Einzelhandel - Karl Albrecht im Alter von 94 Jahren gestorben / Mit seinem Bruder lehrte er die Branche das Fürchten

Billig-Pionier und reichster Deutscher

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Seit 1961 führte Karl Albrecht Aldi Süd an.

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Mülheim/Essen. Karl Albrecht (kleines Bild), der Gründer des Handelsimperiums Aldi, ist tot. Der mit seinen Discount-Läden zum Milliardär gewordene 94-jährige war einer der letzten Nachkriegspatriarchen, die die Fundamente für das deutsche Wirtschaftswunder legten. Laut "Forbes"-Liste vom März 2014 wurde sein Vermögen auf 25 Milliarden Dollar geschätzt. Zusammen mit seinem bereits vor vier Jahren gestorbenen Bruder Theo entwickelte Karl Albrecht im Ruhrgebiet in den 60-er Jahren ein Discount-Konzept für den Lebensmittelhandel, das die Supermärkte das Fürchten lehrte. Die Schwesterunternehmen Aldi Nord und Aldi Süd kommen heute auf insgesamt mehr als 10 000 Filialen und schätzungsweise 66,8 Milliarden Euro Umsatz (2013). Die Öffentlichkeit scheuten die erfolgreichen Brüder.

Das Licht der Welt erblickte Karl Albrecht am 20. Februar 1920 als Sohn einer Händlerfamilie in Essen-Stoppenberg. Sein Vater Karl Albrecht Senior startete 1913 im damaligen Essener Vorort Schonnebeck einen Backwarenhandel. Mutter Anna eröffnete wenig später einen Lebensmittelladen. Im Elternhaus von Karl und seinem jüngeren Bruder Theo in der Essener Huestraße 89 werden bis heute Waren des täglichen Bedarfs wie Brot, Gemüse, Wurst und Getränke angeboten: in einer kleinen Filiale von Aldi Nord.

Schmales Sortiment

Die Brüder traten in die Fußstapfen der Eltern. Nach dem Krieg bauten sie aus dem elterlichen Tante-Emma-Laden zunächst eine regionale Kette auf. Niedrige Kosten ermöglichten niedrige Preise. So setzte das Duo auf ein schmales Sortiment sowie auf Selbstbedienung - am besten gleich aus dem Karton. Obwohl sich Karl und Theo ideal ergänzt haben sollen, teilten sie 1961 das Filialnetz auf und schufen zwei selbstständige Unternehmen. Karl Albrecht führte Aldi Süd an, sein jüngerer Bruder Theo Aldi Nord.

"Karl Abrecht war der Kreativere der beiden, Theo eher der Verwalter", erinnert sich der ehemalige Aldi-Manager Eberhard Fedtke im Gespräch. Karl Albrecht sei "ein einfacher, schlichter, höflicher, zurückhaltender Mann" gewesen. "Aber in seiner Art das Geschäft zu führen, war er sehr bestimmend und direkt - ohne modernes Trallala, aber sehr effizient."

Nach ständigem Feilen am Ladenkonzept öffnete dann 1962 die erste Aldi-Filiale ihre Türen. Aldi steht als Kurzform für Albrecht und Discount. Wenige Jahre später läutete Karl mit der Übernahme der österreichischen Kette Hofer die Auslandsexpansion ein. Das Discount-Konzept wurde zu einem Exportschlager. Inzwischen betreiben Aldi Nord und Aldi Süd Lebensmittelgeschäfte in insgesamt 17 Ländern.

Für die Öffentlichkeitsscheu der Brüder gibt es vermutlich mehrere Gründe. Einer der Wichtigsten: Theo Albrecht wurde 1971 entführt und erst nach 17 Tagen und der Zahlung von sieben Millionen Mark Lösegeld wieder freigelassen. Seine gepanzerte Limousine, die 2010 versteigert wurde, wirft ein Schlaglicht darauf, wie stark das Erlebnis prägte. Auch Karl mied das Rampenlicht öffentlicher Termine, Fotos von ihm sind Mangelware.

Schon 1973 schuf Karl Albrecht die Voraussetzungen für eine unternehmerische Kontinuität über seinen Tod hinaus: Das Vermögen der Unternehmensgruppe Aldi Süd wird von zwei Stiftungen kontrolliert, die die Fortführung seines Lebenswerks gewährleisten sollen. Zum Vorstand des Kontrollgremiums Siepmann-Stiftung gehört auch BASF-Aufsichtsratschef Jürgen Hambrecht.

Der Unternehmer wurde auf dem Friedhof in Essen-Bredeney im engsten Familienkreis beigesetzt. Er liegt neben seiner Frau und nicht weit entfernt von seinem vor vier Jahren verstorbenen Bruder Theo Albrecht. dpa

Weltweites Filialnetz

Mit Backwaren legte die Familie Albrecht vor gut 100 Jahren den Grundstein für das Handelsimperium Aldi. In Deutschland gelten Aldi-Preise als Messlatte für die Konkurrenz.

Mit dem Discount-Konzept schrieben die Brüder Karl und Theo Albrecht Wirtschaftsgeschichte. Weltweit kommen beide Gesellschaften auf mehr als 10 000 Filialen.

Konzernzahlen werden nicht veröffentlicht. Für 2013 schätzt Marktforscher Planet Retail den Umsatz auf 28,3 Milliarden Euro (Aldi Nord) und 38,5 Milliarden Euro (Aldi Süd).

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