Potsdam/Neckarsulm. "Es war ein tolles Projekt", schwärmt Stefan Neubert. Zusammen mit anderen Studenten hat der 22-Jährige aus Neckarsulm am Hasso-Plattner-Institut (HPI) in Potsdam als Abschlussarbeit eine Software entwickelt, die bei professionellen Entwicklern wie Bastlern auf großes Interesse stößt. Die in vielen Firmen bisher eingesetzten 3-D-Drucker, die dreidimensionale Formen aufbauen, werden damit um den Faktor zehn schneller. Der Trick der Nachwuchsprogrammierer: Sie fertigen die Prototypen zum Teil aus Lego-Steinen.
Beim 3-D-Druck spielt noch viel Zukunftsmusik mit. Eine ganze Fabrik im Arbeitszimmer heißt der Traum, der an der Schwelle zur Realisierung steht. Die vielseitigen Fertigungsgeräte können Bauteile, Werkzeuge oder ganze Prototypen computergesteuert herstellen. Dabei verarbeiten sie Kunststoff, Keramik oder Metalle. Schon heute werden die Maschinen in der Industrie, in Privathaushalten und in Bildungseinrichtungen eingesetzt. Als entscheidenden Nachteil sieht Neubert den Zeitfaktor: "Wenn Nutzer viele Stunden auf die Fertigstellung eines Modells warten müssen, bremst sie das enorm aus." Bei großen Prototypen kann das schon mal einen ganzen Tag dauern.
Automatische Bauanleitung
Da setzten die Potsdamer Studenten an. Mit ihrem Programm können sie größere Objekte in viele Einzelteile zerlegen. Um einzelne Funktionen eines Prototyps testen zu können, werden nur die dafür wichtigen Teile im 3-D-Drucker dreidimensional gefertigt - und die übrigen Teile mit Lego-Steinen per Hand vervollständigt. Die Bauanleitung für die Plastikklötze entwirft der Computer automatisch. Während die Maschine die relevanten Elemente aufbaut, setzt der Anwender den Rest aus Lego zusammen. "Dadurch können das Gesamtobjekt grob und die ausgewählten Funktionen im Detail getestet werden."
Ein Jahr lang hat das Team an der Software gearbeitet. Auf einer Messe in Hannover haben sie ihr Produkt vorgestellt. "Es besteht großes Interesse", berichtet Neubert. Sowohl professionelle Entwickler als auch Bastler würden aktuell die Möglichkeiten testen. Dabei koste es aber die Profis "Überwindung, in der Firma mit Lego-Steinen zu arbeiten". Der dänische Spielzeughersteller selbst will das Projekt aus Potsdam präsentieren.
Breite Einsatzmöglichkeiten sieht Neubert in Schulen. 3-D-Drucker seien dort mittlerweile sehr beliebt. Durch die langen Druckzeiten könnten die Maschinen in regulären Schulstunden ihre Objekte aber kaum drucken. Die neue Software reduziere den Zeitaufwand erheblich. Die Entwickler bieten ihre Software umsonst an.
Schon in der Schule beschäftigte sich Neubert gerne mit Programmieren und Computern. Sein Lehrer am Albert-Schweitzer-Gymnasium in Neckarsulm hat ihn für zwei Wochenendcamps des HPI zum Thema Informatik vorgeschlagen. Das brachte ihm vor vier Jahren Pluspunkte, als es um einen Studienplatz an dem renommierten Institut ging. Pro Jahr werden die 80 besten Bewerber genommen. Bei der Auswahl zählt die Abiturnote nur gut zur Hälfte, dazu kommen Zusatzqualifikationen und Motivation.
Es sei schon mühsam gewesen, dem Computer beizubringen, wie Standardsteine von Lego gebaut werden, blickt Neubert zurück. Er persönlich habe den Traum, das Programm auf spezielle Teile aus Lego-Technik zu erweitern. Aber das sei "unglaublich schwierig".
Hasso-Plattner-Institut
Das Hasso-Plattner-Institut (HPI) in Potsdam bei Berlin ist ein Zentrum für Softwaresystemtechnik.
Es ist nach eigenen Angaben das einzige Universitäts-Institut Deutschlands, das komplett privat finanziert ist - über zwei Stiftungen von Hasso Plattner (71, Bild), dem Mitgründer und heutigem Aufsichtsratschef des Walldorfer Softwarekonzerns SAP.
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