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Wie Hitachi Energy von der Energiewende profitieren will

Von Mannheim aus steuert Hitachi Energy Deutschland Großprojekte zur Energiewende. Ende 2024 ist der Umzug ins Columbus-Quartier geplant

Von 
Alexander Jungert
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Windräder und Hochspannungsleitungen, aufgenommen am Morgen. Der Ausbau von Windrädern an Land nimmt weiter Fahrt auf. Der Bundesverband Windenergie beklagt allerdings seit längerem ein Nord-Süd-Gefälle: Während der Ausbau der Windkraft vor allem in Schleswig-Holstein, Niedersachsen, aber auch Nordrhein-Westfalen vorankommt, hinken Bayern und Baden-Württemberg hinterher. +++ dpa-Bildfunk +++ © picture alliance/dpa

Mannheim. In Mannheim, im Columbus-Quartier an der B 38, entsteht im Auftrag von Hitachi Energy ein neues Gebäude, das Ende 2024 bezugsfertig sein soll. Aktuell treffen sich Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in Workshops, um über den Innenausbau zu diskutieren. „Alle können sich in die Gestaltung der Büroräume einbringen“, sagt Pascal Daleiden (50), Chef von Hitachi Energy Deutschland, Österreich und der Schweiz.

„Schließlich soll das Gebäude auch für die Beschäftigten entstehen.“ Das nachhaltige Konzept sieht unter anderem eine Holzbauweise vor. Der Mietvertrag gilt 15 Jahre mit der Option zur Verlängerung. Man merkt Daleiden beim Gespräch an, dass er sich auf den neuen Standort freut.

Erneuerbare Energien sind riesiger Markt

Mannheim ist Hauptsitz von Hitachi Energy Deutschland. Derzeit ist das Unternehmen noch bei 1000 Satellites unweit des Columbus-Quartiers untergebracht. Das Energietechnik-Unternehmen gehört zur japanischen Hitachi-Gruppe und hat Wurzeln bei ABB (siehe Infokasten). Ein riesiger Markt sind die erneuerbaren Energien.

Beispiel: Hitachi Energy baut die Konverterstationen des Projekts SuedLink DC4 für die Netzbetreiber Tennet und TransnetBW. Mit Hilfe der sogenannten Hochspannungs-Gleichstrom-Übertragungs soll die mehr als 500 Kilometer lange Verbindung Strom aus Wind und Sonne möglichst verlustfrei von Norden nach Süden transportieren.

Lange Geschichte

  • Die Wurzeln des Unternehmens reichen bis zur industriellen Revolution in Europa im späten 19. Jahrhundert, als die Elektrotechnikunternehmen Asea und BBC (Brown Boveri & Cie) gegründet wurden.
  • Nach der Einführung von Stromübertragungs-, Schienen- und Industrietechnologien fusionierten beide 1988 zu ABB mit Sitz in der Schweiz.
  • Im Jahr 2020 verkaufte ABB seine Stromnetzsparte (Power Grids) mehrheitlich an den japanischen Hitachi-Konzern.
  • Hitachi war bis Ende 2022 zu 80,1 Prozent an dem Joint Venture beteiligt, ABB hielt die restlichen Anteile. Seit Januar dieses Jahres gehört Hitachi Energy komplett zum Hitachi-Konzern.
  • Hitachi Energy hat 40 000 Beschäftigte weltweit und ist in 90 Ländern aktiv.
  • In Deutschland arbeiten 1650 Menschen an neun Standorten für das Unternehmen. In der Mannheimer Zentrale sind es rund 750.

Wie bei SuedLink DC4 geht es auch bei DolWin5 um die Netzanbindung von Windparks. Die Großprojekte im Volumen von mehreren Hundert Millionen Euro werden von Mannheim aus abgewickelt. Die Integration erneuerbarer Energien ins Stromnetz wird immer wichtiger.

Deutschland ist nach Ansicht von Daleiden bei der Energiewende zwar schon recht weit, heute machen Erneuerbare Energien mehr als 50 Prozent der Stromerzeugung aus. Aber: „Deutschland muss sich noch mehr anstrengen.“

Bedarf an Strom verdoppelt sich

Die Bundesrepublik strebt bis zum Jahr 2045 Treibhausgasneutralität an. Laut Netzentwicklungsplan sollen Photovoltaik und Windenergie-Anlagen an Land und vor allem auf dem Meer deutlich ausgebaut werden. Dabei gibt Daleiden zu bedenken: „Der Strombedarf bis 2037 wird sich - Stand heute - in Deutschland verdoppeln.“ Getrieben durch automatisierte Gebäude und immer mehr Elektrofahrzeugen auf den Straßen. Auch die Industrie wird sich nach Einschätzung von Daleiden immer mehr elektrifizieren.

Hitachi Energy hat in Mannheim 100 offene Stellen, 130 sind es deutschlandweit. Unter anderem werden Projektleiter, Serviceingenieure und Programmierer gesucht. Diese Fachkräfte zu finden, ist alles andere als einfach. „Es gibt immer weniger Elektrotechnik-Studenten - und generell immer weniger junge Menschen, die Natur- oder Ingenieurswissenschaften studieren“, erklärt Daleiden.

„Das ist ein Trend, dem wir gegensteuern müssen. Die Unternehmen müssen mithelfen. Es reicht nicht, nur auf die Politik zu zeigen.“ Junge Menschen sollten früher an Elektrotechnik herangeführt werden. Hitachi Energy arbeite deshalb verstärkt mit Universitäten zusammen und biete etwa Werksführungen für Studenten an.

Netzausbau forcieren

Neben der Integration erneuerbarer Energien in das Stromnetz beschäftigt sich der Mannheimer Hauptsitz mit Netzautomatisierung. „Die Netze werden zwar sukzessive intelligenter. Aber wir müssen das noch viel stärker vorantreiben, damit auch über bestehende Stromtrassen mehr Energie übertragen werden kann und die Netze stabil gehalten werden können“, erklärt der Manager.

Damit die Energiewende gelingt und Klimaziele erreicht werden, muss Deutschland nach Ansicht von Daleiden weiterhin den Netzausbau forcieren. Genehmigungsverfahren müssen schneller werden. „Die Regierung tut zwar einiges, das reicht aber noch nicht“, sagt der Manager. Außerdem sei man in der Projektarbeit zu wenig digital unterwegs. „Bei einem Großprojekt müssen sich Mitarbeiter durch 30, 50 oder 100 Ordner wälzen. Das ist ineffizient, auch hier muss die Digitalisierung vorangetrieben werden.“ Wichtig für Investitionen sei vor allem langfristige Planungssicherheit.

„Sehr langfristig orientiert“

Technologie von Hitachi Energy steckt auch in Zügen (Transformatoren, Leistungselektronik) und in Ladeinfrastruktur für Elektrobusse. In Rechenzentren macht das Unternehmen die Hochspannungsanschlüsse und kann die benötigten Verteiltransformatoren liefern. Hitachi Energy hat zudem Kunden aus verschiedenen Industrien, Chemie- oder Stahlwerke zum Beispiel.

Daleiden leitet die Geschäfte in Deutschland, Österreich und der Schweiz von Hitachi Energy seit März 2022. Zuvor arbeitete er schon einige Jahre für ABB. Der Manager, der aus Luxemburg stammt, hat am Karlsruher Institut für Technologie studiert und lebt in Heidelberg.

Wie ist es, zu einem großen japanischen Konzern zu gehören? Daleiden hat die japanische Kultur während seiner Arbeit bei Hitachi Energy kennen- und schätzen gelernt. „Was die Unternehmensstrategie angeht, sind Japaner sehr langfristig orientiert. Das gefällt mir persönlich sehr gut.“

Redaktion berichtet aus der regionalen Wirtschaft

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