BASF
Rhein-Neckar. Der Ludwigshafener Chemiekonzern BASF hat ein Sparprogramm in Arbeit, das 2023 bis 2024 umgesetzt werden soll. Der Plan: die jährlichen Kosten außerhalb der Produktion um 500 Millionen Euro zu senken. Mehr als die Hälfte der Einsparungen will der Vorstand am Standort Ludwigshafen realisieren. Dort beschäftigt BASF rund 39 000 der weltweit 111 000 Mitarbeiter. Sowohl Unternehmens-, Service- und Forschungsbereiche als auch die Konzernzentrale sollen gestrafft werden. Stellenstreichungen sind möglich.
BASF-Chef Martin Brudermüller verteidigt das Sparprogramm. "Zum einen wächst der europäische Chemiemarkt seit rund einem Jahrzehnt nur noch schwach", zum anderen setzten der deutliche Anstieg der Erdgas- und Strompreise die chemischen Wertschöpfungsketten unter Druck. Tatsächlich wächst die Sorge, dass BASF wegen der hohen Energiekosten Produktionen in Ludwigshafen schließen und in andere Regionen außerhalb Europas verlagern könnte - etwa in die USA. Dort ist Energie wesentlich günstiger.
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Der Betriebsratsvorsitzende Sinischa Horvat verweist auf die Standortvereinbarung, die bis 2025 gilt und betriebsbedingte Kündigungen im Stammwerk ausschließt. Brudermüller bekennt sich dazu. Horror-Szenarien für Ludwigshafen seien nicht angebracht, sagt er. Man werde alles tun, um die "Wiege der BASF" in die Zukunft zu bringen, und darum kämpfen, die ökologische Transformation auch dort hinzubekommen. Wie zukunftssicher die besonders energie-intensiven Anlagen etwa zur Ammoniakherstellung sind, weiß allerdings keiner.
Vorstandsmitglied Melanie Maas-Brunner kommt eine besondere Rolle zu. Denn die Technikchefin und Arbeitsdirektorin muss das Sparprogramm umsetzen. Meistert sie das, ohne die Belegschaft gegen sich aufzubringen, könnte Maas-Brunner 2024 Martin Brudermüller beerben. Das meint zumindest das "manager magazin".
Evobus (Daimler Truck)
Um Kosten zu sparen, will Daimler Truck einen Teil der Bus-Produktion der Tochtergesellschaft Evobus ins Ausland verlagern. In Mannheim ist der Karosseriebau - er gilt als Herzstück - in Gefahr. Wird diese Arbeit bald in Tschechien gemacht? Bis zu 1500 der insgesamt 3500 Jobs könnten nach Angaben der IG Metall in Mannheim verschwinden; rund 1000 in der Produktion und rund 500 in indirekten Bereichen wie der Verwaltung.
Unabhängig von der Corona-Pandemie wachse der Kostendruck, der Wettbewerb verschärfe sich, argumentiert der Dax-Konzern. Die jährlichen Kosten müssten bis 2030 um 100 Millionen Euro aus dem Produktionsverbund in Deutschland reduziert werden. Für betroffene Mitarbeiter sollen "bestmögliche und sozialverträgliche Lösungen" gefunden werden. Niemand müsse Angst haben, hebt Daimler-Truck-Chef Martin Daum hervor.
Nach ersten Gesprächen mit dem Management stellt die Arbeitnehmervertretung ernüchternd fest, dass Evobus auf die Einschnitte beharrt. Ideenlosigkeit und Starrsinn herrsche vor, sagt der Betriebsratsvorsitzende Bruno Buschbacher. "Diese Pläne müssen verhindert werden, denn es ist ein massiver Angriff auf den Industriestandort Mannheim", erklärt Thomas Hahl, Chef der Mannheimer IG Metall. Vor Weihnachten habe es Sondierungsgespräche gegeben, die ergebnisoffen und konstruktiv verlaufen seien. Im Januar seien "zielgerichtete Verhandlungen" geplant, um zu klären, wie sich die Standorte Mannheim (Stadtbusse) und Neu-Ulm (Reisebusse) zukunftssicher aufstellen lassen, so Hahl.
Bilfinger
Die Beschäftigten des Mannheimer Industrieservice-Konzerns haben das nächste Sparprogramm vor sich - nach etlichen Programmen in den vergangenen Jahren. Das Unternehmen ist stark geschrumpft, hat zahlreiche Geschäftsfelder veräußert. Nun geht es dem Management um Thomas Schulz darum, Bilfinger effizienter und innovativer zu machen. Was das genau heißt, ist noch unklar. Jedenfalls sollen 55 Millionen Euro ab Ende 2023 eingespart werden. Auch ein Stellenabbau ist nicht ausgeschlossen. Hinter den Kulissen wird mit Hochdruck an dem Strategie-Update gefeilt. Auf dem Kapitalmarkttag am 14. Februar 2023 will Schulz - zu diesem Zeitpunkt wird er fast ein Jahr im Amt sein - die Ergebnisse präsentieren. Gut möglich, dass sich Bilfinger dann auch von weiteren Geschäftsfeldern trennen wird.
Alstom
Inzwischen - fast zwei Jahre nach der Übernahme der Bombardier-Zugsparte - hängt immerhin das Alstom-Logo am Mannheimer Werk.
Doch IG Metall und Betriebsrat sind besorgt, dass beim Bahntechnikhersteller wichtige Entwicklungskompetenzen aus Mannheim abgezogen werden könnten. So sei dem Standort quasi über Nacht das Entwicklungsmandat für Stromrichter entzogen worden, erklärt der Betriebsratsvorsitzende Thomas Merz auf einer Pressekonferenz Mitte Oktober. "Eine derartige Bedrohung sieht man nicht alle Tage." Dabei sei Mannheim Innovationstreiber und Entwicklungsstandort.
Bundesweit sollen bis zu 1300 Arbeitsplätze wegfallen. Zwar sind ostdeutsche Alstom-Standorte vom Jobabbau weitaus mehr betroffen als Mannheim. Doch fürchtet man den Verlust von hochwertigem Engineering. Ein Sprecher des Unternehmens verteidigt den Sparkurs als notwendig, um Effizienz und Produktivität zu erhöhen.
Hinter den Kulissen scheint es turbulent zuzugehen. Die Betriebsratsspitze moniert einen rabiaten Umgangston des Managements und fühlt sich angegangen. Im Januar soll es deshalb ein Gespräch zwischen Betriebsrat, IG Metall und Management geben.
General Electric
"Unsere Chance: Résistance! Stoppt den Arbeitsplatzabbau, stoppt den Arbeitsplatzabbau!" Im Stempelpark Mannheim-Käfertal singt Mitte Juli der Alstom-Chor. Meistens treten Chöre zu fröhlichen Anlässen auf. Doch nicht in diesem Fall.
General Electric (GE) baut sein Energiegeschäft um, genauer die Sparte Steam Power, also die Dampfkraft. Man wolle sich "an die rasch verändernden Marktbedingungen im Kohlekraftsektor" anpassen. Die Folge: Rund 70 Arbeitsplätze fallen weg. Mittlerweile stehen nach Angaben des Mannheimer IG-Metall-Chefs Thomas Hahl Interessenausgleich und Sozialplan. Im neuen Jahr sollen drei Transfergesellschaften starten, um betroffene Mitarbeiter für den Arbeitsmarkt weiterzuqualifizieren.
Nach wie vor vermeidet GE eine Standortgarantie für Mannheim. Der Mietvertrag im "X-Bau" läuft noch bis 2024.
Standort: Regierung verspricht "aktivere Industriepolitik"
Wirtschaftsverbände und Gewerkschaften gehen mit Sorgen ins neue Jahr. Industriepräsident Siegfried Russwurm findet, der Standort Deutschland habe zahlreiche "Handicaps" und verliere an Wettbewerbsfähigkeit. DIHK-Präsident Peter Adrian warnt vor einer zunehmenden Verlagerung von Produktion ins Ausland. Und der Chef der Gewerkschaft IG BCE, Michael Vassiliadis, verlangt eine rundum neu entwickelte Industriepolitik für Deutschland und Europa. Nur so ließen sich die nötigen Anreize für ökologisch tragfähige Investitionen sowie den Erhalt von Arbeitsplätzen schaffen - und weitere Abwanderungen etwa nach China oder in die USA verhindern.
Hoffen auf Unterstützung
Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) will sich für eine aktivere Industriepolitik Deutschlands und der EU einsetzen. Das nächste Jahr stehe im Zeichen der Industriepolitik. Ziel sei es, die Standortsicherheit auszubauen und den grundlegenden Wandel hin zu einer klimaneutralen und digitalen Wirtschaft voranzutreiben, so Habeck.
Auch vor Ort setzt man auf die Unterstützung der Politik. So ist die Aufregung über die Verlagerungspläne bei Evobus schon bis nach Stuttgart geschwappt. Dort habe man geschockt reagiert, erklärt Andreas Stoch, SPD-Landes- und Fraktionsvorsitzender in Baden-Württemberg. Die beiden Mannheimer SPD-Landtagsabgeordneten Stefan Fulst-Blei und Boris Weirauch bitten Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) per Brief um Unterstützung. Bei Evobus in Mannheim handle es sich um den letzten Busbauer in Baden-Württemberg, heißt es in einem Schreiben.
Die IG Metall Mannheim erwartet mit Spannung, wer im Juni 2023 Oberbürgermeister Peter Kurz (SPD) nachfolgen wird. Kurz, der sich öffentlich mit der Evobus-Belegschaft solidarisiert, kandidiert nicht mehr für das Amt.
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