Mannheim. Am Mittwoch ist endlich weißer Rauch aus dem Hochhaus der MVV gestiegen. Der Mannheimer Energiekonzern hat nach monatelanger Suche mit Gabriël Clemens einen Nachfolger für den langjährigen Vorstandschef Georg Müller gefunden, der bis Ende März 2025 im Amt bleibt. Müller wird also neben der Bilanzpressekonferenz nächste Woche in Frankfurt auch noch die Hauptversammlung im Frühjahr in Mannheim leiten.
Wer sich im Netz über die Vita des neuen Mannes auf dem Chefsessel informieren will, muss allerdings aufpassen. Gibt man „Gabriel Clemens“ ein, ploppt das Bild eines Mannes auf, der sich von der Physiognomie und dem Kleidungsstil sehr von jenem Herrn auf dem Porträtfoto unterscheidet, das die MVV der Pressemitteilung beigefügt hat. Also: Bitte Gabriël Clemens nicht verwechseln mit dem deutschen DartSpieler, der als „German Giant“ 2022 ins Halbfinale einer Weltmeisterschaft gezogen ist.
Clemens – sein Vertrag läuft fünf Jahre – ist mit seinen 53 Jahren noch relativ jung und hat wahrscheinlich auch deshalb Technikvorstand Hansjörg Roll ausgestochen, der bei einer internen Lösung die Nase vorn gehabt hätte. Für Gabriel spricht natürlich, dass der Niederländer mit deutschem Pass aus der Energiebranche kommt und derzeit als CEO Green Gas in der Geschäftsführung von Eon Hydrogen in Essen beschäftigt ist. Sein Spezialgebiet ist grüner Wasserstoff. Das passt natürlich gut ins Portfolio der MVV, die ja ab 2030 in Mannheim nur noch grüne Wärme anbieten will und in Kiel ein Küstenkraftwerk bis 2035 auf grünen Wasserstoff umrüsten will.
Aufsichtsrat spricht von einer idealen Besetzung des Postens
Interessanterweise war Müllers Arbeitsplatz vor seinem Wechsel zur MVV 2008 ebenfalls Essen – nämlich als Vorstandschef bei der früheren RWE-Tochter RWE Rhein-Ruhr. Und von 2003 bis 2007 saß Müller im Vorstand der VSE AG in Saarbrücken. Beim saarländischen Energiedienstleister arbeitete aber auch Clemens vor seinem Eon-Engagement. Es müsste deshalb mit dem Teufel zugehen, wenn sich Müller und Clemens nicht schon kennen würden. Müller hatte ja nach der Bekanntgabe seines vorzeitigen Rückzugs im Mai angekündigt, dass er „aktiv dazu beitragen“ wolle, den „Staffelstab weiterzugeben“. Auch deshalb ist es nicht unwahrscheinlich, dass Aufsichtsratschef Christian Specht dieses Angebot des erfahrenen Vorstandschefs nicht einfach in den Wind geschlagen hat.
Der Mannheimer Oberbürgermeister zeigte sich jedenfalls erfreut darüber, dass die Nachfolgesuche jetzt beendet ist. „Wir freuen uns, dass wir mit Herrn Dr. Clemens eine sehr erfolgreiche Führungspersönlichkeit gewinnen konnten, die durch ihre langjährige Management-Tätigkeit in der Energiewirtschaft eine fundierte Branchenkenntnis sowie ausgewiesene unternehmerische Fachkompetenz mitbringt“, heißt es in der Pressemitteilung. Und natürlich lässt auch Specht keinen Zweifel daran, dass das Unternehmen mit Clemens den richtigen Mann gefunden hat. „Wir sind davon überzeugt, dass er die ideale Besetzung ist, um die Herausforderungen der Energiewende weiter anzugehen und die MVV-Gruppe in eine weiterhin erfolgreiche Zukunft zu führen“, sagt der Aufsichtsratschef.
Dass Clemens jetzt beim zweitgrößten Energieversorger in Baden-Württemberg einsteigt, ist für ihn natürlich keine berufliche Verschlechterung. „MVV ist eines der führenden Energieunternehmen in Deutschland, das sich durch seine auf Klimaschutz ausgerichtete Strategie und sein breit aufgestelltes Portfolio ein Differenzierungsmerkmal im Wettbewerb geschaffen hat“, sagt Clemens.
Das Feld bestellt hat Georg Müller, den Specht dementsprechend würdigt: „Herr Dr. Müller hat in seinen mehr als 16 Jahren im Vorstandsvorsitz bei MVV die Geschicke des Unternehmens maßgeblich geprägt. Unter seiner Führung hat sich MVV zu einem Vorreiter der Energiewende gewandelt, der mit seinem klimapositiv-Kurs konsequent die Transformation des Energiesystems in Deutschland sowie international vorangebracht hat.“
Der promovierte Diplomingenieur kann jetzt an vorderster Front Müllers Erbe fortsetzen. Ab 2030 will der Konzern in Mannheim und Umgebung nur noch grüne Fernwärme anbieten. Wo sich das für beide Seiten nicht lohnt, empfiehlt die MVV den Einsatz von Wärmepumpen.
Experte hält wenig vom Heizen mit Wasserstoff
In einem Interview mit dem Redaktionsnetzwerk Deutschland (RND) hat Clemens übrigens interessante Aussagen darüber gemacht, was er von Wasserstoffheizungen für Wohnhäuser hält. „Ich kann mir vorstellen, dass Wasserstoffheizungen dort zum Zuge kommen können, wo es in der Nähe ein Gewerbegebiet gibt, das sowieso mit einer Wasserstoffleitung versorgt wird. Heizen mit Wasserstoff, wenn es in der Nähe keine andere Anwendung für den Wasserstoff gibt, halte ich für fraglich. Er wäre wirklich sehr teuer“, sagte der Chef der Eon-Wasserstoff-Sparte im Januar.
Damals wusste er natürlich noch nicht, dass Müller vier Monate später seinen Abschied verkünden würde und die MVV 2035 den Gashahn zudrehen will. Diese Ankündigung hat in der Stadt eine hitzige Debatte ausgelöst, mit der sich Clemens nach dem Ausscheiden von Müller erst richtig beschäftigen muss.
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