Ludwigshafen/Frankenthal. Schock für die rund 60 Beschäftigten des Schulranzenherstellers Sternjakob in Frankenthal: Der Mutterkonzern des Unternehmens, die Nürnberger Steinmann-Gruppe, will den Standort in der Pfalz komplett dichtmachen. Man werde künftig alle Aktivitäten am Stammsitz in Nürnberg bündeln, erklärte Steinmann zur Begründung. "Doppelstrukturen" sollten abgebaut und Kompetenzen zusammengeführt werden, um die Wettbewerbsfähigkeit zu erhöhen, heißt es in einer Mitteilung des Unternehmens.
Zu Sternjakob gehören die bekannten Schulranzen- und Rucksack-Marken Scout und 4You sowie die Koffermarke Hardware. Das Geschäft damit soll künftig nicht mehr von Frankenthal, sondern von Nürnberg aus gesteuert werden. Produziert werden die Rucksäcke und Ranzen schon seit längerem vornehmlich in Asien. Für die betroffenen Beschäftigten in der Pfalz werde nun mit dem Betriebsrat über einen Sozialplan verhandelt. Nachfragen zur geplanten Standort-Schließung in Frankenthal wollte Geschäftsführer Oliver Steinmann gestern mit Verweis auf die laufenden Gespräche mit den Arbeitnehmervertretern nicht beantworten. "Diese Angelegenheit ist sowohl für die Mitarbeiter und auch für uns sehr emotional und schwer", teilte er lediglich mit. Weitere Informationen werde man erst geben, wenn die Verhandlungen mit dem Betriebsrat abgeschlossen seien.
"Schlag ins Gesicht"
Bei der Gewerkschaft IG BCE in Ludwigshafen sorgte die Nachricht vom bevorstehenden Aus unterdessen für Bestürzung. "Wir bedauern das sehr und können die Gründe dafür nicht nachvollziehen", sagte Bezirksleiter Roland Strasser. Die Mitarbeiter in Frankenthal hätten in den vergangenen Jahren zahlreiche Zugeständnisse gemacht, um die Zukunft des Unternehmens zu sichern. "Für sie ist das natürlich ein Schlag ins Gesicht, wenn man ihnen jetzt den Stuhl vor die Tür stellt", so Strasser. Vom Sternjakob-Betriebsrat selbst gab es gestern auf Anfrage keine Stellungnahme zu dem Thema. Die Zahl der Mitarbeiter in Frankenthal war in den vergangenen Jahren bereits drastisch gesunken. 2007 hatte der Standort noch etwa 150 Beschäftigte, also mehr als doppelt so viele wie heute. In den vergangenen Jahren hatte das Traditionsunternehmen Sternjakob, das seit 1990 zur Steinmann-Gruppe gehört, versucht, die Kosten zu senken, auch über Personalabbau. Das geht aus dem letzten öffentlich einsehbaren Geschäftsbericht für das Jahr 2014/15 hervor.
Rote Zahlen in den letzten Jahren
Dort berichtet die Firma von sinkenden Umsätzen bei den Marken 4You und Scout - eine Entwicklung, die auf sinkende Schülerzahlen (und eine entsprechend geringere Nachfrage nach Schulranzen) sowie einen schärferen Wettbewerb zurückgeführt wird. Unter dem Strich stand 2014/15 rund eine halbe Million Euro Verlust in den Büchern. Im Vorjahr hatte dieser den Angaben nach sogar bei 1,7 Millionen Euro gelegen. Für die ersten drei Monate 2015/16 hatte Sternjakob wieder leicht gestiegene Umsätze angegeben. Wie die aktuelle Geschäftslage der Frankenthaler aussieht und ob sie inzwischen wieder schwarze Zahlen schreiben, wollte Steinmann-Chef Oliver Steinmann gestern allerdings nicht sagen.
Sternjakob GmbH
- Den Grundstein für das pfälzische Traditionsunternehmen legte Alfred Sternjakob 1934 in Pirmasens. Dort fertigte er Arbeitshandschuhe und Ledertaschen.
- Wenige Zeit später siedelte der Betrieb nach Frankenthal um.
- 1975 brachte Sternjakob seinen ersten "Scout"-Schulranzen heraus, der die bis dahin verbreiteten schweren Lederranzen ablöste und in den Folgejahren den Markt eroberte.
- Später kamen mit "4You" (Rucksäcke) und "Hardware" (Reisegepäck) weitere Marken zum Sortiment dazu.
- Seit 1990 gehört Sternjakob zur Steinmann-Gruppe mit Sitz in Nürnberg. Sie stellt neben Schulranzen auch Lederwaren her, zum Beispiel Geldbeutel und Taschen. (tat)
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