Unternehmensbefragung - In den Corona-Krisenbranchen ist die Furcht vor der Pleite nach Ausbruch des Kriegs in der Ukraine besonders groß / Firmen erwarten in diesem Jahr Verluste

Betriebe unterstützen Sanktionen gegen Russland

Von 
Walter Serif
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Teures Erdgas aus der russischen Pipeline Nord Stream 1. © dpa

Erst das Geschäft, dann die Moral - in jedem Klischee steckt ja ein Fünkchen Wahrheit, aber beim Ukraine-Krieg verhalten sich die deutschen Unternehmen vorbildlich. Sie unterstützen den harten Sanktionskurs der Bundesregierung gegen Russland - wohlwissend, dass sich dies auf ihre Umsätze, Gewinne und geplante Investitionen negativ auswirken wird. Die Einbrüche sind demnach derzeit sogar größer als während des letzten Lockdowns. Das ist das Ergebnis der monatlichen Unternehmensumfrage der Universität Mannheim.

Wie aus dem März-Bericht des German Business Panel hervorgeht - und das ist keine Überraschung -, schwächen vor allem die drastisch gestiegenen Energiekosten (85 Prozent) und die erneut unterbrochenen Lieferketten (30 Prozent) die deutschen Unternehmen. Fast 45 Prozent der rund 800 befragten Betriebe sind vom Krieg und den Sanktionen finanziell betroffen. Diese Unternehmen gehen davon aus, dass ihre Gewinne im laufenden Geschäftsjahr um gut 21 Prozent sinken werden. Nur 19 Prozent der Betriebe gaben an, dass sie die Folgen der Sanktionspolitik nicht spüren würden. Gleichwohl unterstützen mehr als 60 Prozent die Maßnahmen der Berliner Ampelkoalition. „Viele Unternehmen verstehen: Die Sanktionen verursachen zwar kurzfristige Kosten, zum Teil auch erheblich. Die langfristigen Kosten, diese Sanktionen zu unterlassen und sich dem Angriff auf unsere freiheitliche Gesellschaft nicht entgegenzustellen, wären freilich noch bedeutend höher“, analysiert Jannis Bischof, Mitautor der Studie.

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Die Unternehmen erwarten 2022 im Vergleich zum Vorjahr zwar noch wachsende Umsätze, stellen sich aber auf ein Verlust von rund drei Prozent ein. Der Ukraine-Krieg markiert damit einen Wendepunkt, denn bis zum 24. Februar gingen die Betriebe von einem Anstieg der Umsätze und Gewinne aus, viele Unternehmen hofften auf das Ende der Corona-Maßnahmen und die Rückkehr zur Normalität. Wie die Politiker wurden auch die Unternehmensbosse von Putins Angriffskrieg kalt erwischt.

Energiepreise setzen Wirtschaft zu

Auch Branchen, die die Pandemie einigermaßen erfolgreich überstanden haben, berichten nun von deutlich gestiegenen Risiken - wie zum Beispiel das verarbeitende Gewerbe oder das Baugewerbe. Viel stärker noch als durch direkte Geschäfte in Russland und der Ukraine oder mit russischen Partnern befürchten viele Unternehmen negative Folgen durch höhere Energiepreise und Lieferschwierigkeiten auf internationalen Märkten.

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Daher erwarten auch Branchen wie Tourismus und Gastgewerbe, die schon von der Pandemie hart getroffen wurden, erneut finanzielle Belastungen, wenn sich der private Konsum aufgrund der negativen wirtschaftlichen Entwicklung allgemein eintrübt. Gerade in den Corona-Krisenbranchen ist deshalb die Furcht vor der Pleite sprunghaft angestiegen - von 19 (vor Kriegsbeginn) auf nun 25 Prozent.

Redaktion Reporter für Politik und Wirtschaft

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