die vermeintlich günstigen Ratenangebote die Übersicht über die Folgen ihrer Bestellungen verlieren können. Weil gerade im Online-Handel schnell per Mausklick auf Pump eingekauft werden könne, verleite dies womöglich dazu, mehr zu bestellen, als sie sich eigentlich leisten können.
Nach Angaben des Bundesverbands der Verbraucherzentralen (vzbv) gelten derzeit 5,6 Millionen Menschen in Deutschland als überschuldet. Inflation und steigende Lebenshaltungskosten verschärften die Schwierigkeiten. Aus verlockend klingenden Angeboten werde nicht selten eine Kostenfalle, warnen die Verbraucherschützer.
Neue EU-Richtlinien für Verbraucherkredite kommt
Wer in Deutschland einen Kredit aufnehmen möchte, muss in der Regel zunächst eine Kreditwürdigkeitsprüfung durchlaufen. Klein- und Kurzzeitkredite sind davon noch ausgenommen. Eine neue EU-Verbraucherkreditrichtlinie sieht vor, auch bei kleinen Summen eine Prüfung der Rückzahlungsmöglichkeiten vorzuschreiben. Bis 20. November 2025 müssen die EU-Mitgliedstaaten die Vorgaben in nationales Recht umsetzen.
„Wir sehen in unseren Daten, dass Ratenkreditzinsen seit vier Monaten sinken“, erklärt Oliver Maier. Wer sich also jetzt Konsumwünsche erfüllen möchte, solle Konditionen vergleichen und eventuell lieber über eine händlerunabhängige Bank finanzieren“.
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