Ludwigshafen. Trotz Fachkräftemangel und vielen offenen Ausbildungsstellen - der Leistungsdruck ist hoch. Viele Firmen verlangen von ihren Bewerbern überdurchschnittliche Abschlüsse. Das verleitet manche Bewerber, ihre Zeugnisse zu fälschen. Dabei ist das keine nette Aufhübschung - sondern strafbar. Denn: „Ein gefälschtes Ausbildungszeugnis ist strafrechtlich gesehen Betrug“, wie Jürgen Vogel, Hauptgeschäftsführer der IHK Pfalz, sagt.
Jede Urkundenfälschung wird von der IHK zur Anzeige gebracht
Meistens werden nicht ganze Abschlüsse von den Bewerbern gefälscht, sondern die Noten optimiert, sagt Michael Böffel, Leiter des Geschäftsbereichs Ausbildung bei der IHK Pfalz. „Das scheint leider als Kavaliersdelikt gesehen zu werden - obwohl es das nicht ist. Es ist sogar Urkundenfälschung und wir bringen alle uns bekannten Fälle zur Strafanzeige.“
Digitale Zeugnisse können heute leicht gefälscht werden
Da viele Unternehmen mittlerweile die Vorlage von Originalen nicht mehr verlangen, haben es die Fälscher nicht schwer. „Heutzutage ist es sehr einfach, mit technischen Hilfsmitteln offizielle Dokumente zu verändern“, weiß Vogel. Digitale Zeugnisse können beispielsweise eingescannt und mit Hilfe von Grafikprogrammen verändert werden.
Laut Böffel werden in ganz wenigen Fällen sogar ganze Berufsabschlüsse vorgetäuscht. Das sei besonders problematisch, da im Falle eines Unfalls mit Sach- oder Personenschaden auch die Frage nach Schadenersatz auftrete. Besonders häufig werde die IHK Pfalz deswegen zwar nicht von Arbeitgebern kontaktiert: „Im Jahr werden wir etwa zehn Mal auf von uns ausgestellte Zeugnisse angesprochen.“ Aber Böffel ist sich sicher, dass „die Dunkelziffer weit höher liegt“.
So können die Zeugnisse auf der IHK Webseite auf Echtheit überprüft werden
Deshalb bieten die pfälzische und andere IHKs einen neuen digitalen Service an, mit dem Unternehmen die Echtheit der Zeugnisse der Bewerber überprüfen können. „Mit dem Zeugnis-Check können Unternehmen die Ausbildungszeugnisse von Bewerberinnen und Bewerbern einfach und kostenlos überprüfen“, erklärt Vogel.
Um es den Unternehmen zu erleichtern und diesem Betrug vorzubeugen, können Personaler IHK-Zeugnisse auf der Webseite www.zeugnischeck.ihk.digital.de überprüfen. Unternehmen müssen nur Name und Geburtstag, das Datum der Prüfung, die prüfende IHK sowie den Beruf und die Punktzahl angeben. Das Ergebnis wird dem Suchenden sofort angezeigt.
Unternehmen sollten bei Verdacht nicht übereilt reagieren
Nach Angaben von Böffel erleichtert die Internetseite die Überprüfung enorm, da „es zwar auch Hinweise in den Zeugnissen gibt, dazu aber Insiderwissen erforderlich ist“. Böffel warnt aber auch vor einer vorschnellen Verurteilung des Bewerbers bei einem negativen Ergebnis, da auch dann nicht unbedingt eine Fälschung vorliegen muss.
„Es kann sehr schnell passieren, dass man sich bei der Eingabe der Namen oder Zahlen vertippt. Es kann auch passieren, dass jemand den falschen Beruf eingetippt hat“, sagt Böffel. Deshalb empfiehlt er, bei Unstimmigkeiten die IHK zu kontaktieren, um die Unterlagen dort zu überprüfen. So können sich auch die Unternehmen absichern, bevor sie Maßnahmen ergreifen oder gar eine falsche Strafanzeige stellen.
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