Verwertung - Hierzulande werden jährlich 1,7 Millionen Tonnen Elektroschrott weggeworfen / Falsche Entsorgung bereitet Betrieben enorme Schwierigkeiten

„Beim Recycling haben wir ein Riesenproblem“

Von 
Tanja Tricarico
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Ein Mitarbeiter einer Deponie sortiert alte Elektrogeräte. © dpa

Müll ist nicht gleich Müll. Und bei etlichen Stoffen, die im Abfall landen, ist Recycling für Entsorger und Betriebe ein Problem. Laut Vereinten Nationen landen jedes Jahr weltweit rund 45 Millionen Tonnen an Elektroschrott auf dem Müll. In Deutschland sind es schätzungsweise rund 1,7 Millionen Tonnen. Kühlschränke gehören dazu, Fernsehgeräte, aber auch Toaster, Haartrockner oder Radios. „Beim Recycling haben wir ein riesiges Problem“, sagt Philipp Sommer, Experte für Kreislaufwirtschaft bei der Deutschen Umwelthilfe. In den Geräten sind vielfältige Komponenten verbaut. Metalle zählen dazu, seltene Erden oder Kunststoffe. Die jeweiligen Rohstoffe herauszulösen und zu recyceln, stellt die Entsorger vor echte Herausforderungen. „Die Technologien gibt es“, sagt Sommer. Ohne Einsatzquoten für Recyclingmaterialien finden sich jedoch kaum Abnehmer für die zurückgewonnenen Stoffe.

Illegale Entsorgung

Das Problem beginnt tatsächlich schon bei der Sammlung, denn der größte Teil des Elektroschrotts wird illegal entsorgt. Einen Teil werfen die Verbraucher in den Restmüll. Ein weiterer Teil wird in Drittstaaten exportiert, etwa nach Ghana. Sommer fordert mehr Informationen für Verbraucher. Denn Elektrogeräte können eigentlich bei den Händlern zurückgegeben werden. Doch längst machen nicht alle Kunden Gebrauch von ihrem Recht. Damit das flächendeckend funktioniere, müsse auch der Gesetzgeber reagieren und Mindestsammelmengen verordnen, fordert Sommer. Auch Kunststoffe machen Probleme bei der Entsorgung. Mindestens ein Drittel des Abfalls, der in Privathaushalten anfällt, ist Plastikmüll. Die Gurke, die mit einer Kunststofffolie überzogen ist, der Joghurtbecher, die Nudelpackung, die Tüte, in der das Toastbrot steckt: „Es sind vor allem Verpackungen, die große Mengen an Plastikmüll verursachen“, sagt Rolf Buschmann vom Bund für Umwelt und Naturschutz (BUND).

Bisher werden rund 50 Prozent der Kunststoff-Verpackungen recycelt, der Rest wird verbrannt. „Um die Stoffe effektiver verwerten zu können, müssen Verbraucher bereits zuhause besser trennen“, sagt Buschmann. Im Vergleich zu anderen EU-Staaten ist Deutschland zwar beim Trennen der Müllarten vorne dabei. Aber um bessere Recycling-Quoten zu erreichen, reicht dies noch nicht aus. Gravierende Auswirkungen auf die Umwelt hat auch die Entsorgung von chemischen Stoffen, dazu zählen beispielsweise Medikamente. Umfragen zufolge kippen rund 50 Prozent der Verbraucher Restbestände in die Toilette. Eine fatale Entscheidung. Denn die Arzneien landen in der Kanalisation und in den Kläranlagen. Etliche Stoffe, die in Medikamenten stecken, können nicht aus dem Abwasser herausgefiltert werden. Sie landen dann in Flüssen und Seen.

Mit dem demografischen Wandel wird sich das Problem vermutlich verschärfen, vermuten Experten. Schließlich dürfte mit der Überalterung der Gesellschaft auch der Bedarf an Arzneimitteln steigen. Die Reinigung des Wassers wird damit deutlich teurer. Auch hier sprechen sich die Experten für eine bessere Aufklärung der Verbraucher aus. Sie sollten Medikamente im Restmüll entsorgen, aber nicht über die Toilette.

Korrespondent

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