Fremdvergaben - Erstmals Regelung bei Porsche / Auf dem Gelände gilt Mindestlohn von 10,50 Euro / IG Metall Mannheim sieht Vorbildcharakter, Südwestmetall nicht

Betriebsrat bestimmt Werkverträge mit

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Matthias Kros
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Auf dem Porsche-Werkgelände darf künftig niemand meh r für weniger als 10,50 Euro pro Stunde arbeiten.

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Stuttgart/Mannheim. Als eine der ersten Arbeitnehmervertretungen in Deutschland erhält der Betriebsrat des Autobauers Porsche ein Mitbestimmungsrecht bei den umstrittenen Werkverträgen. Zudem habe man soziale Mindeststandards vereinbart, bestätigte eine Sprecherin der IG Metall in Stuttgart gestern. So müssen Werkvertragsfirmen auf dem Porsche-Gelände mindestens 10,50 Euro pro Stunde bezahlen. "Bei der Fremdvergabe von Aufträgen läuft nichts mehr ohne den Betriebsrat", erklärte Porsche-Betriebsratschef Uwe Hück und stellte zugleich klar, dass man nicht grundsätzlich gegen die Werkverträge sei. "Aber wir wollen anständige Verträge haben - die Mitbestimmung darf nicht umgangen, und Menschen dürfen nicht von Subunternehmen ausgebeutet werden".

Missbräuchlicher Einsatz

Werkverträge sind in der Wirtschaft ein normaler Vorgang und kommen regelmäßig zum Einsatz, wenn ein Unternehmen eine Leistung, die es nicht selbst anbietet, extern einkauft. Will eine Firma beispielsweise ihre Halle gestrichen haben, muss sie keine eigene Malerkolonne beschäftigen. Sie kann den Auftrag vielmehr an einen Anstreicher vergeben, der das "Werk" mit eigenen Beschäftigten abliefert.

Arbeitnehmervertreter beklagen allerdings einen zunehmenden missbräuchlichen Einsatz. Sie sind überzeugt davon, dass Firmen mittlerweile Tätigkeiten, die früher von Stammbeschäftigten erledigt wurden, per Werkvertrag vergeben, um auf diese Weise Tariflöhne zu umgehen. Auch Bundesarbeitsministerin Andrea Nahles (SPD) sieht offenbar diese Gefahr und hat bereits einen Gesetzesentwurf vorgelegt, nach der Betriebsräte bei Werksverträgen zumindest ein Informationsrecht bekommen sollen.

Die Vereinbarung bei Porsche geht allerdings darüber hinaus. Entsprechend groß ist die Zustimmung: "Im Kampf der IG Metall gegen den Missbrauch von Werkverträgen haben der Vorstand und der Gesamtbetriebsrat von Porsche ein wichtiges Signal gesetzt", sagte Klaus Stein, 2. Bevollmächtigter der IG Metall Mannheim, gestern. Zwar sei die Vereinbarung bei dem Autobauer nicht so ohne Weiteres 1:1 übertragbar. "Aber sie hat Vorbildcharakter und wir werden auch in anderen Unternehmen auf Vereinbarungen drängen".

Zu konkreten Verhandlungen könnte es beispielsweise schon im kommenden Jahr im Mannheimer Werk von John Deere kommen. "Wir haben das Thema auf der Agenda", kündigte Betriebsratschef Rainer Wietstock gestern an. Er gehört zu den Unterzeichnern eines Aufrufs gegen den Missbrauch von Werkverträgen, der Ende September an die Bundesregierung gegangen war. Für reichlich Ärger sorgte ein Werkvertrag im Sommer auch im Mannheimer Mercedes-Benz-Werk, wo die Geschäftsleitung Logistik-Arbeiten an den Dienstleister Transco vergeben hatte. Weitere Auslagerungen sollen folgen.

Nicht überbewerten will das Arbeitgeberlager dagegen die Vereinbarung bei Porsche: "Soweit wir die Regelungen kennen und bewerten können, sind dort keine 'echten' Mitbestimmungsrechte des Betriebsrats hinterlegt", sagte Norbert Johnen, Geschäftsführer der Südwestmetall-Bezirksgruppe Rhein-Neckar, gestern. Wenn ein Betriebsrat wie bei Porsche über ein Beteiligungsverfahren künftig sein Veto einlegen könne, wenn ein missbräuchlicher Einsatz von Fremdpersonal vorliegt, "kann das ein Unternehmen für sich natürlich so regeln". Man müsse aber auch berücksichtigen, dass die Regelungen ganz auf die Strukturen und Entscheidungsabläufe des Stuttgarter Autobauersausgerichtet seien. Johnen. "Als Blaupause für eine tarifliche Lösung in der Fläche sind sie damit nicht geeignet."

Der Fall Porsche

  • Im Fall Porsche spricht die IG Metall von einer "sachbezogenen Mitbestimmung" des Betriebsrats. Dabei soll die strategische Planung von Vergaben von Werkverträgen viermal jährlich im Wirtschaftsausschuss von Betriebsrat und Geschäftsführung diskutiert werden.
  • Die für jeden Bereich festgelegten Vergabekriterien werden von einer Arbeitsgruppe von Betriebsrat und Geschäftsführung überwacht.
  • Dazu gehört auch die Einhaltung der neuen Standards: Unter anderem sollen alle Fremdarbeiter auf dem Porsche-Gelände mindestens jedoch 10,50 Euro je Stunde erhalten.

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